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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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Wellenzüge. Die Undulationsströme werden daher eine genaue Copie der menschlichen
Sprache geben können, da sie sowohl langsam als auch rasch verlaufende Wellen wieder
zu erregen im Stande sind, während die intermittirenden Ströme nur gewisser-
maßen Stöße reproduciren können; sie werden daher Töne ganz gut reproduciren,
nie aber deren Klangfarbe geben können, sie werden Worte nur unverläßlich und
schwer verständlich, viele aber gar nicht wiedergeben können. Die Impulsionsströme
stehen zwischen den intermittirenden und den Undulationsströmen in der Mitte; sie
können sich zwar nicht jeder Art von Schwingungen anschmiegen und diese wieder
erregen, sind aber, weil der Stromschluß nie ganz unterbrochen wird, doch befähigt,
bis zu einem gewissen Grade der Art der Schwingungen zu folgen. Dies ist auch
die Ursache, warum Yeates mit seinen Sprechversuchen besseren Erfolg hatte als Reis.

Obige Betrachtungen glaubten wir hier in der Vorgeschichte des Telephones
bereits einschalten zu müssen,
einerseits um das Verständniß
der einzelnen Entwicklungs-
stadien selbst zu erleichtern,
andererseits um die Verdienste
keines Erfinders zu schmälern.

Von obigen Gedanken
geleitet, construirte Bell den
in Fig. 643 dargestellten
Apparat. Der Konus C wurde
an seiner engeren Oeffnung
durch ein Goldblättchen M
verschlossen, mit welchem durch
ein Stäbchen die Armatur a b
des Elektromagnetes E dreh-
bar verbunden war. Wurde
die Membrane M durch Schall-
erregung in Schwingungen
versetzt, so inducirte die mit-
schwingende Armatur Undu-
lationsströme in E, welche,
wenn der Apparat C mit dem

[Abbildung] Fig. 643.

Bell's Telephon.

ihm ganz gleichen Apparate C' in Verbindung gesetzt wurde, durch den Magnet E'
und dessen Armatur a' b' die Membrane M' zu genau denselben Schwingungen
veranlaßte, durch welche die Membrane M die Undulationsströme eben hervorgerufen
hatte, d. h. also, die Membrane M' gab die Schallschwingungen wieder, welche
die Membrane M aufgenommen hatte.

Diese Form des Apparates war es auch, welche Bell in seinem Patente vom
Jahre 1876 angab. Schon im Jahre 1875 wurde Brown von Bell beauftragt,
im Namen des Letzteren die europäischen Patente zu nehmen. Da aber die Gelehrten
in London, welchen Brown den Apparat zeigte und erklärte, die Sache nicht für
wichtig genug hielten, zögerte Brown, die nöthigen Schritte zu thun. Bell schrieb
und drängte zur Anmeldung der Patente, konnte sie aber doch nicht erhalten, da
inzwischen Brown ermordet wurde. Bell entschloß sich nun, zunächst in Amerika
ein Patent zu erwerben und überreichte am 20. Januar 1876 die Beschreibung
seines Telephones; die officielle Anmeldung erfolgte jedoch erst am 14. Februar 1876.

Wellenzüge. Die Undulationsſtröme werden daher eine genaue Copie der menſchlichen
Sprache geben können, da ſie ſowohl langſam als auch raſch verlaufende Wellen wieder
zu erregen im Stande ſind, während die intermittirenden Ströme nur gewiſſer-
maßen Stöße reproduciren können; ſie werden daher Töne ganz gut reproduciren,
nie aber deren Klangfarbe geben können, ſie werden Worte nur unverläßlich und
ſchwer verſtändlich, viele aber gar nicht wiedergeben können. Die Impulſionsſtröme
ſtehen zwiſchen den intermittirenden und den Undulationsſtrömen in der Mitte; ſie
können ſich zwar nicht jeder Art von Schwingungen anſchmiegen und dieſe wieder
erregen, ſind aber, weil der Stromſchluß nie ganz unterbrochen wird, doch befähigt,
bis zu einem gewiſſen Grade der Art der Schwingungen zu folgen. Dies iſt auch
die Urſache, warum Yeates mit ſeinen Sprechverſuchen beſſeren Erfolg hatte als Reis.

Obige Betrachtungen glaubten wir hier in der Vorgeſchichte des Telephones
bereits einſchalten zu müſſen,
einerſeits um das Verſtändniß
der einzelnen Entwicklungs-
ſtadien ſelbſt zu erleichtern,
andererſeits um die Verdienſte
keines Erfinders zu ſchmälern.

Von obigen Gedanken
geleitet, conſtruirte Bell den
in Fig. 643 dargeſtellten
Apparat. Der Konus C wurde
an ſeiner engeren Oeffnung
durch ein Goldblättchen M
verſchloſſen, mit welchem durch
ein Stäbchen die Armatur a b
des Elektromagnetes E dreh-
bar verbunden war. Wurde
die Membrane M durch Schall-
erregung in Schwingungen
verſetzt, ſo inducirte die mit-
ſchwingende Armatur Undu-
lationsſtröme in E, welche,
wenn der Apparat C mit dem

[Abbildung] Fig. 643.

Bell’s Telephon.

ihm ganz gleichen Apparate C' in Verbindung geſetzt wurde, durch den Magnet E'
und deſſen Armatur a' b' die Membrane M' zu genau denſelben Schwingungen
veranlaßte, durch welche die Membrane M die Undulationsſtröme eben hervorgerufen
hatte, d. h. alſo, die Membrane M' gab die Schallſchwingungen wieder, welche
die Membrane M aufgenommen hatte.

Dieſe Form des Apparates war es auch, welche Bell in ſeinem Patente vom
Jahre 1876 angab. Schon im Jahre 1875 wurde Brown von Bell beauftragt,
im Namen des Letzteren die europäiſchen Patente zu nehmen. Da aber die Gelehrten
in London, welchen Brown den Apparat zeigte und erklärte, die Sache nicht für
wichtig genug hielten, zögerte Brown, die nöthigen Schritte zu thun. Bell ſchrieb
und drängte zur Anmeldung der Patente, konnte ſie aber doch nicht erhalten, da
inzwiſchen Brown ermordet wurde. Bell entſchloß ſich nun, zunächſt in Amerika
ein Patent zu erwerben und überreichte am 20. Januar 1876 die Beſchreibung
ſeines Telephones; die officielle Anmeldung erfolgte jedoch erſt am 14. Februar 1876.

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[887/0901] Wellenzüge. Die Undulationsſtröme werden daher eine genaue Copie der menſchlichen Sprache geben können, da ſie ſowohl langſam als auch raſch verlaufende Wellen wieder zu erregen im Stande ſind, während die intermittirenden Ströme nur gewiſſer- maßen Stöße reproduciren können; ſie werden daher Töne ganz gut reproduciren, nie aber deren Klangfarbe geben können, ſie werden Worte nur unverläßlich und ſchwer verſtändlich, viele aber gar nicht wiedergeben können. Die Impulſionsſtröme ſtehen zwiſchen den intermittirenden und den Undulationsſtrömen in der Mitte; ſie können ſich zwar nicht jeder Art von Schwingungen anſchmiegen und dieſe wieder erregen, ſind aber, weil der Stromſchluß nie ganz unterbrochen wird, doch befähigt, bis zu einem gewiſſen Grade der Art der Schwingungen zu folgen. Dies iſt auch die Urſache, warum Yeates mit ſeinen Sprechverſuchen beſſeren Erfolg hatte als Reis. Obige Betrachtungen glaubten wir hier in der Vorgeſchichte des Telephones bereits einſchalten zu müſſen, einerſeits um das Verſtändniß der einzelnen Entwicklungs- ſtadien ſelbſt zu erleichtern, andererſeits um die Verdienſte keines Erfinders zu ſchmälern. Von obigen Gedanken geleitet, conſtruirte Bell den in Fig. 643 dargeſtellten Apparat. Der Konus C wurde an ſeiner engeren Oeffnung durch ein Goldblättchen M verſchloſſen, mit welchem durch ein Stäbchen die Armatur a b des Elektromagnetes E dreh- bar verbunden war. Wurde die Membrane M durch Schall- erregung in Schwingungen verſetzt, ſo inducirte die mit- ſchwingende Armatur Undu- lationsſtröme in E, welche, wenn der Apparat C mit dem [Abbildung Fig. 643. Bell’s Telephon.] ihm ganz gleichen Apparate C' in Verbindung geſetzt wurde, durch den Magnet E' und deſſen Armatur a' b' die Membrane M' zu genau denſelben Schwingungen veranlaßte, durch welche die Membrane M die Undulationsſtröme eben hervorgerufen hatte, d. h. alſo, die Membrane M' gab die Schallſchwingungen wieder, welche die Membrane M aufgenommen hatte. Dieſe Form des Apparates war es auch, welche Bell in ſeinem Patente vom Jahre 1876 angab. Schon im Jahre 1875 wurde Brown von Bell beauftragt, im Namen des Letzteren die europäiſchen Patente zu nehmen. Da aber die Gelehrten in London, welchen Brown den Apparat zeigte und erklärte, die Sache nicht für wichtig genug hielten, zögerte Brown, die nöthigen Schritte zu thun. Bell ſchrieb und drängte zur Anmeldung der Patente, konnte ſie aber doch nicht erhalten, da inzwiſchen Brown ermordet wurde. Bell entſchloß ſich nun, zunächſt in Amerika ein Patent zu erwerben und überreichte am 20. Januar 1876 die Beſchreibung ſeines Telephones; die officielle Anmeldung erfolgte jedoch erſt am 14. Februar 1876.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 887. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/901>, abgerufen am 23.11.2024.