Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite
Lyrische Gedichte
Jch habe mich empor geschwungen!
Wie groß wird mir die Welt! die Erde flieht verschlungen:
Sie macht nicht mehr allein die ganze Schöpfung aus!
Welch kleines Theil der Welt ist Rheens finstres Haus!
Und, Menschen! welche kleine Heerde
Seyd ihr nur erst auf dieser kleinen Erde!
Gönnt gleiches Recht auf unserm Balle
Geschöpfen andrer Art! Jhr Schöpfer liebt sie alle:
Die Weisheit selbst entwarf der kleinsten Fliege Glück.
Jhr Schicksal ist bestimmt so gut, als Roms Geschick
Und als das Leben einer Sonne,
Die glänzend herrscht in Gegenden der Wonne.
Seht, wie in ungemessner Ferne
Orion und sein Heer, ein Heer bewohnter Sterne,
Vor seinem Schöpfer sich in lichter Ordnung drängt.
Er sieht, er sieht allein, wie Sonn an Sonne hängt,
Und wie zum Wohl oft ganzer Welten
Ein Uebel dient, das wir im Staube schelten
Er
Lyriſche Gedichte
Jch habe mich empor geſchwungen!
Wie groß wird mir die Welt! die Erde flieht verſchlungen:
Sie macht nicht mehr allein die ganze Schoͤpfung aus!
Welch kleines Theil der Welt iſt Rheens finſtres Haus!
Und, Menſchen! welche kleine Heerde
Seyd ihr nur erſt auf dieſer kleinen Erde!
Goͤnnt gleiches Recht auf unſerm Balle
Geſchoͤpfen andrer Art! Jhr Schoͤpfer liebt ſie alle:
Die Weisheit ſelbſt entwarf der kleinſten Fliege Gluͤck.
Jhr Schickſal iſt beſtimmt ſo gut, als Roms Geſchick
Und als das Leben einer Sonne,
Die glaͤnzend herrſcht in Gegenden der Wonne.
Seht, wie in ungemeſſner Ferne
Orion und ſein Heer, ein Heer bewohnter Sterne,
Vor ſeinem Schoͤpfer ſich in lichter Ordnung draͤngt.
Er ſieht, er ſieht allein, wie Sonn an Sonne haͤngt,
Und wie zum Wohl oft ganzer Welten
Ein Uebel dient, das wir im Staube ſchelten
Er
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0174" n="160"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Lyri&#x017F;che Gedichte</hi> </fw><lb/>
            <lg n="10">
              <l><hi rendition="#in">J</hi>ch habe mich empor ge&#x017F;chwungen!</l><lb/>
              <l>Wie groß wird mir die Welt! die Erde flieht ver&#x017F;chlungen:</l><lb/>
              <l>Sie macht nicht mehr allein die ganze Scho&#x0364;pfung aus!</l><lb/>
              <l>Welch kleines Theil der Welt i&#x017F;t Rheens fin&#x017F;tres Haus!</l><lb/>
              <l>Und, Men&#x017F;chen! welche kleine Heerde</l><lb/>
              <l>Seyd ihr nur er&#x017F;t auf die&#x017F;er kleinen Erde!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="11">
              <l><hi rendition="#in">G</hi>o&#x0364;nnt gleiches Recht auf un&#x017F;erm Balle</l><lb/>
              <l>Ge&#x017F;cho&#x0364;pfen andrer Art! Jhr Scho&#x0364;pfer liebt &#x017F;ie alle:</l><lb/>
              <l>Die Weisheit &#x017F;elb&#x017F;t entwarf der klein&#x017F;ten Fliege Glu&#x0364;ck.</l><lb/>
              <l>Jhr Schick&#x017F;al i&#x017F;t be&#x017F;timmt &#x017F;o gut, als Roms Ge&#x017F;chick</l><lb/>
              <l>Und als das Leben einer Sonne,</l><lb/>
              <l>Die gla&#x0364;nzend herr&#x017F;cht in Gegenden der Wonne.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="12">
              <l><hi rendition="#in">S</hi>eht, wie in ungeme&#x017F;&#x017F;ner Ferne</l><lb/>
              <l>Orion und &#x017F;ein Heer, ein Heer bewohnter Sterne,</l><lb/>
              <l>Vor &#x017F;einem Scho&#x0364;pfer &#x017F;ich in lichter Ordnung dra&#x0364;ngt.</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;ieht, er &#x017F;ieht allein, wie Sonn an Sonne ha&#x0364;ngt,</l><lb/>
              <l>Und wie zum Wohl oft ganzer Welten</l><lb/>
              <l>Ein Uebel dient, das wir im Staube &#x017F;chelten</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0174] Lyriſche Gedichte Jch habe mich empor geſchwungen! Wie groß wird mir die Welt! die Erde flieht verſchlungen: Sie macht nicht mehr allein die ganze Schoͤpfung aus! Welch kleines Theil der Welt iſt Rheens finſtres Haus! Und, Menſchen! welche kleine Heerde Seyd ihr nur erſt auf dieſer kleinen Erde! Goͤnnt gleiches Recht auf unſerm Balle Geſchoͤpfen andrer Art! Jhr Schoͤpfer liebt ſie alle: Die Weisheit ſelbſt entwarf der kleinſten Fliege Gluͤck. Jhr Schickſal iſt beſtimmt ſo gut, als Roms Geſchick Und als das Leben einer Sonne, Die glaͤnzend herrſcht in Gegenden der Wonne. Seht, wie in ungemeſſner Ferne Orion und ſein Heer, ein Heer bewohnter Sterne, Vor ſeinem Schoͤpfer ſich in lichter Ordnung draͤngt. Er ſieht, er ſieht allein, wie Sonn an Sonne haͤngt, Und wie zum Wohl oft ganzer Welten Ein Uebel dient, das wir im Staube ſchelten Er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstausgabe der vorliegenden Gedichtsammlung … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/174
Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/174>, abgerufen am 22.11.2024.