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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

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An des Vaters Brust sich schlangen
Sohn und Tochter; ihre Wangen
Thäten völlig sich entfärben.
Wohin der graue,
Erschrockne Vater schaue,
Sieht er eins der Kinder sterben.
"Weh! die holden Kinder beide
Nahmst du hin in Ingendfreude:
Nimm auch mich, den Freudelosen!"
Da sprach der Grimme
Mit hohler, dumpfer Stimme:
"Greis! im Frühling brech' ich Rosen."

An des Vaters Bruſt ſich ſchlangen
Sohn und Tochter; ihre Wangen
Thäten völlig ſich entfärben.
Wohin der graue,
Erſchrockne Vater ſchaue,
Sieht er eins der Kinder ſterben.
„Weh! die holden Kinder beide
Nahmſt du hin in Ingendfreude:
Nimm auch mich, den Freudeloſen!“
Da ſprach der Grimme
Mit hohler, dumpfer Stimme:
„Greis! im Frühling brech’ ich Roſen.“

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[187/0193] An des Vaters Bruſt ſich ſchlangen Sohn und Tochter; ihre Wangen Thäten völlig ſich entfärben. Wohin der graue, Erſchrockne Vater ſchaue, Sieht er eins der Kinder ſterben. „Weh! die holden Kinder beide Nahmſt du hin in Ingendfreude: Nimm auch mich, den Freudeloſen!“ Da ſprach der Grimme Mit hohler, dumpfer Stimme: „Greis! im Frühling brech’ ich Roſen.“

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Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/193>, abgerufen am 12.05.2024.