sind, in diesem Zustande, aus eignen Absichten, unter- nehmen, dahingegen andre in gleichem Falle nur blind, oh- ne Einsicht ihrer Gefahr, ohne eigne Absicht sich zu retten, handeln, weil sich ihr Trieb nicht zum Affektentrieb erhe- ben kann. §. 296. 297. Jn einer ursprünglichen Leiden- schaft wäre der natürliche Zwang nicht, welcher die Triebe characterisiret. §. 263. Jm bloßen Triebe wäre das Willkührliche, die eigne wissentliche Mitwirkung des Thie- res zur Absicht der Natur, nicht, welche die Leidenschaft vor den Trieben voraus hat. §. 296. Jm Affektentriebe ist beydes vereint. §. 298.
§. 300.
Die Natur zwingt die Thiere im Triebe des Hungers und des Dursts zu ihrer Ernährung, ohne daß sie wissen, wovon sie hungern und dürsten. Sie leget ihnen die Mit- tel, sich zu ernähren, vor, ohne ihr Zuthun, und sie be- dienen sich ihrer, ohne zu wissen, daß sie sich dadurch er- nähren. §. 281. 282. 266. Sie essen, sie trinken schon ehe sie wissen können, daß der Genuß der Speise und des Tranks ihnen die angenehme äußere Empfindung, die Be- friedigung ihres Triebes, verschaffen werde. §. 269. Wenn sie sich aber in diesem Triebe ihres Gegenstandes, der an- genehmen Sättigung des Magens, bewußt werden; so fas- sen sie die Absicht der Natur, sich zu sättigen, nun auch selbst, und wirken wissentlich und eigenmächtig dazu mit. Die Handlungen (Seelenwirkungen) des Triebes werden nun, ob sie gleich natürlich nothwendig aus dem Triebe fol- gen, zugleich Wirkungen des sinnlichen Beliebens der Thie- re. Sie folgen nun gern dem Zwange der Natur, dem sie im Triebe nur blind folgeten, um sich zu ernähren, seitdem er, durch das Bewußtwerden seines Gegenstandes, der Sät- tigung des Magens, der Anfeuchtung des Halses, in ihnen zum Affektentriebe, zur Eßlust, (Appetit, Freßsucht,) zur Sehnsucht nach Getränke geworden ist. §. 297. Durch diese Erkenntniß werden sie veranlasset, andre Vor-
stellun-
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
ſind, in dieſem Zuſtande, aus eignen Abſichten, unter- nehmen, dahingegen andre in gleichem Falle nur blind, oh- ne Einſicht ihrer Gefahr, ohne eigne Abſicht ſich zu retten, handeln, weil ſich ihr Trieb nicht zum Affektentrieb erhe- ben kann. §. 296. 297. Jn einer urſpruͤnglichen Leiden- ſchaft waͤre der natuͤrliche Zwang nicht, welcher die Triebe characteriſiret. §. 263. Jm bloßen Triebe waͤre das Willkuͤhrliche, die eigne wiſſentliche Mitwirkung des Thie- res zur Abſicht der Natur, nicht, welche die Leidenſchaft vor den Trieben voraus hat. §. 296. Jm Affektentriebe iſt beydes vereint. §. 298.
§. 300.
Die Natur zwingt die Thiere im Triebe des Hungers und des Durſts zu ihrer Ernaͤhrung, ohne daß ſie wiſſen, wovon ſie hungern und duͤrſten. Sie leget ihnen die Mit- tel, ſich zu ernaͤhren, vor, ohne ihr Zuthun, und ſie be- dienen ſich ihrer, ohne zu wiſſen, daß ſie ſich dadurch er- naͤhren. §. 281. 282. 266. Sie eſſen, ſie trinken ſchon ehe ſie wiſſen koͤnnen, daß der Genuß der Speiſe und des Tranks ihnen die angenehme aͤußere Empfindung, die Be- friedigung ihres Triebes, verſchaffen werde. §. 269. Wenn ſie ſich aber in dieſem Triebe ihres Gegenſtandes, der an- genehmen Saͤttigung des Magens, bewußt werden; ſo faſ- ſen ſie die Abſicht der Natur, ſich zu ſaͤttigen, nun auch ſelbſt, und wirken wiſſentlich und eigenmaͤchtig dazu mit. Die Handlungen (Seelenwirkungen) des Triebes werden nun, ob ſie gleich natuͤrlich nothwendig aus dem Triebe fol- gen, zugleich Wirkungen des ſinnlichen Beliebens der Thie- re. Sie folgen nun gern dem Zwange der Natur, dem ſie im Triebe nur blind folgeten, um ſich zu ernaͤhren, ſeitdem er, durch das Bewußtwerden ſeines Gegenſtandes, der Saͤt- tigung des Magens, der Anfeuchtung des Halſes, in ihnen zum Affektentriebe, zur Eßluſt, (Appetit, Freßſucht,) zur Sehnſucht nach Getraͤnke geworden iſt. §. 297. Durch dieſe Erkenntniß werden ſie veranlaſſet, andre Vor-
ſtellun-
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[294/0318]
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
ſind, in dieſem Zuſtande, aus eignen Abſichten, unter-
nehmen, dahingegen andre in gleichem Falle nur blind, oh-
ne Einſicht ihrer Gefahr, ohne eigne Abſicht ſich zu retten,
handeln, weil ſich ihr Trieb nicht zum Affektentrieb erhe-
ben kann. §. 296. 297. Jn einer urſpruͤnglichen Leiden-
ſchaft waͤre der natuͤrliche Zwang nicht, welcher die Triebe
characteriſiret. §. 263. Jm bloßen Triebe waͤre das
Willkuͤhrliche, die eigne wiſſentliche Mitwirkung des Thie-
res zur Abſicht der Natur, nicht, welche die Leidenſchaft
vor den Trieben voraus hat. §. 296. Jm Affektentriebe
iſt beydes vereint. §. 298.
§. 300.
Die Natur zwingt die Thiere im Triebe des Hungers
und des Durſts zu ihrer Ernaͤhrung, ohne daß ſie wiſſen,
wovon ſie hungern und duͤrſten. Sie leget ihnen die Mit-
tel, ſich zu ernaͤhren, vor, ohne ihr Zuthun, und ſie be-
dienen ſich ihrer, ohne zu wiſſen, daß ſie ſich dadurch er-
naͤhren. §. 281. 282. 266. Sie eſſen, ſie trinken ſchon
ehe ſie wiſſen koͤnnen, daß der Genuß der Speiſe und des
Tranks ihnen die angenehme aͤußere Empfindung, die Be-
friedigung ihres Triebes, verſchaffen werde. §. 269. Wenn
ſie ſich aber in dieſem Triebe ihres Gegenſtandes, der an-
genehmen Saͤttigung des Magens, bewußt werden; ſo faſ-
ſen ſie die Abſicht der Natur, ſich zu ſaͤttigen, nun auch
ſelbſt, und wirken wiſſentlich und eigenmaͤchtig dazu mit.
Die Handlungen (Seelenwirkungen) des Triebes werden
nun, ob ſie gleich natuͤrlich nothwendig aus dem Triebe fol-
gen, zugleich Wirkungen des ſinnlichen Beliebens der Thie-
re. Sie folgen nun gern dem Zwange der Natur, dem ſie
im Triebe nur blind folgeten, um ſich zu ernaͤhren, ſeitdem
er, durch das Bewußtwerden ſeines Gegenſtandes, der Saͤt-
tigung des Magens, der Anfeuchtung des Halſes, in ihnen
zum Affektentriebe, zur Eßluſt, (Appetit, Freßſucht,)
zur Sehnſucht nach Getraͤnke geworden iſt. §. 297.
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/318>, abgerufen am 22.11.2024.
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