äußere, welche insgesammt ihre besondern Nervenwirkun- gen haben, die sich miteinander verknüpfen und zusammen- hangende Handlungen von Nervenkräften formiren. Um dieses desto deutlicher zu zeigen, und nach und nach be- greiflicher und wahrscheinlicher zu machen, wie ein thieri- scher Körper ohne alle äußere Empfindungen und andre Vorstellungen, oder wenigstens unabhänglich von ihnen, blos durch die Nervenkräfte, eben so regieret, und in sei- nen sowohl natürlichen, als sonst willkührlichen Verrich- tungen eben so zusammenhangend und ordentlich zu wirken geleitet werden könne, als durch die äußern Empfindungen und eigenmächtigen sinnlichen Vorstellungen; müssen wir hier noch die Verhältniß der Nervenkräfte untereinander selbst betrachten, welche zur Erkenntniß dieser wichtigen Sache, die erst in den folgenden Kapiteln in ihr völliges Licht gesetzet werden kann, viel beytragen wird.
§. 398.
Es können beyderley sinnliche Eindrücke wechselsweise einander ohne Vermittelung der Vorstellungskraft hervor- bringen, und jeder von beyden kann in den mechanischen Maschinen sowohl dieselben, als auch andre thierische Be- wegungen zugleich und nacheinander wirken, und aus die- sem gegenseitigen Zusammenhange können ganze Reihen von Handlungen entstehen, die ein einziger sinnlicher Ein- druck nach sich zieht, und die durch die eigne thierische Kraft des Körpers verknüpfet werden, obgleich keine weder eine äußere Empfindung noch andre Vorstellung zum Grunde hat, ja obgleich das Thier, das sie verrichtet, weder Ge- hirn noch Seele besäße, oder ohne daß diese, wenn es sie besitzt, etwas dazu beytragen dürften. Nach diesem Lehr- satze ziehen wir also hier den Zusammenhang und wechsels- weisen Einfluß der Nervenkräfte ineinander, ganz ohne ihre Verhältniß gegen die thierischen Seelenkräfte, in Erwägung, so daß diese Lehren allgemein gelten, es mö- gen nun die äußern sinnlichen Eindrücke zugleich em-
pfunden,
1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
aͤußere, welche insgeſammt ihre beſondern Nervenwirkun- gen haben, die ſich miteinander verknuͤpfen und zuſammen- hangende Handlungen von Nervenkraͤften formiren. Um dieſes deſto deutlicher zu zeigen, und nach und nach be- greiflicher und wahrſcheinlicher zu machen, wie ein thieri- ſcher Koͤrper ohne alle aͤußere Empfindungen und andre Vorſtellungen, oder wenigſtens unabhaͤnglich von ihnen, blos durch die Nervenkraͤfte, eben ſo regieret, und in ſei- nen ſowohl natuͤrlichen, als ſonſt willkuͤhrlichen Verrich- tungen eben ſo zuſammenhangend und ordentlich zu wirken geleitet werden koͤnne, als durch die aͤußern Empfindungen und eigenmaͤchtigen ſinnlichen Vorſtellungen; muͤſſen wir hier noch die Verhaͤltniß der Nervenkraͤfte untereinander ſelbſt betrachten, welche zur Erkenntniß dieſer wichtigen Sache, die erſt in den folgenden Kapiteln in ihr voͤlliges Licht geſetzet werden kann, viel beytragen wird.
§. 398.
Es koͤnnen beyderley ſinnliche Eindruͤcke wechſelsweiſe einander ohne Vermittelung der Vorſtellungskraft hervor- bringen, und jeder von beyden kann in den mechaniſchen Maſchinen ſowohl dieſelben, als auch andre thieriſche Be- wegungen zugleich und nacheinander wirken, und aus die- ſem gegenſeitigen Zuſammenhange koͤnnen ganze Reihen von Handlungen entſtehen, die ein einziger ſinnlicher Ein- druck nach ſich zieht, und die durch die eigne thieriſche Kraft des Koͤrpers verknuͤpfet werden, obgleich keine weder eine aͤußere Empfindung noch andre Vorſtellung zum Grunde hat, ja obgleich das Thier, das ſie verrichtet, weder Ge- hirn noch Seele beſaͤße, oder ohne daß dieſe, wenn es ſie beſitzt, etwas dazu beytragen duͤrften. Nach dieſem Lehr- ſatze ziehen wir alſo hier den Zuſammenhang und wechſels- weiſen Einfluß der Nervenkraͤfte ineinander, ganz ohne ihre Verhaͤltniß gegen die thieriſchen Seelenkraͤfte, in Erwaͤgung, ſo daß dieſe Lehren allgemein gelten, es moͤ- gen nun die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke zugleich em-
pfunden,
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1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
aͤußere, welche insgeſammt ihre beſondern Nervenwirkun-
gen haben, die ſich miteinander verknuͤpfen und zuſammen-
hangende Handlungen von Nervenkraͤften formiren. Um
dieſes deſto deutlicher zu zeigen, und nach und nach be-
greiflicher und wahrſcheinlicher zu machen, wie ein thieri-
ſcher Koͤrper ohne alle aͤußere Empfindungen und andre
Vorſtellungen, oder wenigſtens unabhaͤnglich von ihnen,
blos durch die Nervenkraͤfte, eben ſo regieret, und in ſei-
nen ſowohl natuͤrlichen, als ſonſt willkuͤhrlichen Verrich-
tungen eben ſo zuſammenhangend und ordentlich zu wirken
geleitet werden koͤnne, als durch die aͤußern Empfindungen
und eigenmaͤchtigen ſinnlichen Vorſtellungen; muͤſſen wir
hier noch die Verhaͤltniß der Nervenkraͤfte untereinander
ſelbſt betrachten, welche zur Erkenntniß dieſer wichtigen
Sache, die erſt in den folgenden Kapiteln in ihr voͤlliges
Licht geſetzet werden kann, viel beytragen wird.
§. 398.
Es koͤnnen beyderley ſinnliche Eindruͤcke wechſelsweiſe
einander ohne Vermittelung der Vorſtellungskraft hervor-
bringen, und jeder von beyden kann in den mechaniſchen
Maſchinen ſowohl dieſelben, als auch andre thieriſche Be-
wegungen zugleich und nacheinander wirken, und aus die-
ſem gegenſeitigen Zuſammenhange koͤnnen ganze Reihen
von Handlungen entſtehen, die ein einziger ſinnlicher Ein-
druck nach ſich zieht, und die durch die eigne thieriſche Kraft
des Koͤrpers verknuͤpfet werden, obgleich keine weder eine
aͤußere Empfindung noch andre Vorſtellung zum Grunde
hat, ja obgleich das Thier, das ſie verrichtet, weder Ge-
hirn noch Seele beſaͤße, oder ohne daß dieſe, wenn es ſie
beſitzt, etwas dazu beytragen duͤrften. Nach dieſem Lehr-
ſatze ziehen wir alſo hier den Zuſammenhang und wechſels-
weiſen Einfluß der Nervenkraͤfte ineinander, ganz ohne
ihre Verhaͤltniß gegen die thieriſchen Seelenkraͤfte, in
Erwaͤgung, ſo daß dieſe Lehren allgemein gelten, es moͤ-
gen nun die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke zugleich em-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/419>, abgerufen am 21.11.2024.
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