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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
chen Eindrücke auf eine entfernte Weise Seelenwirkungen
eigenmächtiger Vorstellungen durch die Nerven in den me-
chanischen Maschinen veranlassen, eben so können auch die
unempfundenen Nervenwirkungen innerer ohne Vorstellun-
gen veranlassen, die eben dieselben thierischen Bewegungen
sind, welche die eigenmächtigen von ihrer Empfindung ver-
anlaßten sinnlichen Vorstellungen als ihre Seelenwirkun-
gen hervorbringen würden, oder zugleich wirklich hervor-
bringen, wenn sie nur, ehe sie zum Ursprunge ihres Ner-
ven gelangen, so gewendet werden, daß sie eben die Ner-
ven auf ähnliche Art innerlich sinnlich rühren, und hernach
als innere sinnliche Eindrücke ohne Vorstellungen durch
eben die Zweige bis in die mechanische Maschine abgehen,
welche die eigenmächtige Vorstellung sinnlich rühren, und
bis zu welcher ihr innerer sinnlicher Eindruck abgehen wür-
de. §. 436. Es ist oben schon überhaupt gezeiget worden,
daß die Körper der Thiere so eingerichtet worden seyn kön-
nen, daß die äußern sinnlichen Eindrücke auf ihrem Wege
zum Gehirn hier und da auf andre Nervenzweige und Ner-
ven reflektiret werden, und dadurch gewisse mechanische
Maschinen durch eine mittelbare Nervenwirkung in thieri-
sche Bewegung setzen, daß in der äußern Empfindung, die
eben derselbe äußere sinnliche Eindruck bey seiner Umwen-
dung im Gehirne erzeuget, von dieser unterwegens gesche-
henen Reflexion ein Merkmal mit enthalten seyn könne,
welches die Vorstellungskraft bey dieser äußern Empfin-
dung veranlasset, eine gewisse eigenmächtige Nebenvorstel-
lung, Einbildung, Vorhersehung, Leidenschaft etc. zu for-
miren, von welcher die besagte mittelbare Nervenwirkung
die gewöhnliche Seelenwirkung in derselben Maschine ist,
und daß solchergestalt diese thierische Bewegung zugleich
die mittelbare Nervenwirkung des äußern sinnlichen Ein-
drucks und zugleich die Seelenwirkung einer von der Seele
mit seiner Empfindung ganz willkührlich oder zufällig ver-
knüpften eigenmächtigen Vorstellung werde. §. 438. 439.
Es sind auch Erfahrungen angeführet worden, §. 437.

die

II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr.
chen Eindruͤcke auf eine entfernte Weiſe Seelenwirkungen
eigenmaͤchtiger Vorſtellungen durch die Nerven in den me-
chaniſchen Maſchinen veranlaſſen, eben ſo koͤnnen auch die
unempfundenen Nervenwirkungen innerer ohne Vorſtellun-
gen veranlaſſen, die eben dieſelben thieriſchen Bewegungen
ſind, welche die eigenmaͤchtigen von ihrer Empfindung ver-
anlaßten ſinnlichen Vorſtellungen als ihre Seelenwirkun-
gen hervorbringen wuͤrden, oder zugleich wirklich hervor-
bringen, wenn ſie nur, ehe ſie zum Urſprunge ihres Ner-
ven gelangen, ſo gewendet werden, daß ſie eben die Ner-
ven auf aͤhnliche Art innerlich ſinnlich ruͤhren, und hernach
als innere ſinnliche Eindruͤcke ohne Vorſtellungen durch
eben die Zweige bis in die mechaniſche Maſchine abgehen,
welche die eigenmaͤchtige Vorſtellung ſinnlich ruͤhren, und
bis zu welcher ihr innerer ſinnlicher Eindruck abgehen wuͤr-
de. §. 436. Es iſt oben ſchon uͤberhaupt gezeiget worden,
daß die Koͤrper der Thiere ſo eingerichtet worden ſeyn koͤn-
nen, daß die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke auf ihrem Wege
zum Gehirn hier und da auf andre Nervenzweige und Ner-
ven reflektiret werden, und dadurch gewiſſe mechaniſche
Maſchinen durch eine mittelbare Nervenwirkung in thieri-
ſche Bewegung ſetzen, daß in der aͤußern Empfindung, die
eben derſelbe aͤußere ſinnliche Eindruck bey ſeiner Umwen-
dung im Gehirne erzeuget, von dieſer unterwegens geſche-
henen Reflexion ein Merkmal mit enthalten ſeyn koͤnne,
welches die Vorſtellungskraft bey dieſer aͤußern Empfin-
dung veranlaſſet, eine gewiſſe eigenmaͤchtige Nebenvorſtel-
lung, Einbildung, Vorherſehung, Leidenſchaft ꝛc. zu for-
miren, von welcher die beſagte mittelbare Nervenwirkung
die gewoͤhnliche Seelenwirkung in derſelben Maſchine iſt,
und daß ſolchergeſtalt dieſe thieriſche Bewegung zugleich
die mittelbare Nervenwirkung des aͤußern ſinnlichen Ein-
drucks und zugleich die Seelenwirkung einer von der Seele
mit ſeiner Empfindung ganz willkuͤhrlich oder zufaͤllig ver-
knuͤpften eigenmaͤchtigen Vorſtellung werde. §. 438. 439.
Es ſind auch Erfahrungen angefuͤhret worden, §. 437.

die
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[536/0560] II Th. Nervenkr. 4 K. Verh. zu den th. Seelenkr. chen Eindruͤcke auf eine entfernte Weiſe Seelenwirkungen eigenmaͤchtiger Vorſtellungen durch die Nerven in den me- chaniſchen Maſchinen veranlaſſen, eben ſo koͤnnen auch die unempfundenen Nervenwirkungen innerer ohne Vorſtellun- gen veranlaſſen, die eben dieſelben thieriſchen Bewegungen ſind, welche die eigenmaͤchtigen von ihrer Empfindung ver- anlaßten ſinnlichen Vorſtellungen als ihre Seelenwirkun- gen hervorbringen wuͤrden, oder zugleich wirklich hervor- bringen, wenn ſie nur, ehe ſie zum Urſprunge ihres Ner- ven gelangen, ſo gewendet werden, daß ſie eben die Ner- ven auf aͤhnliche Art innerlich ſinnlich ruͤhren, und hernach als innere ſinnliche Eindruͤcke ohne Vorſtellungen durch eben die Zweige bis in die mechaniſche Maſchine abgehen, welche die eigenmaͤchtige Vorſtellung ſinnlich ruͤhren, und bis zu welcher ihr innerer ſinnlicher Eindruck abgehen wuͤr- de. §. 436. Es iſt oben ſchon uͤberhaupt gezeiget worden, daß die Koͤrper der Thiere ſo eingerichtet worden ſeyn koͤn- nen, daß die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke auf ihrem Wege zum Gehirn hier und da auf andre Nervenzweige und Ner- ven reflektiret werden, und dadurch gewiſſe mechaniſche Maſchinen durch eine mittelbare Nervenwirkung in thieri- ſche Bewegung ſetzen, daß in der aͤußern Empfindung, die eben derſelbe aͤußere ſinnliche Eindruck bey ſeiner Umwen- dung im Gehirne erzeuget, von dieſer unterwegens geſche- henen Reflexion ein Merkmal mit enthalten ſeyn koͤnne, welches die Vorſtellungskraft bey dieſer aͤußern Empfin- dung veranlaſſet, eine gewiſſe eigenmaͤchtige Nebenvorſtel- lung, Einbildung, Vorherſehung, Leidenſchaft ꝛc. zu for- miren, von welcher die beſagte mittelbare Nervenwirkung die gewoͤhnliche Seelenwirkung in derſelben Maſchine iſt, und daß ſolchergeſtalt dieſe thieriſche Bewegung zugleich die mittelbare Nervenwirkung des aͤußern ſinnlichen Ein- drucks und zugleich die Seelenwirkung einer von der Seele mit ſeiner Empfindung ganz willkuͤhrlich oder zufaͤllig ver- knuͤpften eigenmaͤchtigen Vorſtellung werde. §. 438. 439. Es ſind auch Erfahrungen angefuͤhret worden, §. 437. die

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 536. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/560>, abgerufen am 23.07.2024.