Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Der Herzog Naims von Baierland Kam mit des Riesen Stange: "Schaut an, was ich im Walde fand! Ein Waffen, stark und lange. Wohl schwitz' ich von dem schweren Druck; Hei! bairisch Bier, ein guter Schluck, Sollt' mir gar köstlich munden!" Graf Richard kam zu Fuß daher, Ging neben seinem Pferde, Das trug des Riesen schwere Wehr, Den Harnisch sammt dem Schwerdte: "Wer suchen will im wilden Tann, Manch Waffenstück noch finden kann, Ist mir zu viel gewesen." Der Graf Garin thät ferne schon Den Schild des Riesen schwingen. "Der hat den Schild, deß ist die Kron', Der wird das Kleinod bringen!" "Den Schild hab' ich, ihr lieben Herrn! Das Kleinod hätt' ich gar zu gern, Doch das ist ausgebrochen." Zuletzt thät man Herrn Milon sehn, Der nach dem Schlosse lenkte, Er ließ das Rößlein langsam gehn, Das Haupt er traurig senkte. Roland ritt hinter'm Vater her Und trug ihm seinen starken Speer Zusammt dem festen Schilde. Uhlands Gedichte. 20
Der Herzog Naims von Baierland Kam mit des Rieſen Stange: „Schaut an, was ich im Walde fand! Ein Waffen, ſtark und lange. Wohl ſchwitz’ ich von dem ſchweren Druck; Hei! bairiſch Bier, ein guter Schluck, Sollt’ mir gar köſtlich munden!“ Graf Richard kam zu Fuß daher, Ging neben ſeinem Pferde, Das trug des Rieſen ſchwere Wehr, Den Harniſch ſammt dem Schwerdte: „Wer ſuchen will im wilden Tann, Manch Waffenſtück noch finden kann, Iſt mir zu viel geweſen.“ Der Graf Garin thät ferne ſchon Den Schild des Rieſen ſchwingen. „Der hat den Schild, deß iſt die Kron’, Der wird das Kleinod bringen!“ „Den Schild hab’ ich, ihr lieben Herrn! Das Kleinod hätt’ ich gar zu gern, Doch das iſt ausgebrochen.“ Zuletzt thät man Herrn Milon ſehn, Der nach dem Schloſſe lenkte, Er ließ das Rößlein langſam gehn, Das Haupt er traurig ſenkte. Roland ritt hinter’m Vater her Und trug ihm ſeinen ſtarken Speer Zuſammt dem feſten Schilde. Uhlands Gedichte. 20
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Der Herzog Naims von Baierland
Kam mit des Rieſen Stange:
„Schaut an, was ich im Walde fand!
Ein Waffen, ſtark und lange.
Wohl ſchwitz’ ich von dem ſchweren Druck;
Hei! bairiſch Bier, ein guter Schluck,
Sollt’ mir gar köſtlich munden!“
Graf Richard kam zu Fuß daher,
Ging neben ſeinem Pferde,
Das trug des Rieſen ſchwere Wehr,
Den Harniſch ſammt dem Schwerdte:
„Wer ſuchen will im wilden Tann,
Manch Waffenſtück noch finden kann,
Iſt mir zu viel geweſen.“
Der Graf Garin thät ferne ſchon
Den Schild des Rieſen ſchwingen.
„Der hat den Schild, deß iſt die Kron’,
Der wird das Kleinod bringen!“
„Den Schild hab’ ich, ihr lieben Herrn!
Das Kleinod hätt’ ich gar zu gern,
Doch das iſt ausgebrochen.“
Zuletzt thät man Herrn Milon ſehn,
Der nach dem Schloſſe lenkte,
Er ließ das Rößlein langſam gehn,
Das Haupt er traurig ſenkte.
Roland ritt hinter’m Vater her
Und trug ihm ſeinen ſtarken Speer
Zuſammt dem feſten Schilde.
Uhlands Gedichte. 20
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/311>, abgerufen am 16.07.2024. |