Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
der verständigen Lust und Unlust.
Wirkungen der verständigen Lust und Unlust durch
die Nerven in die mechanischen Ma-
schinen.
§. 333.

Die Lust und Unlust, die mit den allgemeinen Vorstel-
lungen des Verstandes verbunden ist, und sie zu Bewe-
gungsgründen machet, §. 88. wirket durch ihre sinnlichen
Eindrücke im Gehirne. §. 121. 80. auf die Lebensbewe-
gungen, die sie, nach Verhältniß ihrer Stärke, viel oder
wenig verändert. §. 250. 251. Es ist eine bekannte und
unstreitige Erfahrung, daß tiefes Nachdenken über allge-
meine Begriffe, Urtheile und Schlüsse, eine merkliche
Veränderung im Umlaufe des Bluts verursache, indem
dabey die Glieder erkalten, hingegen die Adern des Haupts
angefüllet werden, so daß sie stärker schlagen, eine Röthe
des Gesichts, eine Geschwulst des Haupts, Kopfweh, Hitze
im Gesichte und Schweiß der Stirne veranlassen. Bey
unangenehmen Ueberlegungen bemerket man am meisten,
diejenigen von diesen Veränderungen, die widernatürlich,
wiewohl sie auch den angenehmsten eigen sind, wenn man
sie übertreibt. Ein Nachdenken, das uns leicht wird und
angenehme Gegenstände betrifft, giebt dem Gesichte nur
eine lebhaftere Röthe und befördert die Ausdünstung des
Haupts: ein schweres hingegen, zumal über sehr unange-
nehme Dinge, verursachet den Blutschwindel, ein heftiges
Schlagen der Adern, und einen unmäßigen Schweiß, so
daß wir sagen, daß uns der Kopf rauche. Da aber mit
allen Bewegungsgründen, also mit aller verständigen Lust
oder Unlust, stets sinnliche Reizungen vergesellschaftet sind,
§. 251. so ist es nicht leicht, völlig zu entscheiden, ob diese
Wirkung der Bewegungsgründe in die Lebensbewegungen
eigentlich von der verständigen Lust oder Unlust selbst, oder
ob sie von den ihr beygeselleten sinnlichen Reizungen her-
rühre. §. 252. Jnzwischen scheint doch der Unterschied

der
X 3
der verſtaͤndigen Luſt und Unluſt.
Wirkungen der verſtaͤndigen Luſt und Unluſt durch
die Nerven in die mechaniſchen Ma-
ſchinen.
§. 333.

Die Luſt und Unluſt, die mit den allgemeinen Vorſtel-
lungen des Verſtandes verbunden iſt, und ſie zu Bewe-
gungsgruͤnden machet, §. 88. wirket durch ihre ſinnlichen
Eindruͤcke im Gehirne. §. 121. 80. auf die Lebensbewe-
gungen, die ſie, nach Verhaͤltniß ihrer Staͤrke, viel oder
wenig veraͤndert. §. 250. 251. Es iſt eine bekannte und
unſtreitige Erfahrung, daß tiefes Nachdenken uͤber allge-
meine Begriffe, Urtheile und Schluͤſſe, eine merkliche
Veraͤnderung im Umlaufe des Bluts verurſache, indem
dabey die Glieder erkalten, hingegen die Adern des Haupts
angefuͤllet werden, ſo daß ſie ſtaͤrker ſchlagen, eine Roͤthe
des Geſichts, eine Geſchwulſt des Haupts, Kopfweh, Hitze
im Geſichte und Schweiß der Stirne veranlaſſen. Bey
unangenehmen Ueberlegungen bemerket man am meiſten,
diejenigen von dieſen Veraͤnderungen, die widernatuͤrlich,
wiewohl ſie auch den angenehmſten eigen ſind, wenn man
ſie uͤbertreibt. Ein Nachdenken, das uns leicht wird und
angenehme Gegenſtaͤnde betrifft, giebt dem Geſichte nur
eine lebhaftere Roͤthe und befoͤrdert die Ausduͤnſtung des
Haupts: ein ſchweres hingegen, zumal uͤber ſehr unange-
nehme Dinge, verurſachet den Blutſchwindel, ein heftiges
Schlagen der Adern, und einen unmaͤßigen Schweiß, ſo
daß wir ſagen, daß uns der Kopf rauche. Da aber mit
allen Bewegungsgruͤnden, alſo mit aller verſtaͤndigen Luſt
oder Unluſt, ſtets ſinnliche Reizungen vergeſellſchaftet ſind,
§. 251. ſo iſt es nicht leicht, voͤllig zu entſcheiden, ob dieſe
Wirkung der Bewegungsgruͤnde in die Lebensbewegungen
eigentlich von der verſtaͤndigen Luſt oder Unluſt ſelbſt, oder
ob ſie von den ihr beygeſelleten ſinnlichen Reizungen her-
ruͤhre. §. 252. Jnzwiſchen ſcheint doch der Unterſchied

der
X 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0349" n="325"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Lu&#x017F;t und Unlu&#x017F;t.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Wirkungen der ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Lu&#x017F;t und Unlu&#x017F;t durch<lb/>
die Nerven in die mechani&#x017F;chen Ma-<lb/>
&#x017F;chinen.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 333.</head><lb/>
              <p>Die Lu&#x017F;t und Unlu&#x017F;t, die mit den allgemeinen Vor&#x017F;tel-<lb/>
lungen des Ver&#x017F;tandes verbunden i&#x017F;t, und &#x017F;ie zu Bewe-<lb/>
gungsgru&#x0364;nden machet, §. 88. wirket durch ihre &#x017F;innlichen<lb/>
Eindru&#x0364;cke im Gehirne. §. 121. 80. auf die Lebensbewe-<lb/>
gungen, die &#x017F;ie, nach Verha&#x0364;ltniß ihrer Sta&#x0364;rke, viel oder<lb/>
wenig vera&#x0364;ndert. §. 250. 251. Es i&#x017F;t eine bekannte und<lb/>
un&#x017F;treitige Erfahrung, daß tiefes Nachdenken u&#x0364;ber allge-<lb/>
meine Begriffe, Urtheile und Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, eine merkliche<lb/>
Vera&#x0364;nderung im Umlaufe des Bluts verur&#x017F;ache, indem<lb/>
dabey die Glieder erkalten, hingegen die Adern des Haupts<lb/>
angefu&#x0364;llet werden, &#x017F;o daß &#x017F;ie &#x017F;ta&#x0364;rker &#x017F;chlagen, eine Ro&#x0364;the<lb/>
des Ge&#x017F;ichts, eine Ge&#x017F;chwul&#x017F;t des Haupts, Kopfweh, Hitze<lb/>
im Ge&#x017F;ichte und Schweiß der Stirne veranla&#x017F;&#x017F;en. Bey<lb/>
unangenehmen Ueberlegungen bemerket man am mei&#x017F;ten,<lb/>
diejenigen von die&#x017F;en Vera&#x0364;nderungen, die widernatu&#x0364;rlich,<lb/>
wiewohl &#x017F;ie auch den angenehm&#x017F;ten eigen &#x017F;ind, wenn man<lb/>
&#x017F;ie u&#x0364;bertreibt. Ein Nachdenken, das uns leicht wird und<lb/>
angenehme Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde betrifft, giebt dem Ge&#x017F;ichte nur<lb/>
eine lebhaftere Ro&#x0364;the und befo&#x0364;rdert die Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung des<lb/>
Haupts: ein &#x017F;chweres hingegen, zumal u&#x0364;ber &#x017F;ehr unange-<lb/>
nehme Dinge, verur&#x017F;achet den Blut&#x017F;chwindel, ein heftiges<lb/>
Schlagen der Adern, und einen unma&#x0364;ßigen Schweiß, &#x017F;o<lb/>
daß wir &#x017F;agen, daß uns der Kopf rauche. Da aber mit<lb/>
allen Bewegungsgru&#x0364;nden, al&#x017F;o mit aller ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Lu&#x017F;t<lb/>
oder Unlu&#x017F;t, &#x017F;tets &#x017F;innliche Reizungen verge&#x017F;ell&#x017F;chaftet &#x017F;ind,<lb/>
§. 251. &#x017F;o i&#x017F;t es nicht leicht, vo&#x0364;llig zu ent&#x017F;cheiden, ob die&#x017F;e<lb/>
Wirkung der Bewegungsgru&#x0364;nde in die Lebensbewegungen<lb/>
eigentlich von der ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Lu&#x017F;t oder Unlu&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t, oder<lb/>
ob &#x017F;ie von den ihr beyge&#x017F;elleten &#x017F;innlichen Reizungen her-<lb/>
ru&#x0364;hre. §. 252. Jnzwi&#x017F;chen &#x017F;cheint doch der Unter&#x017F;chied<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 3</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[325/0349] der verſtaͤndigen Luſt und Unluſt. Wirkungen der verſtaͤndigen Luſt und Unluſt durch die Nerven in die mechaniſchen Ma- ſchinen. §. 333. Die Luſt und Unluſt, die mit den allgemeinen Vorſtel- lungen des Verſtandes verbunden iſt, und ſie zu Bewe- gungsgruͤnden machet, §. 88. wirket durch ihre ſinnlichen Eindruͤcke im Gehirne. §. 121. 80. auf die Lebensbewe- gungen, die ſie, nach Verhaͤltniß ihrer Staͤrke, viel oder wenig veraͤndert. §. 250. 251. Es iſt eine bekannte und unſtreitige Erfahrung, daß tiefes Nachdenken uͤber allge- meine Begriffe, Urtheile und Schluͤſſe, eine merkliche Veraͤnderung im Umlaufe des Bluts verurſache, indem dabey die Glieder erkalten, hingegen die Adern des Haupts angefuͤllet werden, ſo daß ſie ſtaͤrker ſchlagen, eine Roͤthe des Geſichts, eine Geſchwulſt des Haupts, Kopfweh, Hitze im Geſichte und Schweiß der Stirne veranlaſſen. Bey unangenehmen Ueberlegungen bemerket man am meiſten, diejenigen von dieſen Veraͤnderungen, die widernatuͤrlich, wiewohl ſie auch den angenehmſten eigen ſind, wenn man ſie uͤbertreibt. Ein Nachdenken, das uns leicht wird und angenehme Gegenſtaͤnde betrifft, giebt dem Geſichte nur eine lebhaftere Roͤthe und befoͤrdert die Ausduͤnſtung des Haupts: ein ſchweres hingegen, zumal uͤber ſehr unange- nehme Dinge, verurſachet den Blutſchwindel, ein heftiges Schlagen der Adern, und einen unmaͤßigen Schweiß, ſo daß wir ſagen, daß uns der Kopf rauche. Da aber mit allen Bewegungsgruͤnden, alſo mit aller verſtaͤndigen Luſt oder Unluſt, ſtets ſinnliche Reizungen vergeſellſchaftet ſind, §. 251. ſo iſt es nicht leicht, voͤllig zu entſcheiden, ob dieſe Wirkung der Bewegungsgruͤnde in die Lebensbewegungen eigentlich von der verſtaͤndigen Luſt oder Unluſt ſelbſt, oder ob ſie von den ihr beygeſelleten ſinnlichen Reizungen her- ruͤhre. §. 252. Jnzwiſchen ſcheint doch der Unterſchied der X 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/349
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/349>, abgerufen am 21.11.2024.