Dieser unhöfliche Spaß des Gnomen verdroß mich. Ei- ne Sprache dieser Art, die nur der großen Welt natürlich läßt, schien mir in dem Munde eines kleinen Gnomen un- verschämt zu seyn; und ich weis nicht, was ich ihm wür- de geantwortet haben, wenn er mich hätte reden lassen. Wie nun? fuhr er fort; wird die gewünschte Ruhe in Römhild auf den Flügeln eines erfreulichen Conclusi (weil dieses doch dermalen ein Modewort, auch bey den Bau- ern, ist) bald zurückkommen? Sollen würklich die Bür- ger dieses Ortes die glückliche Gelegenheit bald verlieren, ihre politischen Einsichten zum Wohl ihres Vaterlandes, bey einem Krug Bier, in den Schenken auszukramen? Jch dächte nicht! Nein! Es wäre mir auch eben nicht angenehm. Mein Hof würde doch in künftiger Zeit kei- nen so starken Zufluß mehr bekommen, als in diesen Zei- ten der Unordnung geschehen können.
Denn diese grauenvollen Höhlen Sind abgeschiednen strafbarn Seelen Zu ihrem Aufenthalt ernannt. Hier schwärmen unter bangen Klagen Die Werkzeug' allgemeiner Plagen, Die euch die Hölle zugesandt: Verräther, Wuchrer, Ungerechte, Die keinen Gott, kein Vaterland, Als ihren Eigennutz, gekannt: Der schwarzen Habsucht schlaue Knechte,
Die
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Briefe.
Dieſer unhoͤfliche Spaß des Gnomen verdroß mich. Ei- ne Sprache dieſer Art, die nur der großen Welt natuͤrlich laͤßt, ſchien mir in dem Munde eines kleinen Gnomen un- verſchaͤmt zu ſeyn; und ich weis nicht, was ich ihm wuͤr- de geantwortet haben, wenn er mich haͤtte reden laſſen. Wie nun? fuhr er fort; wird die gewuͤnſchte Ruhe in Roͤmhild auf den Fluͤgeln eines erfreulichen Concluſi (weil dieſes doch dermalen ein Modewort, auch bey den Bau- ern, iſt) bald zuruͤckkommen? Sollen wuͤrklich die Buͤr- ger dieſes Ortes die gluͤckliche Gelegenheit bald verlieren, ihre politiſchen Einſichten zum Wohl ihres Vaterlandes, bey einem Krug Bier, in den Schenken auszukramen? Jch daͤchte nicht! Nein! Es waͤre mir auch eben nicht angenehm. Mein Hof wuͤrde doch in kuͤnftiger Zeit kei- nen ſo ſtarken Zufluß mehr bekommen, als in dieſen Zei- ten der Unordnung geſchehen koͤnnen.
Denn dieſe grauenvollen Hoͤhlen Sind abgeſchiednen ſtrafbarn Seelen Zu ihrem Aufenthalt ernannt. Hier ſchwaͤrmen unter bangen Klagen Die Werkzeug’ allgemeiner Plagen, Die euch die Hoͤlle zugeſandt: Verraͤther, Wuchrer, Ungerechte, Die keinen Gott, kein Vaterland, Als ihren Eigennutz, gekannt: Der ſchwarzen Habſucht ſchlaue Knechte,
Die
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Briefe.
Dieſer unhoͤfliche Spaß des Gnomen verdroß mich. Ei-
ne Sprache dieſer Art, die nur der großen Welt natuͤrlich
laͤßt, ſchien mir in dem Munde eines kleinen Gnomen un-
verſchaͤmt zu ſeyn; und ich weis nicht, was ich ihm wuͤr-
de geantwortet haben, wenn er mich haͤtte reden laſſen.
Wie nun? fuhr er fort; wird die gewuͤnſchte Ruhe in
Roͤmhild auf den Fluͤgeln eines erfreulichen Concluſi (weil
dieſes doch dermalen ein Modewort, auch bey den Bau-
ern, iſt) bald zuruͤckkommen? Sollen wuͤrklich die Buͤr-
ger dieſes Ortes die gluͤckliche Gelegenheit bald verlieren,
ihre politiſchen Einſichten zum Wohl ihres Vaterlandes,
bey einem Krug Bier, in den Schenken auszukramen?
Jch daͤchte nicht! Nein! Es waͤre mir auch eben nicht
angenehm. Mein Hof wuͤrde doch in kuͤnftiger Zeit kei-
nen ſo ſtarken Zufluß mehr bekommen, als in dieſen Zei-
ten der Unordnung geſchehen koͤnnen.
Denn dieſe grauenvollen Hoͤhlen
Sind abgeſchiednen ſtrafbarn Seelen
Zu ihrem Aufenthalt ernannt.
Hier ſchwaͤrmen unter bangen Klagen
Die Werkzeug’ allgemeiner Plagen,
Die euch die Hoͤlle zugeſandt:
Verraͤther, Wuchrer, Ungerechte,
Die keinen Gott, kein Vaterland,
Als ihren Eigennutz, gekannt:
Der ſchwarzen Habſucht ſchlaue Knechte,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]
Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung erschien 1749. Die hier zugrunde gelegte spätere Ausgabe von 1755 ist um einige wichtige Gedichte vermehrt und wurde deshalb zur Digitalisierung ausgewählt. Erstausgaben sind u. a. in der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz und der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel nachgewiesen.
Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/225>, abgerufen am 17.07.2024.
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