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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

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Auf Bahren und auf Wagen getragen und geführt,
Mit Eichenlaub bekränzet, wie's Helden wohl gebührt,
So geht es nach dem Thore, die alte Stadt entlang,
Dumpf tönet von den Thürmen der Todtenglocken Klang.
Götz Weissenheim eröffnet den langen Leichenzug,
Er war es, der im Streite des Grafen Banner trug,
Er hatt' es nicht gelassen, bis er erschlagen war,
Drum mag er würdig führen auch noch die todte Schaar.
Drei edle Grafen folgen, bewährt in Schildesamt,
Von Tübingen, von Zollern, von Schwarzenberg entstammt.
O Zollern! deine Leiche umschwebt ein lichter Kranz:
Sahst du vielleicht noch sterbend dein Haus im künft'gen Glanz?
Von Sachsenheim zween Ritter, der Vater und der Sohn,
Die liegen still beisammen in Lilien und in Mohn,
Auf ihrer Stammburg wandelt von Alters her ein Geist,
Der längst mit Klaggebärden auf schweres Unheil weist.
Einst war ein Herr von Lustnau vom Scheintod auferwacht,
Er kehrt' im Leichentuche zu seiner Frau bei Nacht,
Davon man sein Geschlechte die Todten hieß zum Scherz,
Hier bringt man ihrer einen, den traf der Tod in's Herz.
Das Lied, es folgt nicht weiter, des Jammers ist genug,
Will Jemand Alle wissen, die man von dannen trug:
Dort auf den Rathhausfenstern, in Farben bunt und klar,
Stellt jeden Ritters Name und Wappenschild sich dar.
Uhlands Gedichte. 21
Auf Bahren und auf Wagen getragen und geführt,
Mit Eichenlaub bekränzet, wie’s Helden wohl gebührt,
So geht es nach dem Thore, die alte Stadt entlang,
Dumpf tönet von den Thürmen der Todtenglocken Klang.
Götz Weiſſenheim eröffnet den langen Leichenzug,
Er war es, der im Streite des Grafen Banner trug,
Er hatt’ es nicht gelaſſen, bis er erſchlagen war,
Drum mag er würdig führen auch noch die todte Schaar.
Drei edle Grafen folgen, bewährt in Schildesamt,
Von Tübingen, von Zollern, von Schwarzenberg entſtammt.
O Zollern! deine Leiche umſchwebt ein lichter Kranz:
Sahſt du vielleicht noch ſterbend dein Haus im künft’gen Glanz?
Von Sachſenheim zween Ritter, der Vater und der Sohn,
Die liegen ſtill beiſammen in Lilien und in Mohn,
Auf ihrer Stammburg wandelt von Alters her ein Geiſt,
Der längſt mit Klaggebärden auf ſchweres Unheil weist.
Einſt war ein Herr von Luſtnau vom Scheintod auferwacht,
Er kehrt’ im Leichentuche zu ſeiner Frau bei Nacht,
Davon man ſein Geſchlechte die Todten hieß zum Scherz,
Hier bringt man ihrer einen, den traf der Tod in’s Herz.
Das Lied, es folgt nicht weiter, des Jammers iſt genug,
Will Jemand Alle wiſſen, die man von dannen trug:
Dort auf den Rathhausfenſtern, in Farben bunt und klar,
Stellt jeden Ritters Name und Wappenſchild ſich dar.
Uhlands Gedichte. 21
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[321/0327] Auf Bahren und auf Wagen getragen und geführt, Mit Eichenlaub bekränzet, wie’s Helden wohl gebührt, So geht es nach dem Thore, die alte Stadt entlang, Dumpf tönet von den Thürmen der Todtenglocken Klang. Götz Weiſſenheim eröffnet den langen Leichenzug, Er war es, der im Streite des Grafen Banner trug, Er hatt’ es nicht gelaſſen, bis er erſchlagen war, Drum mag er würdig führen auch noch die todte Schaar. Drei edle Grafen folgen, bewährt in Schildesamt, Von Tübingen, von Zollern, von Schwarzenberg entſtammt. O Zollern! deine Leiche umſchwebt ein lichter Kranz: Sahſt du vielleicht noch ſterbend dein Haus im künft’gen Glanz? Von Sachſenheim zween Ritter, der Vater und der Sohn, Die liegen ſtill beiſammen in Lilien und in Mohn, Auf ihrer Stammburg wandelt von Alters her ein Geiſt, Der längſt mit Klaggebärden auf ſchweres Unheil weist. Einſt war ein Herr von Luſtnau vom Scheintod auferwacht, Er kehrt’ im Leichentuche zu ſeiner Frau bei Nacht, Davon man ſein Geſchlechte die Todten hieß zum Scherz, Hier bringt man ihrer einen, den traf der Tod in’s Herz. Das Lied, es folgt nicht weiter, des Jammers iſt genug, Will Jemand Alle wiſſen, die man von dannen trug: Dort auf den Rathhausfenſtern, in Farben bunt und klar, Stellt jeden Ritters Name und Wappenſchild ſich dar. Uhlands Gedichte. 21

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Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/327>, abgerufen am 22.11.2024.