Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.2 Abschn. Des Gehirns. man wolle, muß in einer Bewegung bestehen, und dasHirnmark muß also eine bewegende Kraft besitzen, die mit der Vorstellungskraft übereinstimmig wirket, so daß mit je- der besondern Art der Vorstellungen jederzeit eine gewisse Art thierischer Bewegungen §. 6. und mit diesen thieri- schen Bewegungen jederzeit eine gewisse Art von Vorstel- lungen verbunden ist, zumal da man aus vielen Beobach- tungen weiß, daß von gewissen Verletzungen mancher Thei- le des Hirnmarks, und besonders solcher, aus welchen Em- pfindungsnerven §. 14. entspringen, gewisse Arten der Vor- stellungen, z. E. gewisse Empfindungen und die davon her- rührenden Einbildungen, Begierden, Triebe, und andere Gemüthskräfte gehindert werden oder gänzlich schwinden. H. gr. P. 4 Th. 10 B. 7 Absch. §. 15. 16. 22. Diese bewegende Kraft des Gehirns, die sich an die Vorstellungs- kraft der Seele bindet, ist eine thierische Seelenkraft, §. 6. und hieraus folget der allgemeine Grundsatz in der Leh- re von der Gemeinschaft des Leibes und der Seele, daß das Hirnmark eine thierische Seelenkraft besitze, vermöge welcher es für jede Vorstellung in der See- le, sie sey Empfindung, Einbildung, Begierde, Be- trachtung oder Einfluß, eine gewisse dazu erforder- liche thierische Bewegung in sich hervorbringt, oh- ne welche die Vorstellung in der Seele weder ent- stehen noch fortdauren kann, und mit welcher sie unausbleiblich entstehet und fortdauret. Diese thie- rische Seelenkraft ist dem Gehirne eigenthümlich und kei- ner andern thierischen Maschine eigen, weil sich in keiner, außer im Gehirne, von irgend einer thierischen Bewegung Vorstellungen entwickeln. §. 10. Man kann also das Hirnmark mit Recht das einzige Jnstrument der Vorstel- lungskraft der Seele nennen, durch dessen thierische Bewe- gungen sie ihre Kraft in Wirkung setzet und erhält, und oh- ne welche sie schlechterdings unthätig bleiben würde. Es ist ein von den Weltweisen schon eingeführter Ausdruck, diese mit den Vorstellungen der Seele natürlich nothwendig ver- bundenen C 5
2 Abſchn. Des Gehirns. man wolle, muß in einer Bewegung beſtehen, und dasHirnmark muß alſo eine bewegende Kraft beſitzen, die mit der Vorſtellungskraft uͤbereinſtimmig wirket, ſo daß mit je- der beſondern Art der Vorſtellungen jederzeit eine gewiſſe Art thieriſcher Bewegungen §. 6. und mit dieſen thieri- ſchen Bewegungen jederzeit eine gewiſſe Art von Vorſtel- lungen verbunden iſt, zumal da man aus vielen Beobach- tungen weiß, daß von gewiſſen Verletzungen mancher Thei- le des Hirnmarks, und beſonders ſolcher, aus welchen Em- pfindungsnerven §. 14. entſpringen, gewiſſe Arten der Vor- ſtellungen, z. E. gewiſſe Empfindungen und die davon her- ruͤhrenden Einbildungen, Begierden, Triebe, und andere Gemuͤthskraͤfte gehindert werden oder gaͤnzlich ſchwinden. H. gr. P. 4 Th. 10 B. 7 Abſch. §. 15. 16. 22. Dieſe bewegende Kraft des Gehirns, die ſich an die Vorſtellungs- kraft der Seele bindet, iſt eine thieriſche Seelenkraft, §. 6. und hieraus folget der allgemeine Grundſatz in der Leh- re von der Gemeinſchaft des Leibes und der Seele, daß das Hirnmark eine thieriſche Seelenkraft beſitze, vermoͤge welcher es fuͤr jede Vorſtellung in der See- le, ſie ſey Empfindung, Einbildung, Begierde, Be- trachtung oder Einfluß, eine gewiſſe dazu erforder- liche thieriſche Bewegung in ſich hervorbringt, oh- ne welche die Vorſtellung in der Seele weder ent- ſtehen noch fortdauren kann, und mit welcher ſie unausbleiblich entſtehet und fortdauret. Dieſe thie- riſche Seelenkraft iſt dem Gehirne eigenthuͤmlich und kei- ner andern thieriſchen Maſchine eigen, weil ſich in keiner, außer im Gehirne, von irgend einer thieriſchen Bewegung Vorſtellungen entwickeln. §. 10. Man kann alſo das Hirnmark mit Recht das einzige Jnſtrument der Vorſtel- lungskraft der Seele nennen, durch deſſen thieriſche Bewe- gungen ſie ihre Kraft in Wirkung ſetzet und erhaͤlt, und oh- ne welche ſie ſchlechterdings unthaͤtig bleiben wuͤrde. Es iſt ein von den Weltweiſen ſchon eingefuͤhrter Ausdruck, dieſe mit den Vorſtellungen der Seele natuͤrlich nothwendig ver- bundenen C 5
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2 Abſchn. Des Gehirns.
man wolle, muß in einer Bewegung beſtehen, und das
Hirnmark muß alſo eine bewegende Kraft beſitzen, die mit
der Vorſtellungskraft uͤbereinſtimmig wirket, ſo daß mit je-
der beſondern Art der Vorſtellungen jederzeit eine gewiſſe
Art thieriſcher Bewegungen §. 6. und mit dieſen thieri-
ſchen Bewegungen jederzeit eine gewiſſe Art von Vorſtel-
lungen verbunden iſt, zumal da man aus vielen Beobach-
tungen weiß, daß von gewiſſen Verletzungen mancher Thei-
le des Hirnmarks, und beſonders ſolcher, aus welchen Em-
pfindungsnerven §. 14. entſpringen, gewiſſe Arten der Vor-
ſtellungen, z. E. gewiſſe Empfindungen und die davon her-
ruͤhrenden Einbildungen, Begierden, Triebe, und andere
Gemuͤthskraͤfte gehindert werden oder gaͤnzlich ſchwinden.
H. gr. P. 4 Th. 10 B. 7 Abſch. §. 15. 16. 22. Dieſe
bewegende Kraft des Gehirns, die ſich an die Vorſtellungs-
kraft der Seele bindet, iſt eine thieriſche Seelenkraft, §. 6.
und hieraus folget der allgemeine Grundſatz in der Leh-
re von der Gemeinſchaft des Leibes und der Seele,
daß das Hirnmark eine thieriſche Seelenkraft beſitze,
vermoͤge welcher es fuͤr jede Vorſtellung in der See-
le, ſie ſey Empfindung, Einbildung, Begierde, Be-
trachtung oder Einfluß, eine gewiſſe dazu erforder-
liche thieriſche Bewegung in ſich hervorbringt, oh-
ne welche die Vorſtellung in der Seele weder ent-
ſtehen noch fortdauren kann, und mit welcher ſie
unausbleiblich entſtehet und fortdauret. Dieſe thie-
riſche Seelenkraft iſt dem Gehirne eigenthuͤmlich und kei-
ner andern thieriſchen Maſchine eigen, weil ſich in keiner,
außer im Gehirne, von irgend einer thieriſchen Bewegung
Vorſtellungen entwickeln. §. 10. Man kann alſo das
Hirnmark mit Recht das einzige Jnſtrument der Vorſtel-
lungskraft der Seele nennen, durch deſſen thieriſche Bewe-
gungen ſie ihre Kraft in Wirkung ſetzet und erhaͤlt, und oh-
ne welche ſie ſchlechterdings unthaͤtig bleiben wuͤrde. Es iſt
ein von den Weltweiſen ſchon eingefuͤhrter Ausdruck, dieſe
mit den Vorſtellungen der Seele natuͤrlich nothwendig ver-
bundenen
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