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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Welt-Mann.
ich nicht zornig wäre. Ja Xenoph. gehet
noch weiter/ und wil nicht einmal/ daß
wir unsere Pferde im Zorn peitschen
sollen.

Die Gesetze haben klüglich verboten/ daß
niemand sich selbst rächen solle/ weil es gar
gewiß ist/ daß er in der Rache keine Masse
würde zuhalten wissen/ indem der Zorn
ihm die Beleidigungen weit grösser vorbil-
det/ als sie in der That nicht seynd. Der
grosse Theodosius hatte gar verordnet/ daß
man kein Urtheil/ so eine Straffe mit sich
brächte/ eher exequiren solte/ als einen Mo-
nath hernach/ nachdem es gesprochen/ da-
mit die Richter Zeit hätten es zuändern/
wann sie es etwann damals/ als sie es gege-
ben/ von einem Zorn wären eingenommen
gewesen. Diese hitzige und unbedachtsame
Gemüths-Bewegung verleitet uns nicht
allein zu übermässiger Rache/ sondern sie
verblendet uns auch gemeiniglich/ wann
wir am meisten nöthig haben die Augen
auffzusperren/ umb die Mittel dadurch wir
uns rächen wollen/ zuerwählen; über diß
daß der Haß/ der sich so gar öffentlich sehen
lässet/ unsern Feinden platz giebt sich gegen
uns zuverwahren.

Einer
D 6

Welt-Mann.
ich nicht zornig waͤre. Ja Xenoph. gehet
noch weiter/ und wil nicht einmal/ daß
wir unſere Pferde im Zorn peitſchen
ſollen.

Die Geſetze haben kluͤglich verboten/ daß
niemand ſich ſelbſt raͤchen ſolle/ weil es gar
gewiß iſt/ daß er in der Rache keine Maſſe
wuͤrde zuhalten wiſſen/ indem der Zorn
ihm die Beleidigungen weit groͤſſer vorbil-
det/ als ſie in der That nicht ſeynd. Der
groſſe Theodoſius hatte gar verordnet/ daß
man kein Urtheil/ ſo eine Straffe mit ſich
braͤchte/ eher exequiren ſolte/ als einen Mo-
nath hernach/ nachdem es geſprochen/ da-
mit die Richter Zeit haͤtten es zuaͤndern/
wann ſie es etwann damals/ als ſie es gege-
ben/ von einem Zorn waͤren eingenommen
geweſen. Dieſe hitzige und unbedachtſame
Gemuͤths-Bewegung verleitet uns nicht
allein zu uͤbermaͤſſiger Rache/ ſondern ſie
verblendet uns auch gemeiniglich/ wann
wir am meiſten noͤthig haben die Augen
auffzuſperren/ umb die Mittel dadurch wir
uns raͤchen wollen/ zuerwaͤhlen; uͤber diß
daß der Haß/ der ſich ſo gar oͤffentlich ſehen
laͤſſet/ unſern Feinden platz giebt ſich gegen
uns zuverwahren.

Einer
D 6
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[83/0099] Welt-Mann. ich nicht zornig waͤre. Ja Xenoph. gehet noch weiter/ und wil nicht einmal/ daß wir unſere Pferde im Zorn peitſchen ſollen. Die Geſetze haben kluͤglich verboten/ daß niemand ſich ſelbſt raͤchen ſolle/ weil es gar gewiß iſt/ daß er in der Rache keine Maſſe wuͤrde zuhalten wiſſen/ indem der Zorn ihm die Beleidigungen weit groͤſſer vorbil- det/ als ſie in der That nicht ſeynd. Der groſſe Theodoſius hatte gar verordnet/ daß man kein Urtheil/ ſo eine Straffe mit ſich braͤchte/ eher exequiren ſolte/ als einen Mo- nath hernach/ nachdem es geſprochen/ da- mit die Richter Zeit haͤtten es zuaͤndern/ wann ſie es etwann damals/ als ſie es gege- ben/ von einem Zorn waͤren eingenommen geweſen. Dieſe hitzige und unbedachtſame Gemuͤths-Bewegung verleitet uns nicht allein zu uͤbermaͤſſiger Rache/ ſondern ſie verblendet uns auch gemeiniglich/ wann wir am meiſten noͤthig haben die Augen auffzuſperren/ umb die Mittel dadurch wir uns raͤchen wollen/ zuerwaͤhlen; uͤber diß daß der Haß/ der ſich ſo gar oͤffentlich ſehen laͤſſet/ unſern Feinden platz giebt ſich gegen uns zuverwahren. Einer D 6

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/99>, abgerufen am 27.11.2024.