Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Sie nahm den Spieß zu Händen, Den ihr der Vater bot, Thät in den Wald sich wenden, Ihr Jagdruf war der Tod. Dort in der Linde Schatten traf Sie bei den treuen Bracken Ihr Lieb im tiefen Schlaf. "Ich komme zu der Linde, Wie ich dem Lieb verhieß." Da stieß sie gar geschwinde In ihre Brust den Spieß. Sie ruhten bei einander kühl, Waldvöglein sangen oben, Grün Laub herunter fiel. 3. Ein Fräulein sah vom Schlosse Hinab in's tiefe Thal. Ihr Vater kam zu Rosse, Er trug ein Kleid von Stahl. "Willkomm, Herr Vater, Gottwillkomm! Was bringst du deinem Kinde? Ich war wohl still und fromm." Sie nahm den Spieß zu Händen, Den ihr der Vater bot, Thät in den Wald ſich wenden, Ihr Jagdruf war der Tod. Dort in der Linde Schatten traf Sie bei den treuen Bracken Ihr Lieb im tiefen Schlaf. „Ich komme zu der Linde, Wie ich dem Lieb verhieß.“ Da ſtieß ſie gar geſchwinde In ihre Bruſt den Spieß. Sie ruhten bei einander kühl, Waldvöglein ſangen oben, Grün Laub herunter fiel. 3. Ein Fräulein ſah vom Schloſſe Hinab in’s tiefe Thal. Ihr Vater kam zu Roſſe, Er trug ein Kleid von Stahl. „Willkomm, Herr Vater, Gottwillkomm! Was bringſt du deinem Kinde? Ich war wohl ſtill und fromm.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0189" n="183"/> <lg n="3"> <l>Sie nahm den Spieß zu Händen,</l><lb/> <l>Den ihr der Vater bot,</l><lb/> <l>Thät in den Wald ſich wenden,</l><lb/> <l>Ihr Jagdruf war der Tod.</l><lb/> <l>Dort in der Linde Schatten traf</l><lb/> <l>Sie bei den treuen Bracken</l><lb/> <l>Ihr Lieb im tiefen Schlaf.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>„Ich komme zu der Linde,</l><lb/> <l>Wie ich dem Lieb verhieß.“</l><lb/> <l>Da ſtieß ſie gar geſchwinde</l><lb/> <l>In ihre Bruſt den Spieß.</l><lb/> <l>Sie ruhten bei einander kühl,</l><lb/> <l>Waldvöglein ſangen oben,</l><lb/> <l>Grün Laub herunter fiel.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head>3.</head><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ein Fräulein ſah vom Schloſſe</l><lb/> <l>Hinab in’s tiefe Thal.</l><lb/> <l>Ihr Vater kam zu Roſſe,</l><lb/> <l>Er trug ein Kleid von Stahl.</l><lb/> <l>„Willkomm, Herr Vater, Gottwillkomm!</l><lb/> <l>Was bringſt du deinem Kinde?</l><lb/> <l>Ich war wohl ſtill und fromm.“</l> </lg><lb/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [183/0189]
Sie nahm den Spieß zu Händen,
Den ihr der Vater bot,
Thät in den Wald ſich wenden,
Ihr Jagdruf war der Tod.
Dort in der Linde Schatten traf
Sie bei den treuen Bracken
Ihr Lieb im tiefen Schlaf.
„Ich komme zu der Linde,
Wie ich dem Lieb verhieß.“
Da ſtieß ſie gar geſchwinde
In ihre Bruſt den Spieß.
Sie ruhten bei einander kühl,
Waldvöglein ſangen oben,
Grün Laub herunter fiel.
3.
Ein Fräulein ſah vom Schloſſe
Hinab in’s tiefe Thal.
Ihr Vater kam zu Roſſe,
Er trug ein Kleid von Stahl.
„Willkomm, Herr Vater, Gottwillkomm!
Was bringſt du deinem Kinde?
Ich war wohl ſtill und fromm.“
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Zitationshilfe: | Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/189>, abgerufen am 22.07.2024. |