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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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3 Abschn. Der Nerven. Aeußere Empfindungen.
testen Geschmack giebt, machet, sobald sie im Magen ist,
gar keine Empfindung mehr. Sobald wir Bitteres,
Süßes, Saures, verschlungen haben, so ist es einerley
Nichts für unsre Empfindung. Gleichwohl ist der Magen
reichlicher, als die meisten andern Eingeweide, mit Ner-
ven versehen, und diese Nerven sind gegen andre Eindrü-
cke, z. E. von scharfen Giften, höchst empfindlich, folg-
lich äußerlicher sinnlicher Eindrücke vollkommen fähig. Da
nun die Speisen sie eben so gewiß als die scharfen Gifte
berühren, und ihnen einen äußern sinnlichen Eindruck ge-
ben, welches die thierischen Bewegungen der Verdauung,
die auf diese Berührung solgen, unläugbar machen; so ist
es nothwendig, daß diese Nerven ihre meisten äußern sinn-
lichen Eindrücke nicht bis zum Gehirne fortpflanzen, son-
dern daß sie sich in den mechanischen Maschinen verlieren,
zu deren Bewegung sie die Natur hauptsächlich bestimmet
hat. Eine Schärfe im Magen, die, wenn sie herauf in
den Mund kömmt, uns fast ersticket und die Zunge zer-
beizet, wird gleichwohl im Magen oft wenig oder gar nicht
empfunden: hingegen verursachet doch ihr äußerer sinnli-
cher Eindruck in die Magennerven einen Magenkrampf.
Das Herz ist ungemein empfindlich und nervenreich. Der
Eindruck, welchen das durchströmende Blut in seinen Ner-
ven machet, giebt ihm seine thierische Bewegung, denn
man kann sie durch Einspritzen warmer Flüssigkeiten so gar
wenn sie aufgehöret hat, wieder herstellen, und gleichwohl
empfindet die Seele fast nie etwas von diesem äußern sinn-
lichen Eindrucke. Der Zweck dieser Nerven ist haupt-
sächlich die Bewegung des Herzens, die, nach dem Ge-
ständnisse aller Aerzte, thierisch, und aus blos mechanischen
Gründen unerklärbar ist. Es ist so wenig nöthig, daß die
äußern sinnlichen Eindrücke in seine Nerven, die es bewe-
gen müssen, von der Seele empfunden werden, daß man
sogar die Bewegung eines ausgeschnittenen Herzens durch
einen äußern sinnlichen Eindruck in seine Nervenspitzen,
wenn man Salz drauf streuet, wieder herstellen kann, bey

welchem
E

3 Abſchn. Der Nerven. Aeußere Empfindungen.
teſten Geſchmack giebt, machet, ſobald ſie im Magen iſt,
gar keine Empfindung mehr. Sobald wir Bitteres,
Suͤßes, Saures, verſchlungen haben, ſo iſt es einerley
Nichts fuͤr unſre Empfindung. Gleichwohl iſt der Magen
reichlicher, als die meiſten andern Eingeweide, mit Ner-
ven verſehen, und dieſe Nerven ſind gegen andre Eindruͤ-
cke, z. E. von ſcharfen Giften, hoͤchſt empfindlich, folg-
lich aͤußerlicher ſinnlicher Eindruͤcke vollkommen faͤhig. Da
nun die Speiſen ſie eben ſo gewiß als die ſcharfen Gifte
beruͤhren, und ihnen einen aͤußern ſinnlichen Eindruck ge-
ben, welches die thieriſchen Bewegungen der Verdauung,
die auf dieſe Beruͤhrung ſolgen, unlaͤugbar machen; ſo iſt
es nothwendig, daß dieſe Nerven ihre meiſten aͤußern ſinn-
lichen Eindruͤcke nicht bis zum Gehirne fortpflanzen, ſon-
dern daß ſie ſich in den mechaniſchen Maſchinen verlieren,
zu deren Bewegung ſie die Natur hauptſaͤchlich beſtimmet
hat. Eine Schaͤrfe im Magen, die, wenn ſie herauf in
den Mund koͤmmt, uns faſt erſticket und die Zunge zer-
beizet, wird gleichwohl im Magen oft wenig oder gar nicht
empfunden: hingegen verurſachet doch ihr aͤußerer ſinnli-
cher Eindruck in die Magennerven einen Magenkrampf.
Das Herz iſt ungemein empfindlich und nervenreich. Der
Eindruck, welchen das durchſtroͤmende Blut in ſeinen Ner-
ven machet, giebt ihm ſeine thieriſche Bewegung, denn
man kann ſie durch Einſpritzen warmer Fluͤſſigkeiten ſo gar
wenn ſie aufgehoͤret hat, wieder herſtellen, und gleichwohl
empfindet die Seele faſt nie etwas von dieſem aͤußern ſinn-
lichen Eindrucke. Der Zweck dieſer Nerven iſt haupt-
ſaͤchlich die Bewegung des Herzens, die, nach dem Ge-
ſtaͤndniſſe aller Aerzte, thieriſch, und aus blos mechaniſchen
Gruͤnden unerklaͤrbar iſt. Es iſt ſo wenig noͤthig, daß die
aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke in ſeine Nerven, die es bewe-
gen muͤſſen, von der Seele empfunden werden, daß man
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einen aͤußern ſinnlichen Eindruck in ſeine Nervenſpitzen,
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welchem
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[65/0089] 3 Abſchn. Der Nerven. Aeußere Empfindungen. teſten Geſchmack giebt, machet, ſobald ſie im Magen iſt, gar keine Empfindung mehr. Sobald wir Bitteres, Suͤßes, Saures, verſchlungen haben, ſo iſt es einerley Nichts fuͤr unſre Empfindung. Gleichwohl iſt der Magen reichlicher, als die meiſten andern Eingeweide, mit Ner- ven verſehen, und dieſe Nerven ſind gegen andre Eindruͤ- cke, z. E. von ſcharfen Giften, hoͤchſt empfindlich, folg- lich aͤußerlicher ſinnlicher Eindruͤcke vollkommen faͤhig. Da nun die Speiſen ſie eben ſo gewiß als die ſcharfen Gifte beruͤhren, und ihnen einen aͤußern ſinnlichen Eindruck ge- ben, welches die thieriſchen Bewegungen der Verdauung, die auf dieſe Beruͤhrung ſolgen, unlaͤugbar machen; ſo iſt es nothwendig, daß dieſe Nerven ihre meiſten aͤußern ſinn- lichen Eindruͤcke nicht bis zum Gehirne fortpflanzen, ſon- dern daß ſie ſich in den mechaniſchen Maſchinen verlieren, zu deren Bewegung ſie die Natur hauptſaͤchlich beſtimmet hat. Eine Schaͤrfe im Magen, die, wenn ſie herauf in den Mund koͤmmt, uns faſt erſticket und die Zunge zer- beizet, wird gleichwohl im Magen oft wenig oder gar nicht empfunden: hingegen verurſachet doch ihr aͤußerer ſinnli- cher Eindruck in die Magennerven einen Magenkrampf. Das Herz iſt ungemein empfindlich und nervenreich. Der Eindruck, welchen das durchſtroͤmende Blut in ſeinen Ner- ven machet, giebt ihm ſeine thieriſche Bewegung, denn man kann ſie durch Einſpritzen warmer Fluͤſſigkeiten ſo gar wenn ſie aufgehoͤret hat, wieder herſtellen, und gleichwohl empfindet die Seele faſt nie etwas von dieſem aͤußern ſinn- lichen Eindrucke. Der Zweck dieſer Nerven iſt haupt- ſaͤchlich die Bewegung des Herzens, die, nach dem Ge- ſtaͤndniſſe aller Aerzte, thieriſch, und aus blos mechaniſchen Gruͤnden unerklaͤrbar iſt. Es iſt ſo wenig noͤthig, daß die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke in ſeine Nerven, die es bewe- gen muͤſſen, von der Seele empfunden werden, daß man ſogar die Bewegung eines ausgeſchnittenen Herzens durch einen aͤußern ſinnlichen Eindruck in ſeine Nervenſpitzen, wenn man Salz drauf ſtreuet, wieder herſtellen kann, bey welchem E

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/89>, abgerufen am 23.11.2024.