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Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.

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Die II. Anmerckung. (e)
nützlich anzuwenden; sondern ihre eigeneUngewis-
senhaffter
Hofmeister
Kennzeichen
äusern sich

Vergnügung und ihr eigenes Interesse auf
Universitäten und Reisen gesucht haben.
Jhr und ihrer Nachfolger Characterismus
ist vornehmlich dieser:
1) Wird an das ordentliche Morgen-in Anse-
hung des
thätigen
Christen-
thums;

und Abend-Gebet, und das höchst nöthige
Bibel-Lesen, bey ihren Anvertrauten, wo
diese es nicht vor selbst thun, wenig
oder gar nicht gedacht; noch weniger des
Sonntags der Gottesdienst gehörig abge-
wartet: Weil sie selbst weder vom
Gebet, noch Bibel-Lesen, noch vom Kir-
chen-Gehen viel halten, und ihre, GOtt
weiß wie beschaffene Privat-Andachten,
denen öffentlichen, nicht ohne Aergerniß, vor-
ziehen; Kurtz: Weil sie entweder selbst
noch keine wahre Christen sind, oder doch
sich keine rechte Mühe, solche zu werden,
geben wollen.
2) Suchen sie sich nicht bey ihren Ca-Derer Col-
legiorum

und Exer-
citiorum;

valiers durch eine untadelhaffte Conduite
beliebt zu machen, und beständigst in ihrer
Gesellschafft zu seyn, ob sie gleich noch so
traitable Gemüther zu gouverniren haben;
besuchen auch selten die Collegia und Exer-
citi
en-Meister mit ihnen; sondern ihre
Herren können sie nach Belieben abwarten
oder nicht, das gilt ihnen gleichviel. Da
doch ihre Gegenwart ihren Fleiß stimuliren,
oder sie wenigstens von Vernachläßigung
derer
Die II. Anmerckung. (e)
nuͤtzlich anzuwenden; ſondern ihre eigeneUngewiſ-
ſenhaffter
Hofmeiſter
Keñzeichen
aͤuſern ſich

Vergnuͤgung und ihr eigenes Intereſſe auf
Univerſitaͤten und Reiſen geſucht haben.
Jhr und ihrer Nachfolger Characteriſmus
iſt vornehmlich dieſer:
1) Wird an das ordentliche Morgen-in Anſe-
hung des
thaͤtigen
Chriſten-
thums;

und Abend-Gebet, und das hoͤchſt noͤthige
Bibel-Leſen, bey ihren Anvertrauten, wo
dieſe es nicht vor ſelbſt thun, wenig
oder gar nicht gedacht; noch weniger des
Sonntags der Gottesdienſt gehoͤrig abge-
wartet: Weil ſie ſelbſt weder vom
Gebet, noch Bibel-Leſen, noch vom Kir-
chen-Gehen viel halten, und ihre, GOtt
weiß wie beſchaffene Privat-Andachten,
denen oͤffentlichen, nicht ohne Aergerniß, vor-
ziehen; Kurtz: Weil ſie entweder ſelbſt
noch keine wahre Chriſten ſind, oder doch
ſich keine rechte Muͤhe, ſolche zu werden,
geben wollen.
2) Suchen ſie ſich nicht bey ihren Ca-Derer Col-
legiorum

und Exer-
citiorum;

valiers durch eine untadelhaffte Conduite
beliebt zu machen, und beſtaͤndigſt in ihrer
Geſellſchafft zu ſeyn, ob ſie gleich noch ſo
traitable Gemuͤther zu gouverniren haben;
beſuchen auch ſelten die Collegia und Exer-
citi
en-Meiſter mit ihnen; ſondern ihre
Herren koͤnnen ſie nach Belieben abwarten
oder nicht, das gilt ihnen gleichviel. Da
doch ihre Gegenwart ihren Fleiß ſtimuliren,
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[29/0051] Die II. Anmerckung. (e) ⁽e⁾ nuͤtzlich anzuwenden; ſondern ihre eigene Vergnuͤgung und ihr eigenes Intereſſe auf Univerſitaͤten und Reiſen geſucht haben. Jhr und ihrer Nachfolger Characteriſmus iſt vornehmlich dieſer: 1) Wird an das ordentliche Morgen- und Abend-Gebet, und das hoͤchſt noͤthige Bibel-Leſen, bey ihren Anvertrauten, wo dieſe es nicht vor ſelbſt thun, wenig oder gar nicht gedacht; noch weniger des Sonntags der Gottesdienſt gehoͤrig abge- wartet: Weil ſie ſelbſt weder vom Gebet, noch Bibel-Leſen, noch vom Kir- chen-Gehen viel halten, und ihre, GOtt weiß wie beſchaffene Privat-Andachten, denen oͤffentlichen, nicht ohne Aergerniß, vor- ziehen; Kurtz: Weil ſie entweder ſelbſt noch keine wahre Chriſten ſind, oder doch ſich keine rechte Muͤhe, ſolche zu werden, geben wollen. 2) Suchen ſie ſich nicht bey ihren Ca- valiers durch eine untadelhaffte Conduite beliebt zu machen, und beſtaͤndigſt in ihrer Geſellſchafft zu ſeyn, ob ſie gleich noch ſo traitable Gemuͤther zu gouverniren haben; beſuchen auch ſelten die Collegia und Exer- citien-Meiſter mit ihnen; ſondern ihre Herren koͤnnen ſie nach Belieben abwarten oder nicht, das gilt ihnen gleichviel. Da doch ihre Gegenwart ihren Fleiß ſtimuliren, oder ſie wenigſtens von Vernachlaͤßigung derer

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Zitationshilfe: Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/51>, abgerufen am 23.11.2024.