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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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1 Kap. Die Nervenkräfte überhaupt.
das ganze thierische Leben zu schnell geendiget würde: denn
es muß wenigstens die übrige Strucktur des Nerven, der
finnlich gerühret werden soll, unverletzet bleiben, es müssen
noch einige Lebensgeister in ihm vorhanden seyn, er muß
vermögend seyn, die sinnlichen Eindrücke durch dieselben
in sich fortzupflanzen, die Theile müssen entweder noch eini-
ge Wärme, oder ihre natürliche Feuchtigkeit behalten, u.
s. w. H. P. §. 367. 960. Die größern vierfüßigen Thie-
re verbluten sich in so wenig Augenblicken, daß dem Her-
zen und den Schlagadern bald ihr natürlicher Reiz zu ih-
rer thierischen Bewegung mangelt, wodurch aller Umlauf
aufgehoben wird, alle Wärme verfliegt und alle Theile bald
trocknen. So lange inzwischen dieses noch nicht geschehen
ist, gehen auch an ihnen die Versuche von Statten; weit
besser und vollständiger aber an kleinern Thieren, z. E. an
Vögeln, Würmern und Jnsekten. Wie allgemein diese
Nervenkraft äußerer sinnlicher Eindrücke in den thierischen
Maschinen herrsche, wird aus dem zweyten Abschnitte des
folgenden Kapitels zu ersehen seyn. Bis dahin kann es
hinreichen, das Daseyn und die Wahrheit dieser Nerven-
kraft in den Thieren nur aus einigen von den deutlichsten
und lehrreichsten Erfahrungen zu beweisen. So vermeh-
ret ein äußerer sinnlicher Eindruck in die Nervenspitzen ei-
nes aus dem Körper herausgeschnittenen Muskels, oder des
Herzens, oder ausgeschnittener Gedärme, wenn man z. E.
ihre äußern oder innern Oberflächen ätzet, oder sticht, oder
sonst reizet, die thierische Bewegung derselben, ja stellet
sie, nachdem sie schon aufgehöret hat, eine Zeitlang wieder
her, wie er es im natürlichen Zustande der Thiere zu thun
pfleget, wenn er empfunden wird; §. 167. 170. So un-
terläuft eine Stelle des Fleisches, die gleich nach der Tren-
nung des Rumpfs vom Haupte stark geschlagen wird, eben
so mit Blute, wie es im natürlichen Zustande von der äu-
ßern Empfindung des Schlages geschieht; §. 207. so er-
gießen sich die Drüsen in den ausgeschnittenen Gedärmen
von einem äußern Reize; so reizen die äußern sinnlichen

Eindrücke

1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt.
das ganze thieriſche Leben zu ſchnell geendiget wuͤrde: denn
es muß wenigſtens die uͤbrige Strucktur des Nerven, der
finnlich geruͤhret werden ſoll, unverletzet bleiben, es muͤſſen
noch einige Lebensgeiſter in ihm vorhanden ſeyn, er muß
vermoͤgend ſeyn, die ſinnlichen Eindruͤcke durch dieſelben
in ſich fortzupflanzen, die Theile muͤſſen entweder noch eini-
ge Waͤrme, oder ihre natuͤrliche Feuchtigkeit behalten, u.
ſ. w. H. P. §. 367. 960. Die groͤßern vierfuͤßigen Thie-
re verbluten ſich in ſo wenig Augenblicken, daß dem Her-
zen und den Schlagadern bald ihr natuͤrlicher Reiz zu ih-
rer thieriſchen Bewegung mangelt, wodurch aller Umlauf
aufgehoben wird, alle Waͤrme verfliegt und alle Theile bald
trocknen. So lange inzwiſchen dieſes noch nicht geſchehen
iſt, gehen auch an ihnen die Verſuche von Statten; weit
beſſer und vollſtaͤndiger aber an kleinern Thieren, z. E. an
Voͤgeln, Wuͤrmern und Jnſekten. Wie allgemein dieſe
Nervenkraft aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke in den thieriſchen
Maſchinen herrſche, wird aus dem zweyten Abſchnitte des
folgenden Kapitels zu erſehen ſeyn. Bis dahin kann es
hinreichen, das Daſeyn und die Wahrheit dieſer Nerven-
kraft in den Thieren nur aus einigen von den deutlichſten
und lehrreichſten Erfahrungen zu beweiſen. So vermeh-
ret ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck in die Nervenſpitzen ei-
nes aus dem Koͤrper herausgeſchnittenen Muskels, oder des
Herzens, oder ausgeſchnittener Gedaͤrme, wenn man z. E.
ihre aͤußern oder innern Oberflaͤchen aͤtzet, oder ſticht, oder
ſonſt reizet, die thieriſche Bewegung derſelben, ja ſtellet
ſie, nachdem ſie ſchon aufgehoͤret hat, eine Zeitlang wieder
her, wie er es im natuͤrlichen Zuſtande der Thiere zu thun
pfleget, wenn er empfunden wird; §. 167. 170. So un-
terlaͤuft eine Stelle des Fleiſches, die gleich nach der Tren-
nung des Rumpfs vom Haupte ſtark geſchlagen wird, eben
ſo mit Blute, wie es im natuͤrlichen Zuſtande von der aͤu-
ßern Empfindung des Schlages geſchieht; §. 207. ſo er-
gießen ſich die Druͤſen in den ausgeſchnittenen Gedaͤrmen
von einem aͤußern Reize; ſo reizen die aͤußern ſinnlichen

Eindruͤcke
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[347/0371] 1 Kap. Die Nervenkraͤfte uͤberhaupt. das ganze thieriſche Leben zu ſchnell geendiget wuͤrde: denn es muß wenigſtens die uͤbrige Strucktur des Nerven, der finnlich geruͤhret werden ſoll, unverletzet bleiben, es muͤſſen noch einige Lebensgeiſter in ihm vorhanden ſeyn, er muß vermoͤgend ſeyn, die ſinnlichen Eindruͤcke durch dieſelben in ſich fortzupflanzen, die Theile muͤſſen entweder noch eini- ge Waͤrme, oder ihre natuͤrliche Feuchtigkeit behalten, u. ſ. w. H. P. §. 367. 960. Die groͤßern vierfuͤßigen Thie- re verbluten ſich in ſo wenig Augenblicken, daß dem Her- zen und den Schlagadern bald ihr natuͤrlicher Reiz zu ih- rer thieriſchen Bewegung mangelt, wodurch aller Umlauf aufgehoben wird, alle Waͤrme verfliegt und alle Theile bald trocknen. So lange inzwiſchen dieſes noch nicht geſchehen iſt, gehen auch an ihnen die Verſuche von Statten; weit beſſer und vollſtaͤndiger aber an kleinern Thieren, z. E. an Voͤgeln, Wuͤrmern und Jnſekten. Wie allgemein dieſe Nervenkraft aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke in den thieriſchen Maſchinen herrſche, wird aus dem zweyten Abſchnitte des folgenden Kapitels zu erſehen ſeyn. Bis dahin kann es hinreichen, das Daſeyn und die Wahrheit dieſer Nerven- kraft in den Thieren nur aus einigen von den deutlichſten und lehrreichſten Erfahrungen zu beweiſen. So vermeh- ret ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck in die Nervenſpitzen ei- nes aus dem Koͤrper herausgeſchnittenen Muskels, oder des Herzens, oder ausgeſchnittener Gedaͤrme, wenn man z. E. ihre aͤußern oder innern Oberflaͤchen aͤtzet, oder ſticht, oder ſonſt reizet, die thieriſche Bewegung derſelben, ja ſtellet ſie, nachdem ſie ſchon aufgehoͤret hat, eine Zeitlang wieder her, wie er es im natuͤrlichen Zuſtande der Thiere zu thun pfleget, wenn er empfunden wird; §. 167. 170. So un- terlaͤuft eine Stelle des Fleiſches, die gleich nach der Tren- nung des Rumpfs vom Haupte ſtark geſchlagen wird, eben ſo mit Blute, wie es im natuͤrlichen Zuſtande von der aͤu- ßern Empfindung des Schlages geſchieht; §. 207. ſo er- gießen ſich die Druͤſen in den ausgeſchnittenen Gedaͤrmen von einem aͤußern Reize; ſo reizen die aͤußern ſinnlichen Eindruͤcke

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/371>, abgerufen am 22.11.2024.