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Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

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Des Knaben Tod.

"Zeuch nicht den dunkeln Wald hinab!
Es gilt dein Leben, du junger Knab!"
"Mein Gott im Himmel, der ist mein Licht,
Der läßt mich im dunkeln Walde nicht."
Da zeucht er hinunter, der junge Knab,
Es braust ihm zu Füßen der Strom hinab,
Es saust ihm zu Haupte der schwarze Wald,
Und die Sonne versinket in Wolken bald.
Und er kommt an's finstere Räuberhaus,
Eine holde Jungfrau schauet heraus:
"O wehe! du bist so ein junger Knab,
Was kommst du in's Thal des Todes herab?"
Aus dem Thor die mördrische Rotte bricht,
Die Jungfrau decket ihr Angesicht,
Sie stoßen ihn nieder, sie rauben sein Gut,
Sie lassen ihn liegen in seinem Blut.
"O weh! wie dunkel! keine Sonne, kein Stern!
Wen ruf' ich an? ist mein Gott so fern?
Ha! Jungfrau dort, im himmlischen Schein,
Nimm auf meine Seel' in die Hände dein!"

Des Knaben Tod.

„Zeuch nicht den dunkeln Wald hinab!
Es gilt dein Leben, du junger Knab!“
„Mein Gott im Himmel, der iſt mein Licht,
Der läßt mich im dunkeln Walde nicht.“
Da zeucht er hinunter, der junge Knab,
Es braust ihm zu Füßen der Strom hinab,
Es ſaust ihm zu Haupte der ſchwarze Wald,
Und die Sonne verſinket in Wolken bald.
Und er kommt an’s finſtere Räuberhaus,
Eine holde Jungfrau ſchauet heraus:
„O wehe! du biſt ſo ein junger Knab,
Was kommſt du in’s Thal des Todes herab?“
Aus dem Thor die mördriſche Rotte bricht,
Die Jungfrau decket ihr Angeſicht,
Sie ſtoßen ihn nieder, ſie rauben ſein Gut,
Sie laſſen ihn liegen in ſeinem Blut.
„O weh! wie dunkel! keine Sonne, kein Stern!
Wen ruf’ ich an? iſt mein Gott ſo fern?
Ha! Jungfrau dort, im himmliſchen Schein,
Nimm auf meine Seel’ in die Hände dein!“

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[179/0185] Des Knaben Tod. „Zeuch nicht den dunkeln Wald hinab! Es gilt dein Leben, du junger Knab!“ „Mein Gott im Himmel, der iſt mein Licht, Der läßt mich im dunkeln Walde nicht.“ Da zeucht er hinunter, der junge Knab, Es braust ihm zu Füßen der Strom hinab, Es ſaust ihm zu Haupte der ſchwarze Wald, Und die Sonne verſinket in Wolken bald. Und er kommt an’s finſtere Räuberhaus, Eine holde Jungfrau ſchauet heraus: „O wehe! du biſt ſo ein junger Knab, Was kommſt du in’s Thal des Todes herab?“ Aus dem Thor die mördriſche Rotte bricht, Die Jungfrau decket ihr Angeſicht, Sie ſtoßen ihn nieder, ſie rauben ſein Gut, Sie laſſen ihn liegen in ſeinem Blut. „O weh! wie dunkel! keine Sonne, kein Stern! Wen ruf’ ich an? iſt mein Gott ſo fern? Ha! Jungfrau dort, im himmliſchen Schein, Nimm auf meine Seel’ in die Hände dein!“

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Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/185>, abgerufen am 22.11.2024.