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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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2 Abschn. insbesondre.
in der Strucktur ihnen ähnlicher Thiere, erfolgen gewöhnlich
durch die thierischen Seelenkräfte sowohl der äußern Em-
pfindungen, als andrer sinnlicher Vorstellungen. §. 178. 179.
Nichtsdestoweniger sind doch Spuren genug vorhanden, daß
auch bey diesem Geschäfte die thierischen Seelenkräfte nur
zugleich mitwirken, und daß sie durch die Nervenkraft äuße-
rer sinnlicher Eindrücke allein, und oft als unmittelbare Ner-
venwirkungen derselben ebenfalls bewerkstelliget werden kön-
nen. So groß die Empfindlichkeit der Geilen ist, §. 178.
so geschieht doch die Absonderung, die ihre natürliche thieri-
sche Verrichtung ist, nicht allein überhaupt ohne alle Em-
pfindung, sondern auch in den Fällen, wo sie durch äußere
sinnliche Eindrücke der samenvermehrenden und dadurch zur
Wollust reizenden Speisen, Getränke und Arzneyen in die
Geilen unmittelbar vermehret wird, mithin als eine unmit-
telbare Nervenwirkung von äußern sinnlichen Eindrücken.
§. 418. Auch wird die Aufrichtung der Ruthe durch einen äu-
ßern sinnlichen Eindruck in die Nerven, welcher unmittelbar
die zurückführenden Adern, wahrscheinlicher Weise auf die
oben §. 463. schon erwähnte Art, zusammenschnüret, sehr
oft im Schlafe und in Krankheiten ohne äußere Empfindung,
mithin als eine unmittelbare Nervenwirkung äußerer sinnli-
cher Eindrücke bewerkstelliget. Die Gebährmutter der weib-
lichen Thiere hat eine eben so lebhafte Reizbarkeit, als die
Gedärme selbst besitzen. v. Hall. op. min. T. 1. p. 384. Ja
endlich hat man zum öftern manche Thiere, nachdem sie
enthauptet worden, das ganze Geschäft der Begattung
verrichten sehen, wie solches noch neuerlich Bibiena von den
Schmetterlingen der Seidenwürmer erzählet, die sich be-
gattet, und Eyer geleget haben. Es ist dieß eine Vollziehung
der natürlichen Triebe durch bloße Nervenwirkungen von
äußern sinnlichen Eindrücken, wovon schon §. 454. Er-
wähnung geschehen ist. (vergl. §. 269.)

Drittes

2 Abſchn. insbeſondre.
in der Strucktur ihnen aͤhnlicher Thiere, erfolgen gewoͤhnlich
durch die thieriſchen Seelenkraͤfte ſowohl der aͤußern Em-
pfindungen, als andrer ſinnlicher Vorſtellungen. §. 178. 179.
Nichtsdeſtoweniger ſind doch Spuren genug vorhanden, daß
auch bey dieſem Geſchaͤfte die thieriſchen Seelenkraͤfte nur
zugleich mitwirken, und daß ſie durch die Nervenkraft aͤuße-
rer ſinnlicher Eindruͤcke allein, und oft als unmittelbare Ner-
venwirkungen derſelben ebenfalls bewerkſtelliget werden koͤn-
nen. So groß die Empfindlichkeit der Geilen iſt, §. 178.
ſo geſchieht doch die Abſonderung, die ihre natuͤrliche thieri-
ſche Verrichtung iſt, nicht allein uͤberhaupt ohne alle Em-
pfindung, ſondern auch in den Faͤllen, wo ſie durch aͤußere
ſinnliche Eindruͤcke der ſamenvermehrenden und dadurch zur
Wolluſt reizenden Speiſen, Getraͤnke und Arzneyen in die
Geilen unmittelbar vermehret wird, mithin als eine unmit-
telbare Nervenwirkung von aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken.
§. 418. Auch wird die Aufrichtung der Ruthe durch einen aͤu-
ßern ſinnlichen Eindruck in die Nerven, welcher unmittelbar
die zuruͤckfuͤhrenden Adern, wahrſcheinlicher Weiſe auf die
oben §. 463. ſchon erwaͤhnte Art, zuſammenſchnuͤret, ſehr
oft im Schlafe und in Krankheiten ohne aͤußere Empfindung,
mithin als eine unmittelbare Nervenwirkung aͤußerer ſinnli-
cher Eindruͤcke bewerkſtelliget. Die Gebaͤhrmutter der weib-
lichen Thiere hat eine eben ſo lebhafte Reizbarkeit, als die
Gedaͤrme ſelbſt beſitzen. v. Hall. op. min. T. 1. p. 384. Ja
endlich hat man zum oͤftern manche Thiere, nachdem ſie
enthauptet worden, das ganze Geſchaͤft der Begattung
verrichten ſehen, wie ſolches noch neuerlich Bibiena von den
Schmetterlingen der Seidenwuͤrmer erzaͤhlet, die ſich be-
gattet, und Eyer geleget haben. Es iſt dieß eine Vollziehung
der natuͤrlichen Triebe durch bloße Nervenwirkungen von
aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, wovon ſchon §. 454. Er-
waͤhnung geſchehen iſt. (vergl. §. 269.)

Drittes
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[479/0503] 2 Abſchn. insbeſondre. in der Strucktur ihnen aͤhnlicher Thiere, erfolgen gewoͤhnlich durch die thieriſchen Seelenkraͤfte ſowohl der aͤußern Em- pfindungen, als andrer ſinnlicher Vorſtellungen. §. 178. 179. Nichtsdeſtoweniger ſind doch Spuren genug vorhanden, daß auch bey dieſem Geſchaͤfte die thieriſchen Seelenkraͤfte nur zugleich mitwirken, und daß ſie durch die Nervenkraft aͤuße- rer ſinnlicher Eindruͤcke allein, und oft als unmittelbare Ner- venwirkungen derſelben ebenfalls bewerkſtelliget werden koͤn- nen. So groß die Empfindlichkeit der Geilen iſt, §. 178. ſo geſchieht doch die Abſonderung, die ihre natuͤrliche thieri- ſche Verrichtung iſt, nicht allein uͤberhaupt ohne alle Em- pfindung, ſondern auch in den Faͤllen, wo ſie durch aͤußere ſinnliche Eindruͤcke der ſamenvermehrenden und dadurch zur Wolluſt reizenden Speiſen, Getraͤnke und Arzneyen in die Geilen unmittelbar vermehret wird, mithin als eine unmit- telbare Nervenwirkung von aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken. §. 418. Auch wird die Aufrichtung der Ruthe durch einen aͤu- ßern ſinnlichen Eindruck in die Nerven, welcher unmittelbar die zuruͤckfuͤhrenden Adern, wahrſcheinlicher Weiſe auf die oben §. 463. ſchon erwaͤhnte Art, zuſammenſchnuͤret, ſehr oft im Schlafe und in Krankheiten ohne aͤußere Empfindung, mithin als eine unmittelbare Nervenwirkung aͤußerer ſinnli- cher Eindruͤcke bewerkſtelliget. Die Gebaͤhrmutter der weib- lichen Thiere hat eine eben ſo lebhafte Reizbarkeit, als die Gedaͤrme ſelbſt beſitzen. v. Hall. op. min. T. 1. p. 384. Ja endlich hat man zum oͤftern manche Thiere, nachdem ſie enthauptet worden, das ganze Geſchaͤft der Begattung verrichten ſehen, wie ſolches noch neuerlich Bibiena von den Schmetterlingen der Seidenwuͤrmer erzaͤhlet, die ſich be- gattet, und Eyer geleget haben. Es iſt dieß eine Vollziehung der natuͤrlichen Triebe durch bloße Nervenwirkungen von aͤußern ſinnlichen Eindruͤcken, wovon ſchon §. 454. Er- waͤhnung geſchehen iſt. (vergl. §. 269.) Drittes

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/503>, abgerufen am 04.07.2024.