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Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885.

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Die Bahn auf der Berliner Gewerbe-Ausstellung besaß eine Streckenlänge von
300 Meter. Der Schienenweg bildete ein gestrecktes, in sich geschlossenes Oval, so daß der
Wagen nach dem Durchlaufen seiner Bahn wieder in der Ausgangsstelle eintraf. Der Zug
bestand aus der elektrischen Locomotive und einer auf niedrigen Rädern laufenden Plattform,
welche zwei in der Richtung der Wagenlänge gestellte Bänke zur Aufnahme der Personen
trug. Die perspectivische Ansicht in Fig. 602 (aus Th. Du Moncel et Geraldy, L'electricite
comme force motrice
) stellt den ganzen Zug dar, während die Fig. 603 und 604 die elektrische
Locomotive im Quer- und Längsschnitte veranschaulichen. Die Locomotive besteht aus einem
vierräderigen Wagengestelle, auf welchem eine Siemens'sche Maschine (Seite 388) derart
angebracht ist, daß die Rotationswelle parallel zu den Schienen liegt. Die Rotation der
Armatur übertragen die Zahnräder l, t, v und x auf die Räder der kleinen Locomotive. Der
auf der letzteren angebrachten (als secundären) Maschine wurde der Strom der primären
Maschine durch die Eisenschiene N zugeführt, welche von der Erde isolirt und auf Holzunter-
lagen befestigt, in der Mitte der beiden Eisenbahnschienen diese in ihrer ganzen Länge
begleitete. Von dieser Mittelschiene wurde der Strom durch Reiber T, welche durch Spiral-

[Abbildung] Fig. 603.
[Abbildung] Fig. 604.

Elektrolocomotive von Siemens & Halske.

federn in gutem Contacte erhalten wurden, der secundären Maschine auf der Locomotive
zugeführt. Die Rückleitung erfolgte durch die Räder der Locomotive und durch die Eisen-
bahnschienen.

Dieser Versuch wurde mit gleich günstigem Erfolge hierauf bei verschiedenen
anderen Ausstellungen wiederholt, z. B. in Frankfurt mit einer Bahnlänge von
250 Meter; hier stellte die elektrische Bahn die Verbindung zwischen dem Bahn-
hofe und der Ausstellung her. Im Jahre 1880 wurde eine dieser ähnliche elektrische
Bahn durch Egger in Wien bei der Gewerbe-Ausstellung in Betrieb gesetzt.
Hierbei war die Mittelschiene weggelassen worden und vermittelte die eine Eisen-
bahnschiene die Hin-, die andere die Rückleitung. Im Jahre 1881 wurde endlich
die erste für andauernden Betrieb bestimmte Bahn dem Verkehre übergeben; es ist
dies die von Siemens und Halske erbaute Bahn zu Lichterfelde. Wir wollen
nun die gegenwärtig im Betriebe stehenden elektrischen Bahnen an einigen Beispielen
näher betrachten.

Die Bahn auf der Berliner Gewerbe-Ausſtellung beſaß eine Streckenlänge von
300 Meter. Der Schienenweg bildete ein geſtrecktes, in ſich geſchloſſenes Oval, ſo daß der
Wagen nach dem Durchlaufen ſeiner Bahn wieder in der Ausgangsſtelle eintraf. Der Zug
beſtand aus der elektriſchen Locomotive und einer auf niedrigen Rädern laufenden Plattform,
welche zwei in der Richtung der Wagenlänge geſtellte Bänke zur Aufnahme der Perſonen
trug. Die perſpectiviſche Anſicht in Fig. 602 (aus Th. Du Moncel et Geraldy, L’électricité
comme force motrice
) ſtellt den ganzen Zug dar, während die Fig. 603 und 604 die elektriſche
Locomotive im Quer- und Längsſchnitte veranſchaulichen. Die Locomotive beſteht aus einem
vierräderigen Wagengeſtelle, auf welchem eine Siemens’ſche Maſchine (Seite 388) derart
angebracht iſt, daß die Rotationswelle parallel zu den Schienen liegt. Die Rotation der
Armatur übertragen die Zahnräder l, t, v und x auf die Räder der kleinen Locomotive. Der
auf der letzteren angebrachten (als ſecundären) Maſchine wurde der Strom der primären
Maſchine durch die Eiſenſchiene N zugeführt, welche von der Erde iſolirt und auf Holzunter-
lagen befeſtigt, in der Mitte der beiden Eiſenbahnſchienen dieſe in ihrer ganzen Länge
begleitete. Von dieſer Mittelſchiene wurde der Strom durch Reiber T, welche durch Spiral-

[Abbildung] Fig. 603.
[Abbildung] Fig. 604.

Elektrolocomotive von Siemens & Halske.

federn in gutem Contacte erhalten wurden, der ſecundären Maſchine auf der Locomotive
zugeführt. Die Rückleitung erfolgte durch die Räder der Locomotive und durch die Eiſen-
bahnſchienen.

Dieſer Verſuch wurde mit gleich günſtigem Erfolge hierauf bei verſchiedenen
anderen Ausſtellungen wiederholt, z. B. in Frankfurt mit einer Bahnlänge von
250 Meter; hier ſtellte die elektriſche Bahn die Verbindung zwiſchen dem Bahn-
hofe und der Ausſtellung her. Im Jahre 1880 wurde eine dieſer ähnliche elektriſche
Bahn durch Egger in Wien bei der Gewerbe-Ausſtellung in Betrieb geſetzt.
Hierbei war die Mittelſchiene weggelaſſen worden und vermittelte die eine Eiſen-
bahnſchiene die Hin-, die andere die Rückleitung. Im Jahre 1881 wurde endlich
die erſte für andauernden Betrieb beſtimmte Bahn dem Verkehre übergeben; es iſt
dies die von Siemens und Halske erbaute Bahn zu Lichterfelde. Wir wollen
nun die gegenwärtig im Betriebe ſtehenden elektriſchen Bahnen an einigen Beiſpielen
näher betrachten.

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[845/0859] Die Bahn auf der Berliner Gewerbe-Ausſtellung beſaß eine Streckenlänge von 300 Meter. Der Schienenweg bildete ein geſtrecktes, in ſich geſchloſſenes Oval, ſo daß der Wagen nach dem Durchlaufen ſeiner Bahn wieder in der Ausgangsſtelle eintraf. Der Zug beſtand aus der elektriſchen Locomotive und einer auf niedrigen Rädern laufenden Plattform, welche zwei in der Richtung der Wagenlänge geſtellte Bänke zur Aufnahme der Perſonen trug. Die perſpectiviſche Anſicht in Fig. 602 (aus Th. Du Moncel et Geraldy, L’électricité comme force motrice) ſtellt den ganzen Zug dar, während die Fig. 603 und 604 die elektriſche Locomotive im Quer- und Längsſchnitte veranſchaulichen. Die Locomotive beſteht aus einem vierräderigen Wagengeſtelle, auf welchem eine Siemens’ſche Maſchine (Seite 388) derart angebracht iſt, daß die Rotationswelle parallel zu den Schienen liegt. Die Rotation der Armatur übertragen die Zahnräder l, t, v und x auf die Räder der kleinen Locomotive. Der auf der letzteren angebrachten (als ſecundären) Maſchine wurde der Strom der primären Maſchine durch die Eiſenſchiene N zugeführt, welche von der Erde iſolirt und auf Holzunter- lagen befeſtigt, in der Mitte der beiden Eiſenbahnſchienen dieſe in ihrer ganzen Länge begleitete. Von dieſer Mittelſchiene wurde der Strom durch Reiber T, welche durch Spiral- [Abbildung Fig. 603.] [Abbildung Fig. 604. Elektrolocomotive von Siemens & Halske.] federn in gutem Contacte erhalten wurden, der ſecundären Maſchine auf der Locomotive zugeführt. Die Rückleitung erfolgte durch die Räder der Locomotive und durch die Eiſen- bahnſchienen. Dieſer Verſuch wurde mit gleich günſtigem Erfolge hierauf bei verſchiedenen anderen Ausſtellungen wiederholt, z. B. in Frankfurt mit einer Bahnlänge von 250 Meter; hier ſtellte die elektriſche Bahn die Verbindung zwiſchen dem Bahn- hofe und der Ausſtellung her. Im Jahre 1880 wurde eine dieſer ähnliche elektriſche Bahn durch Egger in Wien bei der Gewerbe-Ausſtellung in Betrieb geſetzt. Hierbei war die Mittelſchiene weggelaſſen worden und vermittelte die eine Eiſen- bahnſchiene die Hin-, die andere die Rückleitung. Im Jahre 1881 wurde endlich die erſte für andauernden Betrieb beſtimmte Bahn dem Verkehre übergeben; es iſt dies die von Siemens und Halske erbaute Bahn zu Lichterfelde. Wir wollen nun die gegenwärtig im Betriebe ſtehenden elektriſchen Bahnen an einigen Beiſpielen näher betrachten.

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Zitationshilfe: Urbanitzky, Alfred von: Die Elektricität im Dienste der Menschheit. Wien; Leipzig, 1885, S. 845. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/urbanitzky_electricitaet_1885/859>, abgerufen am 23.11.2024.