Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.Die V. Anmerckung. (n) ten umge-hen lernen;ten umzugehen, und allen allerley, doch oh- ne Sünde, zu werden, und sich nach der in der Conversation befindlichen Personen Qualität und Humeur zu reguliren. Doch iedoch mit Höhern am mei- sten.wolte ich rathen, daß man mehr mit Hö- hern, als mit seines gleichen oder niedrigen Personen umzugehen Gelegenheit suche. Denn weil man sich in der ersten ihrer Ge- sellschafft einigen Zwang anthun, und et- was retire seyn muß, und nicht sans facon leben darff: So profitiret man wahrhaff- tig, und machet sich nach und nach bey ih- nen beliebt, und bahnet sich durch gute Con- duite den Weg zu künfftigen Beförderun- gen. Hierzu ist auf denen Reisen die beste Gele- genheit.Zu dieser Bienseance zu gelangen, hat man sonderlich auf Reisen die schönste Gelegen- heit, auf welchen man mehr conversiren als studieren oder Exercitia treiben muß. Denn ich setze zum Voraus: Daß einer zum Reisen genungsam praepariret ist, seine Studia, Sprachen und Exercitia auf Schu- len und Universitäten, albereits zulänglich getrieben, und biß zur Politur absolviret ha- be, und also den grösten Theil der Zeit, zu nützlichen und anständigen Conversatio- Wer sich auf Reisen nur diver- ciren will, der thut.nen, anwenden könne. Um also von Reisen zu profitiren, muß ein Cavalier seine Zeit nicht in Aubergen und Caffe-Häusern, unter sei- nen Lands-Leuten, mit Schmausereyen und Ausübung allerhand sündlicher Lüste zubrin- Die V. Anmerckung. (n) ten umge-hen lernen;ten umzugehen, und allen allerley, doch oh- ne Suͤnde, zu werden, und ſich nach der in der Converſation befindlichen Perſonen Qualitaͤt und Humeur zu reguliren. Doch iedoch mit Hoͤhern am mei- ſten.wolte ich rathen, daß man mehr mit Hoͤ- hern, als mit ſeines gleichen oder niedrigen Perſonen umzugehen Gelegenheit ſuche. Denn weil man ſich in der erſten ihrer Ge- ſellſchafft einigen Zwang anthun, und et- was retiré ſeyn muß, und nicht ſans façon leben darff: So profitiret man wahrhaff- tig, und machet ſich nach und nach bey ih- nen beliebt, und bahnet ſich durch gute Con- duite den Weg zu kuͤnfftigen Befoͤrderun- gen. Hierzu iſt auf denen Reiſen die beſte Gele- genheit.Zu dieſer Bienſeance zu gelangen, hat man ſonderlich auf Reiſen die ſchoͤnſte Gelegen- heit, auf welchen man mehr converſiren als ſtudieren oder Exercitia treiben muß. Denn ich ſetze zum Voraus: Daß einer zum Reiſen genungſam præpariret iſt, ſeine Studia, Sprachen und Exercitia auf Schu- len und Univerſitaͤten, albereits zulaͤnglich getrieben, und biß zur Politur abſolviret ha- be, und alſo den groͤſten Theil der Zeit, zu nuͤtzlichen und anſtaͤndigen Converſatio- Wer ſich auf Reiſen nur diver- ciren will, der thut.nen, anwenden koͤnne. Um alſo von Reiſen zu profitiren, muß ein Cavalier ſeine Zeit nicht in Aubergen und Caffé-Haͤuſern, unter ſei- nen Lands-Leuten, mit Schmauſereyen und Ausuͤbung allerhand ſuͤndlicher Luͤſte zubrin- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <note xml:id="nn" prev="#zn" place="end" n="(n)"><pb facs="#f0108" n="86"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die <hi rendition="#aq">V.</hi> Anmerckung. <hi rendition="#aq">(n)</hi></hi></fw><lb/><note place="left">ten umge-<lb/> hen lernen;</note>ten umzugehen, und allen allerley, doch oh-<lb/> ne Suͤnde, zu werden, und ſich nach der in<lb/> der <hi rendition="#aq">Converſation</hi> befindlichen Perſonen<lb/><hi rendition="#aq">Quali</hi>taͤt und <hi rendition="#aq">Humeur</hi> zu <hi rendition="#aq">reguli</hi>ren. 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Die V. Anmerckung. (n)
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ten umzugehen, und allen allerley, doch oh-
ne Suͤnde, zu werden, und ſich nach der in
der Converſation befindlichen Perſonen
Qualitaͤt und Humeur zu reguliren. Doch
wolte ich rathen, daß man mehr mit Hoͤ-
hern, als mit ſeines gleichen oder niedrigen
Perſonen umzugehen Gelegenheit ſuche.
Denn weil man ſich in der erſten ihrer Ge-
ſellſchafft einigen Zwang anthun, und et-
was retiré ſeyn muß, und nicht ſans façon
leben darff: So profitiret man wahrhaff-
tig, und machet ſich nach und nach bey ih-
nen beliebt, und bahnet ſich durch gute Con-
duite den Weg zu kuͤnfftigen Befoͤrderun-
gen.
Zu dieſer Bienſeance zu gelangen, hat man
ſonderlich auf Reiſen die ſchoͤnſte Gelegen-
heit, auf welchen man mehr converſiren
als ſtudieren oder Exercitia treiben muß.
Denn ich ſetze zum Voraus: Daß einer
zum Reiſen genungſam præpariret iſt, ſeine
Studia, Sprachen und Exercitia auf Schu-
len und Univerſitaͤten, albereits zulaͤnglich
getrieben, und biß zur Politur abſolviret ha-
be, und alſo den groͤſten Theil der Zeit,
zu nuͤtzlichen und anſtaͤndigen Converſatio-
nen, anwenden koͤnne. Um alſo von Reiſen
zu profitiren, muß ein Cavalier ſeine Zeit nicht
in Aubergen und Caffé-Haͤuſern, unter ſei-
nen Lands-Leuten, mit Schmauſereyen und
Ausuͤbung allerhand ſuͤndlicher Luͤſte zubrin-
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