Speise; sondern der durch sie erregten Einbildung. Wenn wir einen Stein auf uns zufliegen sehen, so weichen wir ihm aus, und dieß ist keine unmittelbare Seelenwirkung in die Muskeln von dem Anblicke (der äußern Empfindung) des Steins; sondern einer Verabscheuung der uns drohen- den Gefahr, welche dieser Anblick veranlasset hat. Sol- cher Fälle giebt es unzählige, und wenn wir nun diese mit jenen §. 182. zusammennehmen, so findet sichs, daß wir die meisten mit den äußern Empfindungen verbundenen thie- rischen Bewegungen in den mechanischen Maschinen fälsch- lich für unmittelbare Seelenwirkungen derselben in sie hal- ten, da sie doch entweder zugleich, oder gar nur bloße Ner- venwirkungen, §. 182. 183. oder Seelenwirkungen andrer Kräfte der Seele sind, die blos durch die äußern Empfin- dungen in Wirkung gesetzet werden. (Vergl. §. 219. u. ff.)
§. 186.
Jnzwischen versteht es sich, daß man unter diese an- dern von äußern Empfindungen veranlaßten Vorstellungen, deren Seelenwirkungen in die Maschinen wir so oft mit de- nen, den äußern Empfindungen eignen verwechseln, §. 182. keinesweges diejenigen innern Empfindungen der Seele von Lust und Unlust, die ihr die äußern Empfindungen geben, (die Lust und Unlust der Sinne, §. 80.) mitrechnen müsse, da diese Lust und Unlust nur Beschaffenheiten in den äußern Empfindungen der Seele selbst, nicht aber andre durch sie nur veranlaßte Vorstellungen sind, §. 80. und also ihre Seelenwirkungen zu den unmittelbaren Seelenwirkungen der äußern Empfindungen gehören, §. 98. auch sich auf keine andre Nerven unmittelbar erstrecken, als die das An- genehme oder Widrige empfinden. §. 124. Da aber die verschiedenen Beschaffenheiten angenehmer und widriger äußerlicher Empfindungen auch beyderley äußere Empfin- dungen zu verschiedenen Vorstellungen machen, die ver- schiedene materielle Empfindungen im Gehirne, §. 80. mit- hin auch verschiedene äußerliche sinnliche Eindrücke in die
Nerven
M 4
der aͤußern Empfindungen.
Speiſe; ſondern der durch ſie erregten Einbildung. Wenn wir einen Stein auf uns zufliegen ſehen, ſo weichen wir ihm aus, und dieß iſt keine unmittelbare Seelenwirkung in die Muskeln von dem Anblicke (der aͤußern Empfindung) des Steins; ſondern einer Verabſcheuung der uns drohen- den Gefahr, welche dieſer Anblick veranlaſſet hat. Sol- cher Faͤlle giebt es unzaͤhlige, und wenn wir nun dieſe mit jenen §. 182. zuſammennehmen, ſo findet ſichs, daß wir die meiſten mit den aͤußern Empfindungen verbundenen thie- riſchen Bewegungen in den mechaniſchen Maſchinen faͤlſch- lich fuͤr unmittelbare Seelenwirkungen derſelben in ſie hal- ten, da ſie doch entweder zugleich, oder gar nur bloße Ner- venwirkungen, §. 182. 183. oder Seelenwirkungen andrer Kraͤfte der Seele ſind, die blos durch die aͤußern Empfin- dungen in Wirkung geſetzet werden. (Vergl. §. 219. u. ff.)
§. 186.
Jnzwiſchen verſteht es ſich, daß man unter dieſe an- dern von aͤußern Empfindungen veranlaßten Vorſtellungen, deren Seelenwirkungen in die Maſchinen wir ſo oft mit de- nen, den aͤußern Empfindungen eignen verwechſeln, §. 182. keinesweges diejenigen innern Empfindungen der Seele von Luſt und Unluſt, die ihr die aͤußern Empfindungen geben, (die Luſt und Unluſt der Sinne, §. 80.) mitrechnen muͤſſe, da dieſe Luſt und Unluſt nur Beſchaffenheiten in den aͤußern Empfindungen der Seele ſelbſt, nicht aber andre durch ſie nur veranlaßte Vorſtellungen ſind, §. 80. und alſo ihre Seelenwirkungen zu den unmittelbaren Seelenwirkungen der aͤußern Empfindungen gehoͤren, §. 98. auch ſich auf keine andre Nerven unmittelbar erſtrecken, als die das An- genehme oder Widrige empfinden. §. 124. Da aber die verſchiedenen Beſchaffenheiten angenehmer und widriger aͤußerlicher Empfindungen auch beyderley aͤußere Empfin- dungen zu verſchiedenen Vorſtellungen machen, die ver- ſchiedene materielle Empfindungen im Gehirne, §. 80. mit- hin auch verſchiedene aͤußerliche ſinnliche Eindruͤcke in die
Nerven
M 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0207"n="183"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">der aͤußern Empfindungen.</hi></fw><lb/>
Speiſe; ſondern der durch ſie erregten Einbildung. Wenn<lb/>
wir einen Stein auf uns zufliegen ſehen, ſo weichen wir<lb/>
ihm aus, und dieß iſt keine unmittelbare Seelenwirkung<lb/>
in die Muskeln von dem Anblicke (der aͤußern Empfindung)<lb/>
des Steins; ſondern einer Verabſcheuung der uns drohen-<lb/>
den Gefahr, welche dieſer Anblick veranlaſſet hat. Sol-<lb/>
cher Faͤlle giebt es unzaͤhlige, und wenn wir nun dieſe mit<lb/>
jenen §. 182. zuſammennehmen, ſo findet ſichs, daß wir<lb/>
die meiſten mit den aͤußern Empfindungen verbundenen thie-<lb/>
riſchen Bewegungen in den mechaniſchen Maſchinen faͤlſch-<lb/>
lich fuͤr unmittelbare Seelenwirkungen derſelben in ſie hal-<lb/>
ten, da ſie doch entweder zugleich, oder gar nur bloße Ner-<lb/>
venwirkungen, §. 182. 183. oder Seelenwirkungen andrer<lb/>
Kraͤfte der Seele ſind, die blos durch die aͤußern Empfin-<lb/>
dungen in Wirkung geſetzet werden. (Vergl. §. 219. u. ff.)</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 186.</head><lb/><p>Jnzwiſchen verſteht es ſich, daß man unter dieſe an-<lb/>
dern von aͤußern Empfindungen veranlaßten Vorſtellungen,<lb/>
deren Seelenwirkungen in die Maſchinen wir ſo oft mit de-<lb/>
nen, den aͤußern Empfindungen eignen verwechſeln, §. 182.<lb/>
keinesweges diejenigen innern Empfindungen der Seele von<lb/>
Luſt und Unluſt, die ihr die aͤußern Empfindungen geben,<lb/>
(die Luſt und Unluſt der Sinne, §. 80.) mitrechnen muͤſſe,<lb/>
da dieſe Luſt und Unluſt nur Beſchaffenheiten in den aͤußern<lb/>
Empfindungen der Seele ſelbſt, nicht aber andre durch ſie<lb/>
nur veranlaßte Vorſtellungen ſind, §. 80. und alſo ihre<lb/>
Seelenwirkungen zu den unmittelbaren Seelenwirkungen<lb/>
der aͤußern Empfindungen gehoͤren, §. 98. auch ſich auf<lb/>
keine andre Nerven unmittelbar erſtrecken, als die das An-<lb/>
genehme oder Widrige empfinden. §. 124. Da aber die<lb/>
verſchiedenen Beſchaffenheiten angenehmer und widriger<lb/>
aͤußerlicher Empfindungen auch beyderley aͤußere Empfin-<lb/>
dungen zu verſchiedenen Vorſtellungen machen, die ver-<lb/>ſchiedene materielle Empfindungen im Gehirne, §. 80. mit-<lb/>
hin auch verſchiedene aͤußerliche ſinnliche Eindruͤcke in die<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Nerven</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[183/0207]
der aͤußern Empfindungen.
Speiſe; ſondern der durch ſie erregten Einbildung. Wenn
wir einen Stein auf uns zufliegen ſehen, ſo weichen wir
ihm aus, und dieß iſt keine unmittelbare Seelenwirkung
in die Muskeln von dem Anblicke (der aͤußern Empfindung)
des Steins; ſondern einer Verabſcheuung der uns drohen-
den Gefahr, welche dieſer Anblick veranlaſſet hat. Sol-
cher Faͤlle giebt es unzaͤhlige, und wenn wir nun dieſe mit
jenen §. 182. zuſammennehmen, ſo findet ſichs, daß wir
die meiſten mit den aͤußern Empfindungen verbundenen thie-
riſchen Bewegungen in den mechaniſchen Maſchinen faͤlſch-
lich fuͤr unmittelbare Seelenwirkungen derſelben in ſie hal-
ten, da ſie doch entweder zugleich, oder gar nur bloße Ner-
venwirkungen, §. 182. 183. oder Seelenwirkungen andrer
Kraͤfte der Seele ſind, die blos durch die aͤußern Empfin-
dungen in Wirkung geſetzet werden. (Vergl. §. 219. u. ff.)
§. 186.
Jnzwiſchen verſteht es ſich, daß man unter dieſe an-
dern von aͤußern Empfindungen veranlaßten Vorſtellungen,
deren Seelenwirkungen in die Maſchinen wir ſo oft mit de-
nen, den aͤußern Empfindungen eignen verwechſeln, §. 182.
keinesweges diejenigen innern Empfindungen der Seele von
Luſt und Unluſt, die ihr die aͤußern Empfindungen geben,
(die Luſt und Unluſt der Sinne, §. 80.) mitrechnen muͤſſe,
da dieſe Luſt und Unluſt nur Beſchaffenheiten in den aͤußern
Empfindungen der Seele ſelbſt, nicht aber andre durch ſie
nur veranlaßte Vorſtellungen ſind, §. 80. und alſo ihre
Seelenwirkungen zu den unmittelbaren Seelenwirkungen
der aͤußern Empfindungen gehoͤren, §. 98. auch ſich auf
keine andre Nerven unmittelbar erſtrecken, als die das An-
genehme oder Widrige empfinden. §. 124. Da aber die
verſchiedenen Beſchaffenheiten angenehmer und widriger
aͤußerlicher Empfindungen auch beyderley aͤußere Empfin-
dungen zu verſchiedenen Vorſtellungen machen, die ver-
ſchiedene materielle Empfindungen im Gehirne, §. 80. mit-
hin auch verſchiedene aͤußerliche ſinnliche Eindruͤcke in die
Nerven
M 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/207>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.