Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
Nerven und den Lebensgeistern, und ihren all-
gemeinen Eigenschaften, im ersten und im An-
fange des zweyten Kapitels, Auszugsweise
vorläufig mitgetheilet worden. Die thierischen
Seelenkräfte lassen sich, was ihre Wirkungen be-
trifft, auf zweyerley Weise betrachten, nämlich
theils an sich, wie sie in den thierischen Maschi-
nen, dem Gehirne und den Nerven, selbst wirken,
theils nach ihrem Einflusse in die mechanischen
Maschinen,
welchen sie sich einverleiben. Hier-
inn besteht der Jnhalt des zweyten und dritten
Kapitels
des ersten Theils, zu welchen noch das
vierte kömmt, worinn die Gemeinschaft der Vor-
stellungskraft mit den thierischen bewegenden Kräf-
ten, das ist, die Gemeinschaft des Leibes und der
Seele
überhaupt vorgestellet wird.

Die ganze Lehre von dem wechselsweisen Ein-
flusse der Seele und des Körpers ineinander ist
bisher in unsern Physiologien mangelhaft, oh-
ne wahre Grundsätze, und theils verworren, theils
irrig vorgetragen worden. Vermuthlich rüh-
ret dieses daher, weil die Aerzte gemeiniglich,
außer der Naturlehre, zu wenig theoretische Phy-
losophie und am wenigsten Psychologie wissen:
gleichsam als ob die Seelenlehre zur Wissen-
schaft der Natur des menschlichen Körpers gar
nicht vonnöthen wäre. Nichtsdestoweniger las-
sen sich unsre Physiologisten nur hauptsächlich
in die unnützen Spitzfindigkeiten ein, deren ich
schon oben erwähnet habe, und das einzige Nütz-
liche, was sie uns von der Gemeinschaft des Lei-
bes und der Seele lehren, betrifft die äußern Em-
pfindungen, etwa noch die Einbildungen, und

die

Vorrede.
Nerven und den Lebensgeiſtern, und ihren all-
gemeinen Eigenſchaften, im erſten und im An-
fange des zweyten Kapitels, Auszugsweiſe
vorlaͤufig mitgetheilet worden. Die thieriſchen
Seelenkraͤfte laſſen ſich, was ihre Wirkungen be-
trifft, auf zweyerley Weiſe betrachten, naͤmlich
theils an ſich, wie ſie in den thieriſchen Maſchi-
nen, dem Gehirne und den Nerven, ſelbſt wirken,
theils nach ihrem Einfluſſe in die mechaniſchen
Maſchinen,
welchen ſie ſich einverleiben. Hier-
inn beſteht der Jnhalt des zweyten und dritten
Kapitels
des erſten Theils, zu welchen noch das
vierte koͤmmt, worinn die Gemeinſchaft der Vor-
ſtellungskraft mit den thieriſchen bewegenden Kraͤf-
ten, das iſt, die Gemeinſchaft des Leibes und der
Seele
uͤberhaupt vorgeſtellet wird.

Die ganze Lehre von dem wechſelsweiſen Ein-
fluſſe der Seele und des Koͤrpers ineinander iſt
bisher in unſern Phyſiologien mangelhaft, oh-
ne wahre Grundſaͤtze, und theils verworren, theils
irrig vorgetragen worden. Vermuthlich ruͤh-
ret dieſes daher, weil die Aerzte gemeiniglich,
außer der Naturlehre, zu wenig theoretiſche Phy-
loſophie und am wenigſten Pſychologie wiſſen:
gleichſam als ob die Seelenlehre zur Wiſſen-
ſchaft der Natur des menſchlichen Koͤrpers gar
nicht vonnoͤthen waͤre. Nichtsdeſtoweniger laſ-
ſen ſich unſre Phyſiologiſten nur hauptſaͤchlich
in die unnuͤtzen Spitzfindigkeiten ein, deren ich
ſchon oben erwaͤhnet habe, und das einzige Nuͤtz-
liche, was ſie uns von der Gemeinſchaft des Lei-
bes und der Seele lehren, betrifft die aͤußern Em-
pfindungen, etwa noch die Einbildungen, und

die
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede.</hi></hi></fw><lb/>
Nerven und den Lebensgei&#x017F;tern, und ihren all-<lb/>
gemeinen Eigen&#x017F;chaften, im <hi rendition="#fr">er&#x017F;ten</hi> und im An-<lb/>
fange des <hi rendition="#fr">zweyten Kapitels,</hi> Auszugswei&#x017F;e<lb/>
vorla&#x0364;ufig mitgetheilet worden. Die thieri&#x017F;chen<lb/>
Seelenkra&#x0364;fte la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich, was ihre Wirkungen be-<lb/>
trifft, auf zweyerley Wei&#x017F;e betrachten, na&#x0364;mlich<lb/>
theils <hi rendition="#fr">an &#x017F;ich,</hi> wie &#x017F;ie in den thieri&#x017F;chen Ma&#x017F;chi-<lb/>
nen, dem Gehirne und den Nerven, &#x017F;elb&#x017F;t wirken,<lb/>
theils nach ihrem <hi rendition="#fr">Einflu&#x017F;&#x017F;e in die mechani&#x017F;chen<lb/>
Ma&#x017F;chinen,</hi> welchen &#x017F;ie &#x017F;ich einverleiben. Hier-<lb/>
inn be&#x017F;teht der Jnhalt des <hi rendition="#fr">zweyten</hi> und <hi rendition="#fr">dritten<lb/>
Kapitels</hi> des er&#x017F;ten Theils, zu welchen noch das<lb/><hi rendition="#fr">vierte</hi> ko&#x0364;mmt, worinn die Gemein&#x017F;chaft der Vor-<lb/>
&#x017F;tellungskraft mit den thieri&#x017F;chen bewegenden Kra&#x0364;f-<lb/>
ten, das i&#x017F;t, die <hi rendition="#fr">Gemein&#x017F;chaft des Leibes und der<lb/>
Seele</hi> u&#x0364;berhaupt vorge&#x017F;tellet wird.</p><lb/>
        <p>Die ganze Lehre von dem wech&#x017F;elswei&#x017F;en Ein-<lb/>
flu&#x017F;&#x017F;e der Seele und des Ko&#x0364;rpers ineinander i&#x017F;t<lb/>
bisher in un&#x017F;ern Phy&#x017F;iologien mangelhaft, oh-<lb/>
ne wahre Grund&#x017F;a&#x0364;tze, und theils verworren, theils<lb/>
irrig vorgetragen worden. Vermuthlich ru&#x0364;h-<lb/>
ret die&#x017F;es daher, weil die Aerzte gemeiniglich,<lb/>
außer der Naturlehre, zu wenig theoreti&#x017F;che Phy-<lb/>
lo&#x017F;ophie und am wenig&#x017F;ten P&#x017F;ychologie wi&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
gleich&#x017F;am als ob die Seelenlehre zur Wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft der Natur des men&#x017F;chlichen Ko&#x0364;rpers gar<lb/>
nicht vonno&#x0364;then wa&#x0364;re. Nichtsde&#x017F;toweniger la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;ich un&#x017F;re Phy&#x017F;iologi&#x017F;ten nur haupt&#x017F;a&#x0364;chlich<lb/>
in die unnu&#x0364;tzen Spitzfindigkeiten ein, deren ich<lb/>
&#x017F;chon oben erwa&#x0364;hnet habe, und das einzige Nu&#x0364;tz-<lb/>
liche, was &#x017F;ie uns von der Gemein&#x017F;chaft des Lei-<lb/>
bes und der Seele lehren, betrifft die a&#x0364;ußern Em-<lb/>
pfindungen, etwa noch die Einbildungen, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0014] Vorrede. Nerven und den Lebensgeiſtern, und ihren all- gemeinen Eigenſchaften, im erſten und im An- fange des zweyten Kapitels, Auszugsweiſe vorlaͤufig mitgetheilet worden. Die thieriſchen Seelenkraͤfte laſſen ſich, was ihre Wirkungen be- trifft, auf zweyerley Weiſe betrachten, naͤmlich theils an ſich, wie ſie in den thieriſchen Maſchi- nen, dem Gehirne und den Nerven, ſelbſt wirken, theils nach ihrem Einfluſſe in die mechaniſchen Maſchinen, welchen ſie ſich einverleiben. Hier- inn beſteht der Jnhalt des zweyten und dritten Kapitels des erſten Theils, zu welchen noch das vierte koͤmmt, worinn die Gemeinſchaft der Vor- ſtellungskraft mit den thieriſchen bewegenden Kraͤf- ten, das iſt, die Gemeinſchaft des Leibes und der Seele uͤberhaupt vorgeſtellet wird. Die ganze Lehre von dem wechſelsweiſen Ein- fluſſe der Seele und des Koͤrpers ineinander iſt bisher in unſern Phyſiologien mangelhaft, oh- ne wahre Grundſaͤtze, und theils verworren, theils irrig vorgetragen worden. Vermuthlich ruͤh- ret dieſes daher, weil die Aerzte gemeiniglich, außer der Naturlehre, zu wenig theoretiſche Phy- loſophie und am wenigſten Pſychologie wiſſen: gleichſam als ob die Seelenlehre zur Wiſſen- ſchaft der Natur des menſchlichen Koͤrpers gar nicht vonnoͤthen waͤre. Nichtsdeſtoweniger laſ- ſen ſich unſre Phyſiologiſten nur hauptſaͤchlich in die unnuͤtzen Spitzfindigkeiten ein, deren ich ſchon oben erwaͤhnet habe, und das einzige Nuͤtz- liche, was ſie uns von der Gemeinſchaft des Lei- bes und der Seele lehren, betrifft die aͤußern Em- pfindungen, etwa noch die Einbildungen, und die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/14
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/14>, abgerufen am 23.11.2024.