muß. Sie weiß es allerdings, aber ihre Be- griffe davon sind nicht deutlich. So ist es nun auch mit dem Schlusse bey der Sele. Sie bauet ihren Körper, ohnerachtet wir nicht sa- gen können, daß wir damals uns unsrer be- wust gewesen wären. Wolte man aber dar- um sagen, es könte nicht gewesen seyn, weil die Menschen die Anatomie lernen müsten; so gestehe ich gern, daß das Gelächter des vori- gen Bauers die witzigste Antwort sey, welche man einem solchen Menschen geben könte. Aber wozu dienet nun dieses alles? Zweifel heben heist ia noch lange nicht eine Meinung erweisen; sondern nur, dieselbe wahrscheinlich machen. Recht so! Habe ich nicht schon oben gesagt, daß ich in diesen engen Raume, der noch übrig ist, ohnmöglich einen förmlichen Beweis, dieses Satzes geben könte. Alles demnach was ich gethan habe, ist dasienige, was ich habe thun wollen. Jch habe aber weiter nichts gewolt, als zeigen, daß die Mei- nung derer Stahlianer, von der Erbauung des Körpers, als einer Arbeit der Sele, durch- aus nicht vor unmöglich ausgegeben werden könne. Man müste denn wieder auf die Se- le fallen, und aus ihrem Wesen zu erweisen suchen, daß sie unmöglich in ihren Körper würcken könne. Allein hierwieder antwortet gegenwärtige gantze Schrift. Jch will zu- frieden seyn, wenn man mir aus der Erklä- rung die ich oben von der Sele gegeben, §. 1.
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muß. Sie weiß es allerdings, aber ihre Be- griffe davon ſind nicht deutlich. So iſt es nun auch mit dem Schluſſe bey der Sele. Sie bauet ihren Koͤrper, ohnerachtet wir nicht ſa- gen koͤnnen, daß wir damals uns unſrer be- wuſt geweſen waͤren. Wolte man aber dar- um ſagen, es koͤnte nicht geweſen ſeyn, weil die Menſchen die Anatomie lernen muͤſten; ſo geſtehe ich gern, daß das Gelaͤchter des vori- gen Bauers die witzigſte Antwort ſey, welche man einem ſolchen Menſchen geben koͤnte. Aber wozu dienet nun dieſes alles? Zweifel heben heiſt ia noch lange nicht eine Meinung erweiſen; ſondern nur, dieſelbe wahrſcheinlich machen. Recht ſo! Habe ich nicht ſchon oben geſagt, daß ich in dieſen engen Raume, der noch uͤbrig iſt, ohnmoͤglich einen foͤrmlichen Beweis, dieſes Satzes geben koͤnte. Alles demnach was ich gethan habe, iſt dasienige, was ich habe thun wollen. Jch habe aber weiter nichts gewolt, als zeigen, daß die Mei- nung derer Stahlianer, von der Erbauung des Koͤrpers, als einer Arbeit der Sele, durch- aus nicht vor unmoͤglich ausgegeben werden koͤnne. Man muͤſte denn wieder auf die Se- le fallen, und aus ihrem Weſen zu erweiſen ſuchen, daß ſie unmoͤglich in ihren Koͤrper wuͤrcken koͤnne. Allein hierwieder antwortet gegenwaͤrtige gantze Schrift. Jch will zu- frieden ſeyn, wenn man mir aus der Erklaͤ- rung die ich oben von der Sele gegeben, §. 1.
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muß. Sie weiß es allerdings, aber ihre Be-
griffe davon ſind nicht deutlich. So iſt es nun
auch mit dem Schluſſe bey der Sele. Sie
bauet ihren Koͤrper, ohnerachtet wir nicht ſa-
gen koͤnnen, daß wir damals uns unſrer be-
wuſt geweſen waͤren. Wolte man aber dar-
um ſagen, es koͤnte nicht geweſen ſeyn, weil
die Menſchen die Anatomie lernen muͤſten; ſo
geſtehe ich gern, daß das Gelaͤchter des vori-
gen Bauers die witzigſte Antwort ſey, welche
man einem ſolchen Menſchen geben koͤnte.
Aber wozu dienet nun dieſes alles? Zweifel
heben heiſt ia noch lange nicht eine Meinung
erweiſen; ſondern nur, dieſelbe wahrſcheinlich
machen. Recht ſo! Habe ich nicht ſchon oben
geſagt, daß ich in dieſen engen Raume, der
noch uͤbrig iſt, ohnmoͤglich einen foͤrmlichen
Beweis, dieſes Satzes geben koͤnte. Alles
demnach was ich gethan habe, iſt dasienige,
was ich habe thun wollen. Jch habe aber
weiter nichts gewolt, als zeigen, daß die Mei-
nung derer Stahlianer, von der Erbauung
des Koͤrpers, als einer Arbeit der Sele, durch-
aus nicht vor unmoͤglich ausgegeben werden
koͤnne. Man muͤſte denn wieder auf die Se-
le fallen, und aus ihrem Weſen zu erweiſen
ſuchen, daß ſie unmoͤglich in ihren Koͤrper
wuͤrcken koͤnne. Allein hierwieder antwortet
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Unzer, Johann August: Gedanken vom Einfluß der Seele in ihren Körper. Halle (Saale), 1746, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_gedanken_1746/177>, abgerufen am 27.07.2024.
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