Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

1 Abschn. überhaupt.
doch zur Erklärung des Fortgangs der sinnlichen Eindrü-
cke in den Nerven nicht einmal anwenden lassen, §. 32.
würde es nicht folgen, da eine Bewegung sich in vielerley
Fällen andern Körpern nur zum Theile mittheilet, da in-
dessen der übrige Theil ihrer Kraft in ihnen weiter geht
und fortwirket. Vielmehr sieht man zum öftern, daß ein
äußerer sinnlicher Eindruck, der in gewissen mechanischen
Maschinen unmittelbar oder mittelbar Nervenwirkungen
hervorbringt, zu gleicher Zeit auch in andern, die von an-
dern Nervenzweigen regieret werden, dergleichen äußere,
ja daß er auch empfunden werde, und eben dieselben Be-
wegungen durch den innern sinnlichen Eindruck der äußern
Empfindung zugleich als Seelenwirkungen hervorbringe.
§. 363. 364. N. 2. So verrichtet ein äußerer sinnlicher
Eindruck in die Gedärme die unmittelbare Nervenwirkung,
daß sich die mit einer Nadel berührte Stelle krampfhaft zu-
sammenzieht: denn dieß geschieht sogar bey ausgeschnitte-
nen Gedärmen. §. 418. Es erfolgen aber auch krampf-
hafte Windungen von demselben äußern sinnlichen Eindru-
cke in der ganzen Reihe aller Gedärme, ob sie gleich aus-
geschnitten sind, und dieß ist die mittelbare Nervenwirkung
davon. §. 419. (Vergl. §. 447.) Endlich geschieht
auch beydes in Thieren vom Schmerze, den dieser äußere
sinnliche Eindruck ihnen verursachet, wenn die Gedärme
noch in ihrem Leibe sind, mithin als eine Seelenwirkung
der äußern Empfindung von diesem äußern sinnlichen Ein-
drucke. §. 98.

§. 424.

Eine unmittelbare Nervenwirkung durch einen äußern
sinnlichen Eindruck kann nicht entstehen, oder wird ge-
hindert:

1. Wenn die mechanische Maschine, die sie verrichten
soll, keinen ihr einverleibten Nerven hat. §. 418. N. 1.
2. Wenn ihr Nerve nicht, oder nicht hinlänglich ge-
rühret wird, daß sein Mark davon einen äußern sinnlichen
Eindruck
D d 4

1 Abſchn. uͤberhaupt.
doch zur Erklaͤrung des Fortgangs der ſinnlichen Eindruͤ-
cke in den Nerven nicht einmal anwenden laſſen, §. 32.
wuͤrde es nicht folgen, da eine Bewegung ſich in vielerley
Faͤllen andern Koͤrpern nur zum Theile mittheilet, da in-
deſſen der uͤbrige Theil ihrer Kraft in ihnen weiter geht
und fortwirket. Vielmehr ſieht man zum oͤftern, daß ein
aͤußerer ſinnlicher Eindruck, der in gewiſſen mechaniſchen
Maſchinen unmittelbar oder mittelbar Nervenwirkungen
hervorbringt, zu gleicher Zeit auch in andern, die von an-
dern Nervenzweigen regieret werden, dergleichen aͤußere,
ja daß er auch empfunden werde, und eben dieſelben Be-
wegungen durch den innern ſinnlichen Eindruck der aͤußern
Empfindung zugleich als Seelenwirkungen hervorbringe.
§. 363. 364. N. 2. So verrichtet ein aͤußerer ſinnlicher
Eindruck in die Gedaͤrme die unmittelbare Nervenwirkung,
daß ſich die mit einer Nadel beruͤhrte Stelle krampfhaft zu-
ſammenzieht: denn dieß geſchieht ſogar bey ausgeſchnitte-
nen Gedaͤrmen. §. 418. Es erfolgen aber auch krampf-
hafte Windungen von demſelben aͤußern ſinnlichen Eindru-
cke in der ganzen Reihe aller Gedaͤrme, ob ſie gleich aus-
geſchnitten ſind, und dieß iſt die mittelbare Nervenwirkung
davon. §. 419. (Vergl. §. 447.) Endlich geſchieht
auch beydes in Thieren vom Schmerze, den dieſer aͤußere
ſinnliche Eindruck ihnen verurſachet, wenn die Gedaͤrme
noch in ihrem Leibe ſind, mithin als eine Seelenwirkung
der aͤußern Empfindung von dieſem aͤußern ſinnlichen Ein-
drucke. §. 98.

§. 424.

Eine unmittelbare Nervenwirkung durch einen aͤußern
ſinnlichen Eindruck kann nicht entſtehen, oder wird ge-
hindert:

1. Wenn die mechaniſche Maſchine, die ſie verrichten
ſoll, keinen ihr einverleibten Nerven hat. §. 418. N. 1.
2. Wenn ihr Nerve nicht, oder nicht hinlaͤnglich ge-
ruͤhret wird, daß ſein Mark davon einen aͤußern ſinnlichen
Eindruck
D d 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0447" n="423"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">1 Ab&#x017F;chn. u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
doch zur Erkla&#x0364;rung des Fortgangs der &#x017F;innlichen Eindru&#x0364;-<lb/>
cke in den Nerven nicht einmal anwenden la&#x017F;&#x017F;en, §. 32.<lb/>
wu&#x0364;rde es nicht folgen, da eine Bewegung &#x017F;ich in vielerley<lb/>
Fa&#x0364;llen andern Ko&#x0364;rpern nur zum Theile mittheilet, da in-<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en der u&#x0364;brige Theil ihrer Kraft in ihnen weiter geht<lb/>
und fortwirket. Vielmehr &#x017F;ieht man zum o&#x0364;ftern, daß ein<lb/>
a&#x0364;ußerer &#x017F;innlicher Eindruck, der in gewi&#x017F;&#x017F;en mechani&#x017F;chen<lb/>
Ma&#x017F;chinen unmittelbar oder mittelbar Nervenwirkungen<lb/>
hervorbringt, zu gleicher Zeit auch in andern, die von an-<lb/>
dern Nervenzweigen regieret werden, dergleichen a&#x0364;ußere,<lb/>
ja daß er auch empfunden werde, und eben die&#x017F;elben Be-<lb/>
wegungen durch den innern &#x017F;innlichen Eindruck der a&#x0364;ußern<lb/>
Empfindung zugleich als Seelenwirkungen hervorbringe.<lb/>
§. 363. 364. <hi rendition="#aq">N.</hi> 2. So verrichtet ein a&#x0364;ußerer &#x017F;innlicher<lb/>
Eindruck in die Geda&#x0364;rme die unmittelbare Nervenwirkung,<lb/>
daß &#x017F;ich die mit einer Nadel beru&#x0364;hrte Stelle krampfhaft zu-<lb/>
&#x017F;ammenzieht: denn dieß ge&#x017F;chieht &#x017F;ogar bey ausge&#x017F;chnitte-<lb/>
nen Geda&#x0364;rmen. §. 418. Es erfolgen aber auch krampf-<lb/>
hafte Windungen von dem&#x017F;elben a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Eindru-<lb/>
cke in der ganzen Reihe aller Geda&#x0364;rme, ob &#x017F;ie gleich aus-<lb/>
ge&#x017F;chnitten &#x017F;ind, und dieß i&#x017F;t die mittelbare Nervenwirkung<lb/>
davon. §. 419. (Vergl. §. 447.) Endlich ge&#x017F;chieht<lb/>
auch beydes in Thieren vom Schmerze, den die&#x017F;er a&#x0364;ußere<lb/>
&#x017F;innliche Eindruck ihnen verur&#x017F;achet, wenn die Geda&#x0364;rme<lb/>
noch in ihrem Leibe &#x017F;ind, mithin als eine Seelenwirkung<lb/>
der a&#x0364;ußern Empfindung von die&#x017F;em a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Ein-<lb/>
drucke. §. 98.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 424.</head><lb/>
              <p>Eine unmittelbare Nervenwirkung durch einen a&#x0364;ußern<lb/>
&#x017F;innlichen Eindruck kann nicht ent&#x017F;tehen, oder wird ge-<lb/>
hindert:</p><lb/>
              <list>
                <item>1. Wenn die mechani&#x017F;che Ma&#x017F;chine, die &#x017F;ie verrichten<lb/>
&#x017F;oll, keinen ihr einverleibten Nerven hat. §. 418. <hi rendition="#aq">N.</hi> 1.</item><lb/>
                <item>2. Wenn ihr Nerve nicht, oder nicht hinla&#x0364;nglich ge-<lb/>
ru&#x0364;hret wird, daß &#x017F;ein Mark davon einen a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Eindruck</fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[423/0447] 1 Abſchn. uͤberhaupt. doch zur Erklaͤrung des Fortgangs der ſinnlichen Eindruͤ- cke in den Nerven nicht einmal anwenden laſſen, §. 32. wuͤrde es nicht folgen, da eine Bewegung ſich in vielerley Faͤllen andern Koͤrpern nur zum Theile mittheilet, da in- deſſen der uͤbrige Theil ihrer Kraft in ihnen weiter geht und fortwirket. Vielmehr ſieht man zum oͤftern, daß ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck, der in gewiſſen mechaniſchen Maſchinen unmittelbar oder mittelbar Nervenwirkungen hervorbringt, zu gleicher Zeit auch in andern, die von an- dern Nervenzweigen regieret werden, dergleichen aͤußere, ja daß er auch empfunden werde, und eben dieſelben Be- wegungen durch den innern ſinnlichen Eindruck der aͤußern Empfindung zugleich als Seelenwirkungen hervorbringe. §. 363. 364. N. 2. So verrichtet ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck in die Gedaͤrme die unmittelbare Nervenwirkung, daß ſich die mit einer Nadel beruͤhrte Stelle krampfhaft zu- ſammenzieht: denn dieß geſchieht ſogar bey ausgeſchnitte- nen Gedaͤrmen. §. 418. Es erfolgen aber auch krampf- hafte Windungen von demſelben aͤußern ſinnlichen Eindru- cke in der ganzen Reihe aller Gedaͤrme, ob ſie gleich aus- geſchnitten ſind, und dieß iſt die mittelbare Nervenwirkung davon. §. 419. (Vergl. §. 447.) Endlich geſchieht auch beydes in Thieren vom Schmerze, den dieſer aͤußere ſinnliche Eindruck ihnen verurſachet, wenn die Gedaͤrme noch in ihrem Leibe ſind, mithin als eine Seelenwirkung der aͤußern Empfindung von dieſem aͤußern ſinnlichen Ein- drucke. §. 98. §. 424. Eine unmittelbare Nervenwirkung durch einen aͤußern ſinnlichen Eindruck kann nicht entſtehen, oder wird ge- hindert: 1. Wenn die mechaniſche Maſchine, die ſie verrichten ſoll, keinen ihr einverleibten Nerven hat. §. 418. N. 1. 2. Wenn ihr Nerve nicht, oder nicht hinlaͤnglich ge- ruͤhret wird, daß ſein Mark davon einen aͤußern ſinnlichen Eindruck D d 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/447
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/447>, abgerufen am 03.12.2024.