"nigen Bewegung, welche von dem reizbaren Wesen der "Muskeln ihren Ursprung bekömmt." (Es sind also blos die mittelbaren Nervenwirkungen der unempfunde- nen äußern sinnlichen Eindrücke gemeynet.) "Man er- "sieht also," heißt es ferner, und ohne daß man einse- hen kann, wie sich dieß mit dem Obigen reimen lasse, "daß sich zwar die Ursache der Bewegung durch die Ner- "ven fortpflanze; es mag aber mit dieser Ursache eine "Bewandtniß haben, wie es wolle, so sieht man doch, "daß sie eine Zeitlang im Nerven vollständig und wirk- "sam fortdaure, wenn dieser Nerve gleich vom Gehirne "getrennet ist, und er diese bewegende Kraft itzo nicht "mehr vom Gehirne bekommen kann." S. 530. Die- ser klare Widerspruch fällt weg, sobald man diese Kräm- pfe für mittelbare Nervenwirkungen unempfundener äu- ßerer sinnlicher Eindrücke erkennet, die nie der Mitwir- kung oder Gegenwart des Gehirns bedürfen. §. 422.
§. 433.
Wenn ein äußerer sinnlicher Eindruck empfunden wird, so ist er der Seele entweder angenehm, oder unangenehm. §. 187. Dieser Unterschied liegt in ihm selbst, §. 186. und es ist also ein äußerer sinnlicher Eindruck, der nicht empfunden wird, der aber, wenn er empfunden würde, an- genehm wäre, von ganz andrer Art, und bringt ganz an- dre Nervenwirkungen hervor, als einer, der, wenn man ihn empfände, unangenehm seyn würde. §. 189. Da nun die Nervenwirkungen eines äußern sinnlichen Eindrucks eben dieselben sind, er mag empfunden werden, das ist, sie mögen zugleich Seelenwirkungen äußerer Empfindungen seyn, oder nicht, §. 364. N. 3. so muß ein äußerer sinnli- cher Eindruck, der eine angenehme äußere Empfinduug ver- ursachen könnte, eben solche thierische Bewegungen im Kör- per hervorbringen, wie die angenehme Empfindung dessel- ben, und einer, der eine unangenehme äußere Empfindung verursachen könnte, eben solche thierische Bewegungen wir-
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1 Abſchn. uͤberhaupt.
„nigen Bewegung, welche von dem reizbaren Weſen der „Muskeln ihren Urſprung bekoͤmmt.“ (Es ſind alſo blos die mittelbaren Nervenwirkungen der unempfunde- nen aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke gemeynet.) „Man er- „ſieht alſo,“ heißt es ferner, und ohne daß man einſe- hen kann, wie ſich dieß mit dem Obigen reimen laſſe, „daß ſich zwar die Urſache der Bewegung durch die Ner- „ven fortpflanze; es mag aber mit dieſer Urſache eine „Bewandtniß haben, wie es wolle, ſo ſieht man doch, „daß ſie eine Zeitlang im Nerven vollſtaͤndig und wirk- „ſam fortdaure, wenn dieſer Nerve gleich vom Gehirne „getrennet iſt, und er dieſe bewegende Kraft itzo nicht „mehr vom Gehirne bekommen kann.“ S. 530. Die- ſer klare Widerſpruch faͤllt weg, ſobald man dieſe Kraͤm- pfe fuͤr mittelbare Nervenwirkungen unempfundener aͤu- ßerer ſinnlicher Eindruͤcke erkennet, die nie der Mitwir- kung oder Gegenwart des Gehirns beduͤrfen. §. 422.
§. 433.
Wenn ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck empfunden wird, ſo iſt er der Seele entweder angenehm, oder unangenehm. §. 187. Dieſer Unterſchied liegt in ihm ſelbſt, §. 186. und es iſt alſo ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck, der nicht empfunden wird, der aber, wenn er empfunden wuͤrde, an- genehm waͤre, von ganz andrer Art, und bringt ganz an- dre Nervenwirkungen hervor, als einer, der, wenn man ihn empfaͤnde, unangenehm ſeyn wuͤrde. §. 189. Da nun die Nervenwirkungen eines aͤußern ſinnlichen Eindrucks eben dieſelben ſind, er mag empfunden werden, das iſt, ſie moͤgen zugleich Seelenwirkungen aͤußerer Empfindungen ſeyn, oder nicht, §. 364. N. 3. ſo muß ein aͤußerer ſinnli- cher Eindruck, der eine angenehme aͤußere Empfinduug ver- urſachen koͤnnte, eben ſolche thieriſche Bewegungen im Koͤr- per hervorbringen, wie die angenehme Empfindung deſſel- ben, und einer, der eine unangenehme aͤußere Empfindung verurſachen koͤnnte, eben ſolche thieriſche Bewegungen wir-
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1 Abſchn. uͤberhaupt.
„nigen Bewegung, welche von dem reizbaren Weſen der
„Muskeln ihren Urſprung bekoͤmmt.“ (Es ſind alſo
blos die mittelbaren Nervenwirkungen der unempfunde-
nen aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke gemeynet.) „Man er-
„ſieht alſo,“ heißt es ferner, und ohne daß man einſe-
hen kann, wie ſich dieß mit dem Obigen reimen laſſe,
„daß ſich zwar die Urſache der Bewegung durch die Ner-
„ven fortpflanze; es mag aber mit dieſer Urſache eine
„Bewandtniß haben, wie es wolle, ſo ſieht man doch,
„daß ſie eine Zeitlang im Nerven vollſtaͤndig und wirk-
„ſam fortdaure, wenn dieſer Nerve gleich vom Gehirne
„getrennet iſt, und er dieſe bewegende Kraft itzo nicht
„mehr vom Gehirne bekommen kann.“ S. 530. Die-
ſer klare Widerſpruch faͤllt weg, ſobald man dieſe Kraͤm-
pfe fuͤr mittelbare Nervenwirkungen unempfundener aͤu-
ßerer ſinnlicher Eindruͤcke erkennet, die nie der Mitwir-
kung oder Gegenwart des Gehirns beduͤrfen. §. 422.
§. 433.
Wenn ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck empfunden wird,
ſo iſt er der Seele entweder angenehm, oder unangenehm.
§. 187. Dieſer Unterſchied liegt in ihm ſelbſt, §. 186.
und es iſt alſo ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck, der nicht
empfunden wird, der aber, wenn er empfunden wuͤrde, an-
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ihn empfaͤnde, unangenehm ſeyn wuͤrde. §. 189. Da nun
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/461>, abgerufen am 21.11.2024.
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