Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

des Fahrstuhlgewichtes erfordert, ist das Gewicht dieses und seiner mittleren Belastung durch
Gegengewichte P P, welche an den Führungsstangen G H gleiten, ausbalancirt. Die Draht-
seile, welche diese Gegengewichte tragen, dienen gleichzeitig zur Stromleitung. Ein Herab-

[Abbildung] Fig. 618.

Siemens' elektrischer Aufzug.

schnellen des Aufzuges bei Unterbrechung
des Stromes oder Reißen der Drahtseile
kann nicht eintreten, da die Ganghöhe der
Schraube ohne Ende sehr klein gemacht wird.

Wir lassen hier die Schilderung eines
elektrisch betriebenen Elevators folgen,
dessen Anlage auch deshalb Interesse verdient,
weil sie zeigt, wie bisher unbenützte Maschinen-
kräfte verwerthet werden können. Die in Rede
stehende und eine hierauf zu besprechende
Anlage wurde durch die Ingenieure Chre-
tien
und Felix in der Zuckerfabrik zu
Sermaize (Departement Marne) aus-
geführt. Die "Campagne", d. h. die Arbeits-
zeit einer Zuckerfabrik ist nur auf einen
kleinen Theil des Jahres beschränkt, nämlich
auf die Zeit unmittelbar nach der Ernte der
Zuckerrüben. Der Saft derselben erfordert,
wenn er nicht verderben soll, eine sehr rasche
Verarbeitung. Dies hat zur Folge, daß die
Maschinen einer derartigen Fabrik den größten
Theil des Jahres über stillstehen, also sehr
schlecht ausgenützt werden. Nun sind aber
solche Zuckerfabriken in der Regel mit mehr
oder minder ausgedehnten Oekonomien ver-
bunden, in welchen die Hauptarbeiten gerade
außerhalb der Fabriks-Campagne fallen. Es
ist daher einleuchtend, daß es Vortheile ge-
währen muß, die sonst in der Fabrik brach
liegende Maschinenkraft außerhalb derselben
zu verwerthen. Hierzu benützen nun die
genannten Ingenieure die elektrische Ueber-
tragung der Kraft und verwenden so die
sonst unbenützte Dampfmaschine und die
während der Campagne zur elektrischen Be-
leuchtung benützten Lichtmaschinen.

Der größte Theil der in der Fabrik
zur Verarbeitung gelangenden Runkelrüben
wird durch Schiffe auf dem Marne-Rhein-
Canal zugeführt. Die Rüben werden im
Hafen von Sermaize, der in gerader Linie
beiläufig 100 Meter von der Fabrik entfernt
ist, ausgeladen und dann in die Fabrik ge-
führt. Während nun früher das Ausladen
durch Handarbeit besorgt wurde, dient seit
ungefähr fünf Jahren hierzu ein elektrisch
betriebener Elevator; die hiermit gegenüber
der Handarbeit erzielte Ersparniß beträgt
beiläufig 40 Procent. Der Elevator stellt,
wie die Fig. 619 (nach Th. du Moncel &
Geraldy) erkennen läßt, eine Art Bagger-
maschine dar. Auf einem fahrbaren Gerüste
ist ein kräftiger Stamm drehbar befestigt, der
an seinem unteren Ende und beiläufig in der Mitte die Trommeln zur Führung und Be-
wegung der endlosen mit Schaufeln oder Platten versehenen Kette trägt, oben durch ein Gegen-
gewicht ausbalancirt ist und durch Seile in der verlangten Stellung festgehalten wird. Um
ein Schiff auszuladen, wird der Elevator bis zu ersterem hingerollt und hierauf sein Balken

des Fahrſtuhlgewichtes erfordert, iſt das Gewicht dieſes und ſeiner mittleren Belaſtung durch
Gegengewichte P P, welche an den Führungsſtangen G H gleiten, ausbalancirt. Die Draht-
ſeile, welche dieſe Gegengewichte tragen, dienen gleichzeitig zur Stromleitung. Ein Herab-

[Abbildung] Fig. 618.

Siemens’ elektriſcher Aufzug.

ſchnellen des Aufzuges bei Unterbrechung
des Stromes oder Reißen der Drahtſeile
kann nicht eintreten, da die Ganghöhe der
Schraube ohne Ende ſehr klein gemacht wird.

Wir laſſen hier die Schilderung eines
elektriſch betriebenen Elevators folgen,
deſſen Anlage auch deshalb Intereſſe verdient,
weil ſie zeigt, wie bisher unbenützte Maſchinen-
kräfte verwerthet werden können. Die in Rede
ſtehende und eine hierauf zu beſprechende
Anlage wurde durch die Ingenieure Chré-
tien
und Felix in der Zuckerfabrik zu
Sermaize (Departement Marne) aus-
geführt. Die „Campagne“, d. h. die Arbeits-
zeit einer Zuckerfabrik iſt nur auf einen
kleinen Theil des Jahres beſchränkt, nämlich
auf die Zeit unmittelbar nach der Ernte der
Zuckerrüben. Der Saft derſelben erfordert,
wenn er nicht verderben ſoll, eine ſehr raſche
Verarbeitung. Dies hat zur Folge, daß die
Maſchinen einer derartigen Fabrik den größten
Theil des Jahres über ſtillſtehen, alſo ſehr
ſchlecht ausgenützt werden. Nun ſind aber
ſolche Zuckerfabriken in der Regel mit mehr
oder minder ausgedehnten Oekonomien ver-
bunden, in welchen die Hauptarbeiten gerade
außerhalb der Fabriks-Campagne fallen. Es
iſt daher einleuchtend, daß es Vortheile ge-
währen muß, die ſonſt in der Fabrik brach
liegende Maſchinenkraft außerhalb derſelben
zu verwerthen. Hierzu benützen nun die
genannten Ingenieure die elektriſche Ueber-
tragung der Kraft und verwenden ſo die
ſonſt unbenützte Dampfmaſchine und die
während der Campagne zur elektriſchen Be-
leuchtung benützten Lichtmaſchinen.

Der größte Theil der in der Fabrik
zur Verarbeitung gelangenden Runkelrüben
wird durch Schiffe auf dem Marne-Rhein-
Canal zugeführt. Die Rüben werden im
Hafen von Sermaize, der in gerader Linie
beiläufig 100 Meter von der Fabrik entfernt
iſt, ausgeladen und dann in die Fabrik ge-
führt. Während nun früher das Ausladen
durch Handarbeit beſorgt wurde, dient ſeit
ungefähr fünf Jahren hierzu ein elektriſch
betriebener Elevator; die hiermit gegenüber
der Handarbeit erzielte Erſparniß beträgt
beiläufig 40 Procent. Der Elevator ſtellt,
wie die Fig. 619 (nach Th. du Moncel &
Geraldy) erkennen läßt, eine Art Bagger-
maſchine dar. Auf einem fahrbaren Gerüſte
iſt ein kräftiger Stamm drehbar befeſtigt, der
an ſeinem unteren Ende und beiläufig in der Mitte die Trommeln zur Führung und Be-
wegung der endloſen mit Schaufeln oder Platten verſehenen Kette trägt, oben durch ein Gegen-
gewicht ausbalancirt iſt und durch Seile in der verlangten Stellung feſtgehalten wird. Um
ein Schiff auszuladen, wird der Elevator bis zu erſterem hingerollt und hierauf ſein Balken

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0876" n="862"/>
des Fahr&#x017F;tuhlgewichtes erfordert, i&#x017F;t das Gewicht die&#x017F;es und &#x017F;einer mittleren Bela&#x017F;tung durch<lb/>
Gegengewichte <hi rendition="#aq">P P</hi>, welche an den Führungs&#x017F;tangen <hi rendition="#aq">G H</hi> gleiten, ausbalancirt. Die Draht-<lb/>
&#x017F;eile, welche die&#x017F;e Gegengewichte tragen, dienen gleichzeitig zur Stromleitung. Ein Herab-<lb/><figure><head>Fig. 618.</head><lb/><p>Siemens&#x2019; elektri&#x017F;cher Aufzug.</p></figure><lb/>
&#x017F;chnellen des Aufzuges bei Unterbrechung<lb/>
des Stromes oder Reißen der Draht&#x017F;eile<lb/>
kann nicht eintreten, da die Ganghöhe der<lb/>
Schraube ohne Ende &#x017F;ehr klein gemacht wird.</p><lb/>
              <p>Wir la&#x017F;&#x017F;en hier die Schilderung eines<lb/><hi rendition="#b">elektri&#x017F;ch betriebenen Elevators</hi> folgen,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Anlage auch deshalb Intere&#x017F;&#x017F;e verdient,<lb/>
weil &#x017F;ie zeigt, wie bisher unbenützte Ma&#x017F;chinen-<lb/>
kräfte verwerthet werden können. Die in Rede<lb/>
&#x017F;tehende und eine hierauf zu be&#x017F;prechende<lb/>
Anlage wurde durch die Ingenieure <hi rendition="#g">Chr<hi rendition="#aq">é</hi>-<lb/>
tien</hi> und <hi rendition="#g">Felix</hi> in der Zuckerfabrik zu<lb/><hi rendition="#g">Sermaize</hi> (Departement Marne) aus-<lb/>
geführt. Die &#x201E;Campagne&#x201C;, d. h. die Arbeits-<lb/>
zeit einer Zuckerfabrik i&#x017F;t nur auf einen<lb/>
kleinen Theil des Jahres be&#x017F;chränkt, nämlich<lb/>
auf die Zeit unmittelbar nach der Ernte der<lb/>
Zuckerrüben. Der Saft der&#x017F;elben erfordert,<lb/>
wenn er nicht verderben &#x017F;oll, eine &#x017F;ehr ra&#x017F;che<lb/>
Verarbeitung. Dies hat zur Folge, daß die<lb/>
Ma&#x017F;chinen einer derartigen Fabrik den größten<lb/>
Theil des Jahres über &#x017F;till&#x017F;tehen, al&#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chlecht ausgenützt werden. Nun &#x017F;ind aber<lb/>
&#x017F;olche Zuckerfabriken in der Regel mit mehr<lb/>
oder minder ausgedehnten Oekonomien ver-<lb/>
bunden, in welchen die Hauptarbeiten gerade<lb/>
außerhalb der Fabriks-Campagne fallen. Es<lb/>
i&#x017F;t daher einleuchtend, daß es Vortheile ge-<lb/>
währen muß, die &#x017F;on&#x017F;t in der Fabrik brach<lb/>
liegende Ma&#x017F;chinenkraft außerhalb der&#x017F;elben<lb/>
zu verwerthen. Hierzu benützen nun die<lb/>
genannten Ingenieure die elektri&#x017F;che Ueber-<lb/>
tragung der Kraft und verwenden &#x017F;o die<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t unbenützte Dampfma&#x017F;chine und die<lb/>
während der Campagne zur elektri&#x017F;chen Be-<lb/>
leuchtung benützten Lichtma&#x017F;chinen.</p><lb/>
              <p>Der größte Theil der in der Fabrik<lb/>
zur Verarbeitung gelangenden Runkelrüben<lb/>
wird durch Schiffe auf dem Marne-Rhein-<lb/>
Canal zugeführt. Die Rüben werden im<lb/>
Hafen von Sermaize, der in gerader Linie<lb/>
beiläufig 100 Meter von der Fabrik entfernt<lb/>
i&#x017F;t, ausgeladen und dann in die Fabrik ge-<lb/>
führt. Während nun früher das Ausladen<lb/>
durch Handarbeit be&#x017F;orgt wurde, dient &#x017F;eit<lb/>
ungefähr fünf Jahren hierzu ein elektri&#x017F;ch<lb/>
betriebener Elevator; die hiermit gegenüber<lb/>
der Handarbeit erzielte Er&#x017F;parniß beträgt<lb/>
beiläufig 40 Procent. Der Elevator &#x017F;tellt,<lb/>
wie die Fig. 619 (nach Th. du Moncel &amp;<lb/>
Geraldy) erkennen läßt, eine Art Bagger-<lb/>
ma&#x017F;chine dar. Auf einem fahrbaren Gerü&#x017F;te<lb/>
i&#x017F;t ein kräftiger Stamm drehbar befe&#x017F;tigt, der<lb/>
an &#x017F;einem unteren Ende und beiläufig in der Mitte die Trommeln zur Führung und Be-<lb/>
wegung der endlo&#x017F;en mit Schaufeln oder Platten ver&#x017F;ehenen Kette trägt, oben durch ein Gegen-<lb/>
gewicht ausbalancirt i&#x017F;t und durch Seile in der verlangten Stellung fe&#x017F;tgehalten wird. Um<lb/>
ein Schiff auszuladen, wird der Elevator bis zu er&#x017F;terem hingerollt und hierauf &#x017F;ein Balken<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[862/0876] des Fahrſtuhlgewichtes erfordert, iſt das Gewicht dieſes und ſeiner mittleren Belaſtung durch Gegengewichte P P, welche an den Führungsſtangen G H gleiten, ausbalancirt. Die Draht- ſeile, welche dieſe Gegengewichte tragen, dienen gleichzeitig zur Stromleitung. Ein Herab- [Abbildung Fig. 618. Siemens’ elektriſcher Aufzug.] ſchnellen des Aufzuges bei Unterbrechung des Stromes oder Reißen der Drahtſeile kann nicht eintreten, da die Ganghöhe der Schraube ohne Ende ſehr klein gemacht wird. Wir laſſen hier die Schilderung eines elektriſch betriebenen Elevators folgen, deſſen Anlage auch deshalb Intereſſe verdient, weil ſie zeigt, wie bisher unbenützte Maſchinen- kräfte verwerthet werden können. Die in Rede ſtehende und eine hierauf zu beſprechende Anlage wurde durch die Ingenieure Chré- tien und Felix in der Zuckerfabrik zu Sermaize (Departement Marne) aus- geführt. Die „Campagne“, d. h. die Arbeits- zeit einer Zuckerfabrik iſt nur auf einen kleinen Theil des Jahres beſchränkt, nämlich auf die Zeit unmittelbar nach der Ernte der Zuckerrüben. Der Saft derſelben erfordert, wenn er nicht verderben ſoll, eine ſehr raſche Verarbeitung. Dies hat zur Folge, daß die Maſchinen einer derartigen Fabrik den größten Theil des Jahres über ſtillſtehen, alſo ſehr ſchlecht ausgenützt werden. Nun ſind aber ſolche Zuckerfabriken in der Regel mit mehr oder minder ausgedehnten Oekonomien ver- bunden, in welchen die Hauptarbeiten gerade außerhalb der Fabriks-Campagne fallen. Es iſt daher einleuchtend, daß es Vortheile ge- währen muß, die ſonſt in der Fabrik brach liegende Maſchinenkraft außerhalb derſelben zu verwerthen. Hierzu benützen nun die genannten Ingenieure die elektriſche Ueber- tragung der Kraft und verwenden ſo die ſonſt unbenützte Dampfmaſchine und die während der Campagne zur elektriſchen Be- leuchtung benützten Lichtmaſchinen. Der größte Theil der in der Fabrik zur Verarbeitung gelangenden Runkelrüben wird durch Schiffe auf dem Marne-Rhein- Canal zugeführt. Die Rüben werden im Hafen von Sermaize, der in gerader Linie beiläufig 100 Meter von der Fabrik entfernt iſt, ausgeladen und dann in die Fabrik ge- führt. Während nun früher das Ausladen durch Handarbeit beſorgt wurde, dient ſeit ungefähr fünf Jahren hierzu ein elektriſch betriebener Elevator; die hiermit gegenüber der Handarbeit erzielte Erſparniß beträgt beiläufig 40 Procent. Der Elevator ſtellt, wie die Fig. 619 (nach Th. du Moncel & Geraldy) erkennen läßt, eine Art Bagger- maſchine dar. Auf einem fahrbaren Gerüſte iſt ein kräftiger Stamm drehbar befeſtigt, der an ſeinem unteren Ende und beiläufig in der Mitte die Trommeln zur Führung und Be- wegung der endloſen mit Schaufeln oder Platten verſehenen Kette trägt, oben durch ein Gegen- gewicht ausbalancirt iſt und durch Seile in der verlangten Stellung feſtgehalten wird. Um ein Schiff auszuladen, wird der Elevator bis zu erſterem hingerollt und hierauf ſein Balken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/876
Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 862. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/876>, abgerufen am 23.11.2024.