Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
"Ist deine Mutter so edle Dam',
Wie du berühmst, mein Kind!
So hat sie wohl ein Schloß lustsam
Und stattlich Hofgesind?
Sag an! wer ist denn ihr Truchseß,
Sag an! wer ist ihr Schenk?"
"Meine rechte Hand ist ihr Truchseß,
Meine linke, die ist ihr Schenk."
"Sag an! wer sind ihre Wächter tren?"
"Meine Augen blau allstund."
"Sag an! wer ist ihr Sänger frei?"
"Der ist mein rother Mund."
"Die Dam' hat wackre Diener, traun!
Doch liebt sie sondre Livrei,
Wie Regenbogen anzuschaun,
Mit Farben mancherlei."
"Ich hab' bezwungen der Knaben acht
Von jedem Viertel der Stadt,
Die haben mir als Zins gebracht
Vierfältig Tuch zur Wat."
"Die Dame hat, nach meinem Sinn,
Den besten Diener der Welt.
Sie ist wohl Bettlerkönigin,
Die offne Tafel hält.
„Iſt deine Mutter ſo edle Dam’,
Wie du berühmſt, mein Kind!
So hat ſie wohl ein Schloß luſtſam
Und ſtattlich Hofgeſind?
Sag an! wer iſt denn ihr Truchſeß,
Sag an! wer iſt ihr Schenk?“
„Meine rechte Hand iſt ihr Truchſeß,
Meine linke, die iſt ihr Schenk.“
„Sag an! wer ſind ihre Wächter tren?“
„Meine Augen blau allſtund.“
„Sag an! wer iſt ihr Sänger frei?“
„Der iſt mein rother Mund.“
„Die Dam’ hat wackre Diener, traun!
Doch liebt ſie ſondre Livrei,
Wie Regenbogen anzuſchaun,
Mit Farben mancherlei.“
„Ich hab’ bezwungen der Knaben acht
Von jedem Viertel der Stadt,
Die haben mir als Zins gebracht
Vierfältig Tuch zur Wat.“
„Die Dame hat, nach meinem Sinn,
Den beſten Diener der Welt.
Sie iſt wohl Bettlerkönigin,
Die offne Tafel hält.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0302" n="296"/>
            <lg n="18">
              <l>&#x201E;I&#x017F;t deine Mutter &#x017F;o edle Dam&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Wie du berühm&#x017F;t, mein Kind!</l><lb/>
              <l>So hat &#x017F;ie wohl ein Schloß lu&#x017F;t&#x017F;am</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;tattlich Hofge&#x017F;ind?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="19">
              <l>Sag an! wer i&#x017F;t denn ihr Truch&#x017F;eß,</l><lb/>
              <l>Sag an! wer i&#x017F;t ihr Schenk?&#x201C;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Meine rechte Hand i&#x017F;t ihr Truch&#x017F;eß,</l><lb/>
              <l>Meine linke, die i&#x017F;t ihr Schenk.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>&#x201E;Sag an! wer &#x017F;ind ihre Wächter tren?&#x201C;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Meine Augen blau all&#x017F;tund.&#x201C;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sag an! wer i&#x017F;t ihr Sänger frei?&#x201C;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Der i&#x017F;t mein rother Mund.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="21">
              <l>&#x201E;Die Dam&#x2019; hat wackre Diener, traun!</l><lb/>
              <l>Doch liebt &#x017F;ie &#x017F;ondre Livrei,</l><lb/>
              <l>Wie Regenbogen anzu&#x017F;chaun,</l><lb/>
              <l>Mit Farben mancherlei.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="22">
              <l>&#x201E;Ich hab&#x2019; bezwungen der Knaben acht</l><lb/>
              <l>Von jedem Viertel der Stadt,</l><lb/>
              <l>Die haben mir als Zins gebracht</l><lb/>
              <l>Vierfältig Tuch zur Wat.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="23">
              <l>&#x201E;Die Dame hat, nach meinem Sinn,</l><lb/>
              <l>Den be&#x017F;ten Diener der Welt.</l><lb/>
              <l>Sie i&#x017F;t wohl Bettlerkönigin,</l><lb/>
              <l>Die offne Tafel hält.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0302] „Iſt deine Mutter ſo edle Dam’, Wie du berühmſt, mein Kind! So hat ſie wohl ein Schloß luſtſam Und ſtattlich Hofgeſind? Sag an! wer iſt denn ihr Truchſeß, Sag an! wer iſt ihr Schenk?“ „Meine rechte Hand iſt ihr Truchſeß, Meine linke, die iſt ihr Schenk.“ „Sag an! wer ſind ihre Wächter tren?“ „Meine Augen blau allſtund.“ „Sag an! wer iſt ihr Sänger frei?“ „Der iſt mein rother Mund.“ „Die Dam’ hat wackre Diener, traun! Doch liebt ſie ſondre Livrei, Wie Regenbogen anzuſchaun, Mit Farben mancherlei.“ „Ich hab’ bezwungen der Knaben acht Von jedem Viertel der Stadt, Die haben mir als Zins gebracht Vierfältig Tuch zur Wat.“ „Die Dame hat, nach meinem Sinn, Den beſten Diener der Welt. Sie iſt wohl Bettlerkönigin, Die offne Tafel hält.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/302
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/302>, abgerufen am 06.05.2024.