Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
7. Abreise.
So hab' ich nun die Stadt verlassen,
Wo ich gelebet lange Zeit;
Ich ziehe rüstig meiner Straßen,
Es gibt mir Niemand das Geleit.
Man hat mir nicht den Rock zerrissen,
Es wär' auch Schade für das Kleid!
Noch in die Wange mich gebissen
Vor übergroßem Herzeleid.
Auch Keinem hat's den Schlaf vertrieben,
Daß ich am Morgen weiter geh';
Sie konnten's halten nach Belieben;
Von Einer aber thut mir's weh.

8. Einkehr.
Bei einem Wirthe, wundermild,
Da war ich jüngst zu Gaste;
Ein goldner Apfel war sein Schild
An einem langen Aste.
Es war der gute Apfelbaum,
Bei dem ich eingekehret;
Mit süßer Kost und frischem Schaum
Hat er mich wohl genähret.
7. Abreiſe.
So hab’ ich nun die Stadt verlaſſen,
Wo ich gelebet lange Zeit;
Ich ziehe rüſtig meiner Straßen,
Es gibt mir Niemand das Geleit.
Man hat mir nicht den Rock zerriſſen,
Es wär’ auch Schade für das Kleid!
Noch in die Wange mich gebiſſen
Vor übergroßem Herzeleid.
Auch Keinem hat’s den Schlaf vertrieben,
Daß ich am Morgen weiter geh’;
Sie konnten’s halten nach Belieben;
Von Einer aber thut mir’s weh.

8. Einkehr.
Bei einem Wirthe, wundermild,
Da war ich jüngſt zu Gaſte;
Ein goldner Apfel war ſein Schild
An einem langen Aſte.
Es war der gute Apfelbaum,
Bei dem ich eingekehret;
Mit ſüßer Koſt und friſchem Schaum
Hat er mich wohl genähret.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0073" n="67"/>
          <div n="3">
            <head>7. <hi rendition="#g">Abrei&#x017F;e</hi>.</head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>So hab&#x2019; ich nun die Stadt verla&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Wo ich gelebet lange Zeit;</l><lb/>
                <l>Ich ziehe rü&#x017F;tig meiner Straßen,</l><lb/>
                <l>Es gibt mir Niemand das Geleit.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Man hat mir nicht den Rock zerri&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Es wär&#x2019; auch Schade für das Kleid!</l><lb/>
                <l>Noch in die Wange mich gebi&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
                <l>Vor übergroßem Herzeleid.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="3">
                <l>Auch Keinem hat&#x2019;s den Schlaf vertrieben,</l><lb/>
                <l>Daß ich am Morgen weiter geh&#x2019;;</l><lb/>
                <l>Sie konnten&#x2019;s halten nach Belieben;</l><lb/>
                <l>Von Einer aber thut mir&#x2019;s weh.</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head>8. <hi rendition="#g">Einkehr</hi>.</head><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Bei einem Wirthe, wundermild,</l><lb/>
                <l>Da war ich jüng&#x017F;t zu Ga&#x017F;te;</l><lb/>
                <l>Ein goldner Apfel war &#x017F;ein Schild</l><lb/>
                <l>An einem langen A&#x017F;te.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="2">
                <l>Es war der gute Apfelbaum,</l><lb/>
                <l>Bei dem ich eingekehret;</l><lb/>
                <l>Mit &#x017F;üßer Ko&#x017F;t und fri&#x017F;chem Schaum</l><lb/>
                <l>Hat er mich wohl genähret.</l>
              </lg><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[67/0073] 7. Abreiſe. So hab’ ich nun die Stadt verlaſſen, Wo ich gelebet lange Zeit; Ich ziehe rüſtig meiner Straßen, Es gibt mir Niemand das Geleit. Man hat mir nicht den Rock zerriſſen, Es wär’ auch Schade für das Kleid! Noch in die Wange mich gebiſſen Vor übergroßem Herzeleid. Auch Keinem hat’s den Schlaf vertrieben, Daß ich am Morgen weiter geh’; Sie konnten’s halten nach Belieben; Von Einer aber thut mir’s weh. 8. Einkehr. Bei einem Wirthe, wundermild, Da war ich jüngſt zu Gaſte; Ein goldner Apfel war ſein Schild An einem langen Aſte. Es war der gute Apfelbaum, Bei dem ich eingekehret; Mit ſüßer Koſt und friſchem Schaum Hat er mich wohl genähret.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/73
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/73>, abgerufen am 03.12.2024.