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Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755.

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Lyrische Gedichte
Jch glaube nun die klägliche Geschichte
Vom schwarzen Mönch, der nächtlich wachen muß;
Den Hexen-Tanz und Marthens Nacht-Gesichte,
Selbst Satans Pferdefuß.
Was Aberglaub im Finstern ausgebrütet,
Hört itzt mein Ohr, von banger Lust entzückt,
Seit über mich der Hypochonder wüthet,
Und mein Gehirn verrückt.
Der Jugend Roth flieht meine blassen Wangen:
Jch seh, erstaunt, mein schwarzes Haar gebleicht,
Und welke Haut um meine Knochen hangen:
Mein schwerer Odem keicht.
Jhr Larven, schont! verschont mein einsam Bette,
Wo ich allein und ohne Mädchen bin!
Was rasselt ihr mit nachgeschleppter Kette
Vor meinen Ohren hin?
Will ein Gespenst bey meinem Bett erscheinen,
So sey es Fleisch und fähig schlauer Lust,
(Versteht mich recht!) mit runden weissen Beinen
Und einer weissen Brust.


An
Lyriſche Gedichte
Jch glaube nun die klaͤgliche Geſchichte
Vom ſchwarzen Moͤnch, der naͤchtlich wachen muß;
Den Hexen-Tanz und Marthens Nacht-Geſichte,
Selbſt Satans Pferdefuß.
Was Aberglaub im Finſtern ausgebruͤtet,
Hoͤrt itzt mein Ohr, von banger Luſt entzuͤckt,
Seit uͤber mich der Hypochonder wuͤthet,
Und mein Gehirn verruͤckt.
Der Jugend Roth flieht meine blaſſen Wangen:
Jch ſeh, erſtaunt, mein ſchwarzes Haar gebleicht,
Und welke Haut um meine Knochen hangen:
Mein ſchwerer Odem keicht.
Jhr Larven, ſchont! verſchont mein einſam Bette,
Wo ich allein und ohne Maͤdchen bin!
Was raſſelt ihr mit nachgeſchleppter Kette
Vor meinen Ohren hin?
Will ein Geſpenſt bey meinem Bett erſcheinen,
So ſey es Fleiſch und faͤhig ſchlauer Luſt,
(Verſteht mich recht!) mit runden weiſſen Beinen
Und einer weiſſen Bruſt.


An
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[152/0166] Lyriſche Gedichte Jch glaube nun die klaͤgliche Geſchichte Vom ſchwarzen Moͤnch, der naͤchtlich wachen muß; Den Hexen-Tanz und Marthens Nacht-Geſichte, Selbſt Satans Pferdefuß. Was Aberglaub im Finſtern ausgebruͤtet, Hoͤrt itzt mein Ohr, von banger Luſt entzuͤckt, Seit uͤber mich der Hypochonder wuͤthet, Und mein Gehirn verruͤckt. Der Jugend Roth flieht meine blaſſen Wangen: Jch ſeh, erſtaunt, mein ſchwarzes Haar gebleicht, Und welke Haut um meine Knochen hangen: Mein ſchwerer Odem keicht. Jhr Larven, ſchont! verſchont mein einſam Bette, Wo ich allein und ohne Maͤdchen bin! Was raſſelt ihr mit nachgeſchleppter Kette Vor meinen Ohren hin? Will ein Geſpenſt bey meinem Bett erſcheinen, So ſey es Fleiſch und faͤhig ſchlauer Luſt, (Verſteht mich recht!) mit runden weiſſen Beinen Und einer weiſſen Bruſt. An

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Zitationshilfe: Uz, Johann Peter: Lyrische und andere Gedichte. 2. Aufl. Ansbach, 1755, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uz_gedichte_1755/166>, abgerufen am 19.05.2024.