nischen Kräften der Theile des thierischen Kör- pers herleiten wollten, und den offenbaren Ein- fluß der Vorstellungskraft und der übrigen blos thierischen Kräfte in die thierischen Handlungen schlechterdings läugneten. So irren noch itzt die Physiologen, wenn sie bey Verrichtungen, die sich aus der Strucktur der Theile mechanisch er- klären lassen, die Mitwirkung der thierischen Kräfte ausschließen, wenn sie das, was nicht mechanisch erkläret werden kann, nothwendig von der Seele herleiten zu müssen glauben, wenn sie die thierischen bewegenden Kräfte aus den Gese- tzen der Naturlehre und Mechanick erklären wol- len, und nimmer zu entscheiden wissen, durch wel- che Kräfte, nach welchen Gesetzen, und in wel- cher Gemeinschaft die höchst verschiedenen Triebfe- dern des thierischen Lebens die wundervolle Ma- schine des lebenden Körpers regieren.
Um diesem großen Mangel in der Physiologie abzuhelfen, welcher itzt immer merklicher wird, da man schon anfängt die Krankheiten der eigent- lichen thierischen Kräfte und ihre Curen fleißig zu untersuchen, scheint es einmal Zeit zu seyn, die eigentliche thierische Natur in ihrem ungehinder- ten Zustande genauer zu betrachten, und die Grundgesetze deutlich zu entwerfen, nach welchen die thierischen Kräfte, als solche, im thierischen Körper wirken. Was kann man wohl von einer Pathologie der Gemüths- der Nerven- und an- derer Krankheiten der thierischen Natur, die uns die Abweichungen der thierischen Kräfte von ih- ren natürlichen Gesetzen anzeigen soll, hoffen, so lange wir von diesen ihren natürlichen Gesetzen
noch
Vorrede.
niſchen Kraͤften der Theile des thieriſchen Koͤr- pers herleiten wollten, und den offenbaren Ein- fluß der Vorſtellungskraft und der uͤbrigen blos thieriſchen Kraͤfte in die thieriſchen Handlungen ſchlechterdings laͤugneten. So irren noch itzt die Phyſiologen, wenn ſie bey Verrichtungen, die ſich aus der Strucktur der Theile mechaniſch er- klaͤren laſſen, die Mitwirkung der thieriſchen Kraͤfte ausſchließen, wenn ſie das, was nicht mechaniſch erklaͤret werden kann, nothwendig von der Seele herleiten zu muͤſſen glauben, wenn ſie die thieriſchen bewegenden Kraͤfte aus den Geſe- tzen der Naturlehre und Mechanick erklaͤren wol- len, und nimmer zu entſcheiden wiſſen, durch wel- che Kraͤfte, nach welchen Geſetzen, und in wel- cher Gemeinſchaft die hoͤchſt verſchiedenen Triebfe- dern des thieriſchen Lebens die wundervolle Ma- ſchine des lebenden Koͤrpers regieren.
Um dieſem großen Mangel in der Phyſiologie abzuhelfen, welcher itzt immer merklicher wird, da man ſchon anfaͤngt die Krankheiten der eigent- lichen thieriſchen Kraͤfte und ihre Curen fleißig zu unterſuchen, ſcheint es einmal Zeit zu ſeyn, die eigentliche thieriſche Natur in ihrem ungehinder- ten Zuſtande genauer zu betrachten, und die Grundgeſetze deutlich zu entwerfen, nach welchen die thieriſchen Kraͤfte, als ſolche, im thieriſchen Koͤrper wirken. Was kann man wohl von einer Pathologie der Gemuͤths- der Nerven- und an- derer Krankheiten der thieriſchen Natur, die uns die Abweichungen der thieriſchen Kraͤfte von ih- ren natuͤrlichen Geſetzen anzeigen ſoll, hoffen, ſo lange wir von dieſen ihren natuͤrlichen Geſetzen
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[0010]
Vorrede.
niſchen Kraͤften der Theile des thieriſchen Koͤr-
pers herleiten wollten, und den offenbaren Ein-
fluß der Vorſtellungskraft und der uͤbrigen blos
thieriſchen Kraͤfte in die thieriſchen Handlungen
ſchlechterdings laͤugneten. So irren noch itzt die
Phyſiologen, wenn ſie bey Verrichtungen, die
ſich aus der Strucktur der Theile mechaniſch er-
klaͤren laſſen, die Mitwirkung der thieriſchen
Kraͤfte ausſchließen, wenn ſie das, was nicht
mechaniſch erklaͤret werden kann, nothwendig von
der Seele herleiten zu muͤſſen glauben, wenn ſie
die thieriſchen bewegenden Kraͤfte aus den Geſe-
tzen der Naturlehre und Mechanick erklaͤren wol-
len, und nimmer zu entſcheiden wiſſen, durch wel-
che Kraͤfte, nach welchen Geſetzen, und in wel-
cher Gemeinſchaft die hoͤchſt verſchiedenen Triebfe-
dern des thieriſchen Lebens die wundervolle Ma-
ſchine des lebenden Koͤrpers regieren.
Um dieſem großen Mangel in der Phyſiologie
abzuhelfen, welcher itzt immer merklicher wird,
da man ſchon anfaͤngt die Krankheiten der eigent-
lichen thieriſchen Kraͤfte und ihre Curen fleißig zu
unterſuchen, ſcheint es einmal Zeit zu ſeyn, die
eigentliche thieriſche Natur in ihrem ungehinder-
ten Zuſtande genauer zu betrachten, und die
Grundgeſetze deutlich zu entwerfen, nach welchen
die thieriſchen Kraͤfte, als ſolche, im thieriſchen
Koͤrper wirken. Was kann man wohl von einer
Pathologie der Gemuͤths- der Nerven- und an-
derer Krankheiten der thieriſchen Natur, die uns
die Abweichungen der thieriſchen Kraͤfte von ih-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/10>, abgerufen am 23.11.2024.
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