[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.Der vollkommene betrachtet werden als eine Tugend/ welchenach hohen Ehren durch solche Mittel/ die einem tapffern Vorhaben wohl beykom- men können/ strebet. Die mittelmässige Ehre wird von einem großmüthigen Her- tzen verworffen/ es wäre dann/ daß die Würde der Personen/ von denen die Ehre kommt/ ihren Preiß erhöheten/ und daß sie umb desto schätzbarer wäre/ als selten sie pfleget verliehen zuwerden. Als die Corin- thier einen Schluß gefasset den grossen A- lexander unter die Zahl ihrer Bürger auff- zunehmen/ schickten sie zu ihm ihre Abge- sandten/ und liessens ihm zuentbieten. Alex- ander verwurff es anfänglich/ und verach- tete es. Allein sobald die Abgesandten ge- meldet/ es hätte ihre Stadt diese Ehre nie- mals jemanden verliehen/ ausser den zwenen Göttern Herculi und Baccho, da griff er mit beyden Händen zu. Allein obschon die Großmüthigkeit ei- mög-
Der vollkommene betrachtet werden als eine Tugend/ welchenach hohen Ehren durch ſolche Mittel/ die einem tapffern Vorhaben wohl beykom- men koͤnnen/ ſtrebet. Die mittelmaͤſſige Ehre wird von einem großmuͤthigen Her- tzen verworffen/ es waͤre dann/ daß die Wuͤrde der Perſonen/ von denen die Ehre kommt/ ihren Preiß erhoͤheten/ und daß ſie umb deſto ſchaͤtzbarer waͤre/ als ſelten ſie pfleget verliehen zuwerden. Als die Corin- thier einen Schluß gefaſſet den groſſen A- lexander unter die Zahl ihrer Buͤrger auff- zunehmen/ ſchickten ſie zu ihm ihre Abge- ſandten/ und lieſſens ihm zuentbieten. Alex- ander verwurff es anfaͤnglich/ und verach- tete es. Allein ſobald die Abgeſandten ge- meldet/ es haͤtte ihre Stadt dieſe Ehre nie- mals jemanden verliehen/ auſſer den zwenẽ Goͤttern Herculi und Baccho, da griff er mit beyden Haͤnden zu. Allein obſchon die Großmuͤthigkeit ei- moͤg-
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Der vollkommene
betrachtet werden als eine Tugend/ welche
nach hohen Ehren durch ſolche Mittel/ die
einem tapffern Vorhaben wohl beykom-
men koͤnnen/ ſtrebet. Die mittelmaͤſſige
Ehre wird von einem großmuͤthigen Her-
tzen verworffen/ es waͤre dann/ daß die
Wuͤrde der Perſonen/ von denen die Ehre
kommt/ ihren Preiß erhoͤheten/ und daß ſie
umb deſto ſchaͤtzbarer waͤre/ als ſelten ſie
pfleget verliehen zuwerden. Als die Corin-
thier einen Schluß gefaſſet den groſſen A-
lexander unter die Zahl ihrer Buͤrger auff-
zunehmen/ ſchickten ſie zu ihm ihre Abge-
ſandten/ und lieſſens ihm zuentbieten. Alex-
ander verwurff es anfaͤnglich/ und verach-
tete es. Allein ſobald die Abgeſandten ge-
meldet/ es haͤtte ihre Stadt dieſe Ehre nie-
mals jemanden verliehen/ auſſer den zwenẽ
Goͤttern Herculi und Baccho, da griff er mit
beyden Haͤnden zu.
Allein obſchon die Großmuͤthigkeit ei-
nen ſonderbaren Glantz hat/ der uͤber die
menſchliche Schwachheit ſcheinet hervor-
zuſchimmern/ ſo muß man ſich doch davon
nicht allzuſehr verblenden/ und biß in die
Grentzen eines unertraͤglichen Stoltzes lei-
ten laſſen. Laſt uns ja meiden/ ſoviel uns
moͤg-
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