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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Welt-Mann.
Doch findet er sich stets in Iris Augen
ein.

Jnsgemein wird dafür gehalten/ daß
die Liebe gerne bey den Leuten zu den Fen-
stern der Augen hinein steige. Ein Author
dieser Zeit beschreibet in seiner Sitten-Lehre
alle Schliche dieser Passion gar arthig/ und
weiset/ auff welche Art sie sich in die Gemü-
ther einfinde. Wir wollen sehen/ ob wir in
kurtzen Worten sagen können/ was er von
dieser Materie/ davon er handelt/ weit-
läufftig erzehlen mögte/ und erklären/ so
gut wir können/ wie es zugehe/ umb die
Zeit/ da die Liebe in einem Hertzen herfür-
quillet.

Unzehlig viel Philosophi haben geglaubet/
daß alle Leiber stets kleine Dünste von sich
selbst außbliesen/ die hernach zu allen Sei-
ten herumb zögen/ und daß dieses die war-
hafften Abbildungen der Leiber/ von dan-
nen sie herab gekommen/ wären. Die Er-
fahrung zeiget uns diß/ wann wir uns in
einem geglätteten Cörper/ so nicht durch-
scheinend ist/ bespiegeln; dann weil er ge-
glättet ist/ kan unser Bild darauff hafften/
ohn daß die Ordnung seiner Theile durch

einige
Welt-Mann.
Doch findet er ſich ſtets in Iris Augen
ein.

Jnsgemein wird dafuͤr gehalten/ daß
die Liebe gerne bey den Leuten zu den Fen-
ſtern der Augen hinein ſteige. Ein Author
dieſer Zeit beſchreibet in ſeiner Sitten-Lehre
alle Schliche dieſer Paſſion gar arthig/ und
weiſet/ auff welche Art ſie ſich in die Gemuͤ-
ther einfinde. Wir wollen ſehen/ ob wir in
kurtzen Worten ſagen koͤnnen/ was er von
dieſer Materie/ davon er handelt/ weit-
laͤufftig erzehlen moͤgte/ und erklaͤren/ ſo
gut wir koͤnnen/ wie es zugehe/ umb die
Zeit/ da die Liebe in einem Hertzen herfuͤr-
quillet.

Unzehlig viel Philoſophi haben geglaubet/
daß alle Leiber ſtets kleine Duͤnſte von ſich
ſelbſt außblieſen/ die hernach zu allen Sei-
ten herumb zoͤgen/ und daß dieſes die war-
hafften Abbildungen der Leiber/ von dan-
nen ſie herab gekommen/ waͤren. Die Er-
fahrung zeiget uns diß/ wann wir uns in
einem geglaͤtteten Coͤrper/ ſo nicht durch-
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[47/0063] Welt-Mann. Doch findet er ſich ſtets in Iris Augen ein. Jnsgemein wird dafuͤr gehalten/ daß die Liebe gerne bey den Leuten zu den Fen- ſtern der Augen hinein ſteige. Ein Author dieſer Zeit beſchreibet in ſeiner Sitten-Lehre alle Schliche dieſer Paſſion gar arthig/ und weiſet/ auff welche Art ſie ſich in die Gemuͤ- ther einfinde. Wir wollen ſehen/ ob wir in kurtzen Worten ſagen koͤnnen/ was er von dieſer Materie/ davon er handelt/ weit- laͤufftig erzehlen moͤgte/ und erklaͤren/ ſo gut wir koͤnnen/ wie es zugehe/ umb die Zeit/ da die Liebe in einem Hertzen herfuͤr- quillet. Unzehlig viel Philoſophi haben geglaubet/ daß alle Leiber ſtets kleine Duͤnſte von ſich ſelbſt außblieſen/ die hernach zu allen Sei- ten herumb zoͤgen/ und daß dieſes die war- hafften Abbildungen der Leiber/ von dan- nen ſie herab gekommen/ waͤren. Die Er- fahrung zeiget uns diß/ wann wir uns in einem geglaͤtteten Coͤrper/ ſo nicht durch- ſcheinend iſt/ beſpiegeln; dann weil er ge- glaͤttet iſt/ kan unſer Bild darauff hafften/ ohn daß die Ordnung ſeiner Theile durch einige

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/63>, abgerufen am 27.11.2024.