Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

3 Abschn. der Nerven. Die sinnl. Vorstellungen.
nichts Neues darüber zu sagen ist, so kann es mit Recht
übergangen werden.

Die sinnlichen Vorstellungen.
§. 64.

Es ist bisher gezeiget worden, wie durch den äußerlichen
sinnlichen Eindruck in die Nerven die materiellen Jdeen
ins Gehirn gebracht werden. Hierdurch empfängt die See-
le durch die thierische Kraft der Nerven zu äußerlichen Em-
pfindungen natürlich nothwendiger Weise und uneigenmäch-
tig §. 27. Vorstellungen. Sie kann aber auch selbst vie-
le Arten von Vorstellungen eigenmächtig in sich hervor-
bringen, und bey diesen entstehen die materiellen Jdeen im
Gehirne, als ein Werk der Vorstellungskraft, blos durch
Vorstellungen, ohne einen äußern sinnlichen Eindruck. §. 27.
Diese andre Art materieller Jdeen, die die verschiedenen
eigenmächtigen Vorstellungen der Seele im Gehirne her-
vorbringen, müssen erst bestimmet werden, ehe man ihren
Einfluß in die thierische Oekonomie erklären kann. Da
aber einige dieser selbstthätigen Vorstellungen nur solche ma-
teriellen Jdeen veranlassen, die außer dem Gehirne gar kei-
ne merklichen Wirkungen in der thierischen Oeconomie äu-
ßern, so werden wir, weil von diesen in der Naturlehre des
thierischen Körpers nichts zu sagen ist, hauptsächlich nur
diejenigen betrachten, von deren Wirkungen wir etwas
wissen.

§. 65.

Kein Thier denkt, ohne zu empfinden. Die, welche
die wenigsten äußerlichen Sinne haben, verrathen auch die
schwächste Vorstellungskraft. Bey ihrem Ursprunge geht
das Empfinden vor allen ihren übrigen Vorstellungen vor-
her. So möglich es zu seyn scheint, daß Thiere, die eine
Zeitlang empfunden haben, beym Verluste aller äußern
Empfindungen dennoch fortdenken könnten, so ist doch da-
von kein völlig erwiesenes Beyspiel in der Natur. Viel

weniger

3 Abſchn. der Nerven. Die ſinnl. Vorſtellungen.
nichts Neues daruͤber zu ſagen iſt, ſo kann es mit Recht
uͤbergangen werden.

Die ſinnlichen Vorſtellungen.
§. 64.

Es iſt bisher gezeiget worden, wie durch den aͤußerlichen
ſinnlichen Eindruck in die Nerven die materiellen Jdeen
ins Gehirn gebracht werden. Hierdurch empfaͤngt die See-
le durch die thieriſche Kraft der Nerven zu aͤußerlichen Em-
pfindungen natuͤrlich nothwendiger Weiſe und uneigenmaͤch-
tig §. 27. Vorſtellungen. Sie kann aber auch ſelbſt vie-
le Arten von Vorſtellungen eigenmaͤchtig in ſich hervor-
bringen, und bey dieſen entſtehen die materiellen Jdeen im
Gehirne, als ein Werk der Vorſtellungskraft, blos durch
Vorſtellungen, ohne einen aͤußern ſinnlichen Eindruck. §. 27.
Dieſe andre Art materieller Jdeen, die die verſchiedenen
eigenmaͤchtigen Vorſtellungen der Seele im Gehirne her-
vorbringen, muͤſſen erſt beſtimmet werden, ehe man ihren
Einfluß in die thieriſche Oekonomie erklaͤren kann. Da
aber einige dieſer ſelbſtthaͤtigen Vorſtellungen nur ſolche ma-
teriellen Jdeen veranlaſſen, die außer dem Gehirne gar kei-
ne merklichen Wirkungen in der thieriſchen Oeconomie aͤu-
ßern, ſo werden wir, weil von dieſen in der Naturlehre des
thieriſchen Koͤrpers nichts zu ſagen iſt, hauptſaͤchlich nur
diejenigen betrachten, von deren Wirkungen wir etwas
wiſſen.

§. 65.

Kein Thier denkt, ohne zu empfinden. Die, welche
die wenigſten aͤußerlichen Sinne haben, verrathen auch die
ſchwaͤchſte Vorſtellungskraft. Bey ihrem Urſprunge geht
das Empfinden vor allen ihren uͤbrigen Vorſtellungen vor-
her. So moͤglich es zu ſeyn ſcheint, daß Thiere, die eine
Zeitlang empfunden haben, beym Verluſte aller aͤußern
Empfindungen dennoch fortdenken koͤnnten, ſo iſt doch da-
von kein voͤllig erwieſenes Beyſpiel in der Natur. Viel

weniger
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0103" n="79"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">3 Ab&#x017F;chn. der Nerven. Die &#x017F;innl. Vor&#x017F;tellungen.</hi></fw><lb/>
nichts Neues daru&#x0364;ber zu &#x017F;agen i&#x017F;t, &#x017F;o kann es mit Recht<lb/>
u&#x0364;bergangen werden.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Die &#x017F;innlichen Vor&#x017F;tellungen.</hi> </head><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 64.</head><lb/>
                <p>Es i&#x017F;t bisher gezeiget worden, wie durch den a&#x0364;ußerlichen<lb/>
&#x017F;innlichen Eindruck in die Nerven die materiellen Jdeen<lb/>
ins Gehirn gebracht werden. Hierdurch empfa&#x0364;ngt die See-<lb/>
le durch die thieri&#x017F;che Kraft der Nerven zu a&#x0364;ußerlichen Em-<lb/>
pfindungen natu&#x0364;rlich nothwendiger Wei&#x017F;e und uneigenma&#x0364;ch-<lb/>
tig §. 27. Vor&#x017F;tellungen. Sie kann aber auch &#x017F;elb&#x017F;t vie-<lb/>
le Arten von Vor&#x017F;tellungen eigenma&#x0364;chtig in &#x017F;ich hervor-<lb/>
bringen, und bey die&#x017F;en ent&#x017F;tehen die materiellen Jdeen im<lb/>
Gehirne, als ein Werk der Vor&#x017F;tellungskraft, blos durch<lb/>
Vor&#x017F;tellungen, ohne einen a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Eindruck. §. 27.<lb/>
Die&#x017F;e andre Art materieller Jdeen, die die ver&#x017F;chiedenen<lb/>
eigenma&#x0364;chtigen Vor&#x017F;tellungen der Seele im Gehirne her-<lb/>
vorbringen, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en er&#x017F;t be&#x017F;timmet werden, ehe man ihren<lb/>
Einfluß in die thieri&#x017F;che Oekonomie erkla&#x0364;ren kann. Da<lb/>
aber einige die&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;ttha&#x0364;tigen Vor&#x017F;tellungen nur &#x017F;olche ma-<lb/>
teriellen Jdeen veranla&#x017F;&#x017F;en, die außer dem Gehirne gar kei-<lb/>
ne merklichen Wirkungen in der thieri&#x017F;chen Oeconomie a&#x0364;u-<lb/>
ßern, &#x017F;o werden wir, weil von die&#x017F;en in der Naturlehre des<lb/>
thieri&#x017F;chen Ko&#x0364;rpers nichts zu &#x017F;agen i&#x017F;t, haupt&#x017F;a&#x0364;chlich nur<lb/>
diejenigen betrachten, von deren Wirkungen wir etwas<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 65.</head><lb/>
                <p>Kein Thier denkt, ohne zu empfinden. Die, welche<lb/>
die wenig&#x017F;ten a&#x0364;ußerlichen Sinne haben, verrathen auch die<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;ch&#x017F;te Vor&#x017F;tellungskraft. Bey ihrem Ur&#x017F;prunge geht<lb/>
das Empfinden vor allen ihren u&#x0364;brigen Vor&#x017F;tellungen vor-<lb/>
her. So mo&#x0364;glich es zu &#x017F;eyn &#x017F;cheint, daß Thiere, die eine<lb/>
Zeitlang empfunden haben, beym Verlu&#x017F;te aller a&#x0364;ußern<lb/>
Empfindungen dennoch fortdenken ko&#x0364;nnten, &#x017F;o i&#x017F;t doch da-<lb/>
von kein vo&#x0364;llig erwie&#x017F;enes Bey&#x017F;piel in der Natur. Viel<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">weniger</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[79/0103] 3 Abſchn. der Nerven. Die ſinnl. Vorſtellungen. nichts Neues daruͤber zu ſagen iſt, ſo kann es mit Recht uͤbergangen werden. Die ſinnlichen Vorſtellungen. §. 64. Es iſt bisher gezeiget worden, wie durch den aͤußerlichen ſinnlichen Eindruck in die Nerven die materiellen Jdeen ins Gehirn gebracht werden. Hierdurch empfaͤngt die See- le durch die thieriſche Kraft der Nerven zu aͤußerlichen Em- pfindungen natuͤrlich nothwendiger Weiſe und uneigenmaͤch- tig §. 27. Vorſtellungen. Sie kann aber auch ſelbſt vie- le Arten von Vorſtellungen eigenmaͤchtig in ſich hervor- bringen, und bey dieſen entſtehen die materiellen Jdeen im Gehirne, als ein Werk der Vorſtellungskraft, blos durch Vorſtellungen, ohne einen aͤußern ſinnlichen Eindruck. §. 27. Dieſe andre Art materieller Jdeen, die die verſchiedenen eigenmaͤchtigen Vorſtellungen der Seele im Gehirne her- vorbringen, muͤſſen erſt beſtimmet werden, ehe man ihren Einfluß in die thieriſche Oekonomie erklaͤren kann. Da aber einige dieſer ſelbſtthaͤtigen Vorſtellungen nur ſolche ma- teriellen Jdeen veranlaſſen, die außer dem Gehirne gar kei- ne merklichen Wirkungen in der thieriſchen Oeconomie aͤu- ßern, ſo werden wir, weil von dieſen in der Naturlehre des thieriſchen Koͤrpers nichts zu ſagen iſt, hauptſaͤchlich nur diejenigen betrachten, von deren Wirkungen wir etwas wiſſen. §. 65. Kein Thier denkt, ohne zu empfinden. Die, welche die wenigſten aͤußerlichen Sinne haben, verrathen auch die ſchwaͤchſte Vorſtellungskraft. Bey ihrem Urſprunge geht das Empfinden vor allen ihren uͤbrigen Vorſtellungen vor- her. So moͤglich es zu ſeyn ſcheint, daß Thiere, die eine Zeitlang empfunden haben, beym Verluſte aller aͤußern Empfindungen dennoch fortdenken koͤnnten, ſo iſt doch da- von kein voͤllig erwieſenes Beyſpiel in der Natur. Viel weniger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/103
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/103>, abgerufen am 18.12.2024.