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Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

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Ein Gedicht.
Soll eine Heirath dich von meiner Seite trennen?
Der träge Hymen mag den Garten einst benennen,
An dessen treuer Brust Selinde gähnen soll,
Von deren Reiz bisher so manch Sonnett erscholl!

Ein himmlisch Lächeln strahlt in Amors Angesichte,
Jndem die Wollust sprach, betrogen vom Gerüchte.
Er spricht: was du gesagt, mag wahr gewesen seyn;
Doch, Freundinn! dein Bericht trift heute nicht mehr ein.
Dem Gallier hat stets dein willig Ohr geglaubet,
Der dir den Weihrauch brennt, den er der Liebe raubet;
Dem alles, wo nicht ganz, doch halb barbarisch dünkt,
Was nicht mit erster Luft die bessre Seine trinkt.
Die Deutschen sind nicht mehr die rohen Alemannen,
Die nur auf Jagd und Krieg in armen Hütten sannen;
Die liebten, (lache nicht und höre noch ein Wort!)
Zwar nicht, wie in Paris, doch redlicher, als dort.
Sie haben nun gelernt, ihr Vaterland verlernen,
Und mit dem starren Bart auch die Natur entfernen.
Nun modelt Frankreichs Witz das weite deutsche Reich:
Es wird ein männlich Volk den Sybariten gleich.
Durch Stutzer führt es Krieg, durch Stutzer macht es Frieden,
Stellt Stutzer zum Altar statt bärtiger Druiden.
Tracht, Witz und Sprache hohlt sich Deutschland aus Paris,
Das Fremde für ihr Geld stets willig unterwies.
Ein Volk, das überall, was Frankreich vorgeschrieben,
Als ein Gesetz befolgt, wird auch französisch lieben:
Das ist, nur obenhin, von Zwang und Ehrfurcht frey,
Stets lebhaft, ungestüm und immer ungetreu.
Auch

Ein Gedicht.
Soll eine Heirath dich von meiner Seite trennen?
Der traͤge Hymen mag den Garten einſt benennen,
An deſſen treuer Bruſt Selinde gaͤhnen ſoll,
Von deren Reiz bisher ſo manch Sonnett erſcholl!

Ein himmliſch Laͤcheln ſtrahlt in Amors Angeſichte,
Jndem die Wolluſt ſprach, betrogen vom Geruͤchte.
Er ſpricht: was du geſagt, mag wahr geweſen ſeyn;
Doch, Freundinn! dein Bericht trift heute nicht mehr ein.
Dem Gallier hat ſtets dein willig Ohr geglaubet,
Der dir den Weihrauch brennt, den er der Liebe raubet;
Dem alles, wo nicht ganz, doch halb barbariſch duͤnkt,
Was nicht mit erſter Luft die beſſre Seine trinkt.
Die Deutſchen ſind nicht mehr die rohen Alemannen,
Die nur auf Jagd und Krieg in armen Huͤtten ſannen;
Die liebten, (lache nicht und hoͤre noch ein Wort!)
Zwar nicht, wie in Paris, doch redlicher, als dort.
Sie haben nun gelernt, ihr Vaterland verlernen,
Und mit dem ſtarren Bart auch die Natur entfernen.
Nun modelt Frankreichs Witz das weite deutſche Reich:
Es wird ein maͤnnlich Volk den Sybariten gleich.
Durch Stutzer fuͤhrt es Krieg, durch Stutzer macht es Friedẽ,
Stellt Stutzer zum Altar ſtatt baͤrtiger Druiden.
Tracht, Witz und Sprache hohlt ſich Deutſchland aus Paris,
Das Fremde fuͤr ihr Geld ſtets willig unterwies.
Ein Volk, das uͤberall, was Frankreich vorgeſchrieben,
Als ein Geſetz befolgt, wird auch franzoͤſiſch lieben:
Das iſt, nur obenhin, von Zwang und Ehrfurcht frey,
Stets lebhaft, ungeſtuͤm und immer ungetreu.
Auch
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[171/0185] Ein Gedicht. Soll eine Heirath dich von meiner Seite trennen? Der traͤge Hymen mag den Garten einſt benennen, An deſſen treuer Bruſt Selinde gaͤhnen ſoll, Von deren Reiz bisher ſo manch Sonnett erſcholl! Ein himmliſch Laͤcheln ſtrahlt in Amors Angeſichte, Jndem die Wolluſt ſprach, betrogen vom Geruͤchte. Er ſpricht: was du geſagt, mag wahr geweſen ſeyn; Doch, Freundinn! dein Bericht trift heute nicht mehr ein. Dem Gallier hat ſtets dein willig Ohr geglaubet, Der dir den Weihrauch brennt, den er der Liebe raubet; Dem alles, wo nicht ganz, doch halb barbariſch duͤnkt, Was nicht mit erſter Luft die beſſre Seine trinkt. Die Deutſchen ſind nicht mehr die rohen Alemannen, Die nur auf Jagd und Krieg in armen Huͤtten ſannen; Die liebten, (lache nicht und hoͤre noch ein Wort!) Zwar nicht, wie in Paris, doch redlicher, als dort. Sie haben nun gelernt, ihr Vaterland verlernen, Und mit dem ſtarren Bart auch die Natur entfernen. Nun modelt Frankreichs Witz das weite deutſche Reich: Es wird ein maͤnnlich Volk den Sybariten gleich. Durch Stutzer fuͤhrt es Krieg, durch Stutzer macht es Friedẽ, Stellt Stutzer zum Altar ſtatt baͤrtiger Druiden. Tracht, Witz und Sprache hohlt ſich Deutſchland aus Paris, Das Fremde fuͤr ihr Geld ſtets willig unterwies. Ein Volk, das uͤberall, was Frankreich vorgeſchrieben, Als ein Geſetz befolgt, wird auch franzoͤſiſch lieben: Das iſt, nur obenhin, von Zwang und Ehrfurcht frey, Stets lebhaft, ungeſtuͤm und immer ungetreu. Auch

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Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/185>, abgerufen am 22.11.2024.