hersehuug aus vielen sinnlich willkührlichen Bewegungen zusammengesetzet, in welchen allen man aber aufs deutlich- ste bemerket, wie die Seelenwirkungen der Vorhersehung sie alle durchgängig bestimmen. Denn aus der verschiede- nen Vorhersehung ist es allein zu erkennen, warum wir bey dem einen Schrecke starr und unbeweglich stehen, beym andern zurückstreben, bey einem schnell laufen, bey einem andern um uns schlagen, bey einem uns niederbücken, bey einem andern uns fest halten, u. s. w.
§. 320.
Die besondern Wirkungen in der thierischen Oecono- mie, welche von den unmittelbaren Seelenwirkungen des Schrecks (§. 318. 319.) durch den Zusammenhang aller übrigen mit den thierischen Seelenkräften, auf entferntere Weise hervorgebracht werden, und ihn mit characterisiren, sind zum Theil eben dieselben, wie bey der Furcht, indem ein heftiger Schreck zuweilen einen Ausschlag des Mundes, ein Grausen der Haut, bey einigen einen Durchlauf ver- ursachet; obgleich bey vielen auch das Gegentheil, nämlich eine Verschließung des Leibes, der Urinblase und andrer Hölen erfolget, welche man von der characteristischen Wir- kung des Schrecks in die Muskeln herleiten muß, die er zu Zuckungen und Krämpfen (§. 204.) reizet. H. P. §. 565. Hingegen verändert er die Haare nicht, wie Gram und Furcht thun. §. 316.
§. 321.
Alles, was das Gemüth furchtsam machet, ist auch geschickt, es in Schrecken zu setzen, und eben dieselben Mit- tel, die jenes verhüten, verhüten auch dieses. §. 309. 317. Die Gewöhnung der Jugend an widerwärtige Begebenhei- ten; der vernünftige Leichtsinn, großen Uebeln muthig ent- gegen zu gehen; der gesetzte Geist, der allezeit unangeneh- me Umschläge des Glücks erwartet; und der glückliche Be- trug, wodurch man innstehende Gefahren in weiter Ent- fernung sieht: dieß sind die wahren Mittel, manchen Schreck und wenigstens das schreckhafte Gemüth zu verhüten, §. 309.
wenn
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
herſehuug aus vielen ſinnlich willkuͤhrlichen Bewegungen zuſammengeſetzet, in welchen allen man aber aufs deutlich- ſte bemerket, wie die Seelenwirkungen der Vorherſehung ſie alle durchgaͤngig beſtimmen. Denn aus der verſchiede- nen Vorherſehung iſt es allein zu erkennen, warum wir bey dem einen Schrecke ſtarr und unbeweglich ſtehen, beym andern zuruͤckſtreben, bey einem ſchnell laufen, bey einem andern um uns ſchlagen, bey einem uns niederbuͤcken, bey einem andern uns feſt halten, u. ſ. w.
§. 320.
Die beſondern Wirkungen in der thieriſchen Oecono- mie, welche von den unmittelbaren Seelenwirkungen des Schrecks (§. 318. 319.) durch den Zuſammenhang aller uͤbrigen mit den thieriſchen Seelenkraͤften, auf entferntere Weiſe hervorgebracht werden, und ihn mit characteriſiren, ſind zum Theil eben dieſelben, wie bey der Furcht, indem ein heftiger Schreck zuweilen einen Ausſchlag des Mundes, ein Grauſen der Haut, bey einigen einen Durchlauf ver- urſachet; obgleich bey vielen auch das Gegentheil, naͤmlich eine Verſchließung des Leibes, der Urinblaſe und andrer Hoͤlen erfolget, welche man von der characteriſtiſchen Wir- kung des Schrecks in die Muskeln herleiten muß, die er zu Zuckungen und Kraͤmpfen (§. 204.) reizet. H. P. §. 565. Hingegen veraͤndert er die Haare nicht, wie Gram und Furcht thun. §. 316.
§. 321.
Alles, was das Gemuͤth furchtſam machet, iſt auch geſchickt, es in Schrecken zu ſetzen, und eben dieſelben Mit- tel, die jenes verhuͤten, verhuͤten auch dieſes. §. 309. 317. Die Gewoͤhnung der Jugend an widerwaͤrtige Begebenhei- ten; der vernuͤnftige Leichtſinn, großen Uebeln muthig ent- gegen zu gehen; der geſetzte Geiſt, der allezeit unangeneh- me Umſchlaͤge des Gluͤcks erwartet; und der gluͤckliche Be- trug, wodurch man innſtehende Gefahren in weiter Ent- fernung ſieht: dieß ſind die wahren Mittel, manchen Schreck und wenigſtens das ſchreckhafte Gemuͤth zu verhuͤten, §. 309.
wenn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0338"n="314"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I</hi> Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.</hi></fw><lb/>
herſehuug aus vielen ſinnlich willkuͤhrlichen Bewegungen<lb/>
zuſammengeſetzet, in welchen allen man aber aufs deutlich-<lb/>ſte bemerket, wie die Seelenwirkungen der Vorherſehung<lb/>ſie alle durchgaͤngig beſtimmen. Denn aus der verſchiede-<lb/>
nen Vorherſehung iſt es allein zu erkennen, warum wir<lb/>
bey dem einen Schrecke ſtarr und unbeweglich ſtehen, beym<lb/>
andern zuruͤckſtreben, bey einem ſchnell laufen, bey einem<lb/>
andern um uns ſchlagen, bey einem uns niederbuͤcken, bey<lb/>
einem andern uns feſt halten, u. ſ. w.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 320.</head><lb/><p>Die beſondern Wirkungen in der thieriſchen Oecono-<lb/>
mie, welche von den unmittelbaren Seelenwirkungen des<lb/>
Schrecks (§. 318. 319.) durch den Zuſammenhang aller<lb/>
uͤbrigen mit den thieriſchen Seelenkraͤften, auf entferntere<lb/>
Weiſe hervorgebracht werden, und ihn mit characteriſiren,<lb/>ſind zum Theil eben dieſelben, wie bey der Furcht, indem<lb/>
ein heftiger Schreck zuweilen einen Ausſchlag des Mundes,<lb/>
ein Grauſen der Haut, bey einigen einen Durchlauf ver-<lb/>
urſachet; obgleich bey vielen auch das Gegentheil, naͤmlich<lb/>
eine Verſchließung des Leibes, der Urinblaſe und andrer<lb/>
Hoͤlen erfolget, welche man von der characteriſtiſchen Wir-<lb/>
kung des Schrecks in die Muskeln herleiten muß, die er zu<lb/>
Zuckungen und Kraͤmpfen (§. 204.) reizet. <hirendition="#aq">H. P.</hi> §. 565.<lb/>
Hingegen veraͤndert er die Haare nicht, wie Gram und<lb/>
Furcht thun. §. 316.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 321.</head><lb/><p>Alles, was das Gemuͤth furchtſam machet, iſt auch<lb/>
geſchickt, es in Schrecken zu ſetzen, und eben dieſelben Mit-<lb/>
tel, die jenes verhuͤten, verhuͤten auch dieſes. §. 309. 317.<lb/>
Die Gewoͤhnung der Jugend an widerwaͤrtige Begebenhei-<lb/>
ten; der vernuͤnftige Leichtſinn, großen Uebeln muthig ent-<lb/>
gegen zu gehen; der geſetzte Geiſt, der allezeit unangeneh-<lb/>
me Umſchlaͤge des Gluͤcks erwartet; und der gluͤckliche Be-<lb/>
trug, wodurch man innſtehende Gefahren in weiter Ent-<lb/>
fernung ſieht: dieß ſind die wahren Mittel, manchen Schreck<lb/>
und wenigſtens das ſchreckhafte Gemuͤth zu verhuͤten, §. 309.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wenn</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[314/0338]
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
herſehuug aus vielen ſinnlich willkuͤhrlichen Bewegungen
zuſammengeſetzet, in welchen allen man aber aufs deutlich-
ſte bemerket, wie die Seelenwirkungen der Vorherſehung
ſie alle durchgaͤngig beſtimmen. Denn aus der verſchiede-
nen Vorherſehung iſt es allein zu erkennen, warum wir
bey dem einen Schrecke ſtarr und unbeweglich ſtehen, beym
andern zuruͤckſtreben, bey einem ſchnell laufen, bey einem
andern um uns ſchlagen, bey einem uns niederbuͤcken, bey
einem andern uns feſt halten, u. ſ. w.
§. 320.
Die beſondern Wirkungen in der thieriſchen Oecono-
mie, welche von den unmittelbaren Seelenwirkungen des
Schrecks (§. 318. 319.) durch den Zuſammenhang aller
uͤbrigen mit den thieriſchen Seelenkraͤften, auf entferntere
Weiſe hervorgebracht werden, und ihn mit characteriſiren,
ſind zum Theil eben dieſelben, wie bey der Furcht, indem
ein heftiger Schreck zuweilen einen Ausſchlag des Mundes,
ein Grauſen der Haut, bey einigen einen Durchlauf ver-
urſachet; obgleich bey vielen auch das Gegentheil, naͤmlich
eine Verſchließung des Leibes, der Urinblaſe und andrer
Hoͤlen erfolget, welche man von der characteriſtiſchen Wir-
kung des Schrecks in die Muskeln herleiten muß, die er zu
Zuckungen und Kraͤmpfen (§. 204.) reizet. H. P. §. 565.
Hingegen veraͤndert er die Haare nicht, wie Gram und
Furcht thun. §. 316.
§. 321.
Alles, was das Gemuͤth furchtſam machet, iſt auch
geſchickt, es in Schrecken zu ſetzen, und eben dieſelben Mit-
tel, die jenes verhuͤten, verhuͤten auch dieſes. §. 309. 317.
Die Gewoͤhnung der Jugend an widerwaͤrtige Begebenhei-
ten; der vernuͤnftige Leichtſinn, großen Uebeln muthig ent-
gegen zu gehen; der geſetzte Geiſt, der allezeit unangeneh-
me Umſchlaͤge des Gluͤcks erwartet; und der gluͤckliche Be-
trug, wodurch man innſtehende Gefahren in weiter Ent-
fernung ſieht: dieß ſind die wahren Mittel, manchen Schreck
und wenigſtens das ſchreckhafte Gemuͤth zu verhuͤten, §. 309.
wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/338>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.