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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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Reh
fressen können, alsdenn kommt
sie wieder zu dem Rehebock. Jm
May bringet sie gemeiniglich 2
Junge, ein Böcklein und ein Geis-
lein, diese bleiben hernach meistens
beysammen. Das Männlein hat
einen stärckern Fuß, und rundere
Ballen, als das Weiblein, wel-
ches eine hohle und auswerts ge-
wendete Spur hat, daraus die
Jäger solche unterscheiden. Sie
werden sowol mit Windspielen
gehetzt, als auch im Herbst mit
Netzen gefangen, die um etliche
Spiegel höher seyn müssen, als
die Hasen-Garne, damit sie nicht
über dieselbe springen, weil sie ein
leichtes und hurtiges Thier ist.
Wenn der Rehbock ein Jahr alt
ist, setzet er sein Gehörne mit 2
Spitzen, wie die Hirsche; im
zweyten und dritten Jahre aber 4
Enden, bey welcher Zahl es ver-
bleibet; wiewol man Rehbocks-
Gehörne von 8 und mehr Enden
angetroffen hat. Er wirfft das-
selbe im November ab, im Ja-
nuario oder Hornung ist es vere-
cket, und fängt er im Mertz an
zu schlagen. Der Rehbock läufft
zwar im August aufs Blat, als
zu welcher Zeit er nach der Stim-
me des Rehes gehet, welcher Ruf
dergestalt lautet, als ob man auf
einem Blat einen gleichstimmigen
Pfiff thäte; daher auch die alten
Jäger gemeinet, als ob er zu sol-
cher Zeit brunffte, wie dann auch
das vielfältige Jagen es einen fast
solte glauben machen: Allein es
ist dieses Jagen vielmehr eine wil-
de Geilheit, welche der Bock mit
den schmalen Rehen beginnet,
nicht aber mit den alten Rehen,
massen dieselben zu solcher Zeit
noch die Jungen bey sich führen
und sie saugen. Die Ricke läufft
[Spaltenumbruch]
Reh
auch aufs Blat, aber nicht ehe,
als wenn sie ihre Jungen hat,
und dieselben von ihr abgegangen
sind. Jm Nov. und Dec. läufft
der Bock aufs Blat, als in seiner
wahren Brunst-Zeit. Die Rehe
werden an vielen Orten zur nie-
dern Jagd, in Sachsen aber zur
mitlern Jagd gerechnet. Das
Reh-Wildpret ist zart, vor an-
derm Wildpret wohlschmeckend,
und sehr gesund. Die gemeinsten
Weidemännischen Redens-Arten
vom Rehe sind folgende: Das
Männlein nennet man einen Re-
he-Bock, und das Weiblein eine
Geis oder Ricke. Die Jungen
heißt man Rehe-Kätzlein oder
Rehe-Kälber; Die Rehe setzen,
sie gehen aufs Gras, das ist, Weide,
das Rehe schreyet, springet, wird
gehetzt, fällt ins Garn, wird gefan-
gen, genickt, oder man giebt ihm ein
Genick-Fang mit dem Fang-Mes-
ser (nicht gestochen); hat ein Fell
(keine Haut); wird zerwircket;
des Rehes Schweiß dienet gut zu
einem Pfeffer; ein Schlägel von
einem Rehe ist der Hinterlauff,
ein Bug ist der Vordertheil, ein
Ende wird die Spitze von einem
Rehbocks Gehörn genennet:
Schlagen, sagt man, wenn ein
Rehebock das rauhe Häutgen von
dem Gehörne abschläget; Zerwir-
cken, heist das Fell abziehen.

Reh-Kasten,

Jst ein höltzerner Kasten, dar-
inne ein in Netzen gefangener Re-
he-Bock oder Rehe lebendig von
einem Ort zum andern geschaffet
werden kan. Er wird nach der
Grösse eines Rehes von leichten
und dünnen Bretern zusammen
geschlagen, und mit behörigen
Bändern, Lufft-Löchern und

Schub-
O o o 5

[Spaltenumbruch]

Reh
freſſen koͤnnen, alsdenn kommt
ſie wieder zu dem Rehebock. Jm
May bringet ſie gemeiniglich 2
Junge, ein Boͤcklein und ein Geis-
lein, dieſe bleiben hernach meiſtens
beyſammen. Das Maͤnnlein hat
einen ſtaͤrckern Fuß, und rundere
Ballen, als das Weiblein, wel-
ches eine hohle und auswerts ge-
wendete Spur hat, daraus die
Jaͤger ſolche unterſcheiden. Sie
werden ſowol mit Windſpielen
gehetzt, als auch im Herbſt mit
Netzen gefangen, die um etliche
Spiegel hoͤher ſeyn muͤſſen, als
die Haſen-Garne, damit ſie nicht
uͤber dieſelbe ſpringen, weil ſie ein
leichtes und hurtiges Thier iſt.
Wenn der Rehbock ein Jahr alt
iſt, ſetzet er ſein Gehoͤrne mit 2
Spitzen, wie die Hirſche; im
zweyten und dritten Jahre aber 4
Enden, bey welcher Zahl es ver-
bleibet; wiewol man Rehbocks-
Gehoͤrne von 8 und mehr Enden
angetroffen hat. Er wirfft daſ-
ſelbe im November ab, im Ja-
nuario oder Hornung iſt es vere-
cket, und faͤngt er im Mertz an
zu ſchlagen. Der Rehbock laͤufft
zwar im Auguſt aufs Blat, als
zu welcher Zeit er nach der Stim-
me des Rehes gehet, welcher Ruf
dergeſtalt lautet, als ob man auf
einem Blat einen gleichſtimmigen
Pfiff thaͤte; daher auch die alten
Jaͤger gemeinet, als ob er zu ſol-
cher Zeit brunffte, wie dann auch
das vielfaͤltige Jagen es einen faſt
ſolte glauben machen: Allein es
iſt dieſes Jagen vielmehr eine wil-
de Geilheit, welche der Bock mit
den ſchmalen Rehen beginnet,
nicht aber mit den alten Rehen,
maſſen dieſelben zu ſolcher Zeit
noch die Jungen bey ſich fuͤhren
und ſie ſaugen. Die Ricke laͤufft
[Spaltenumbruch]
Reh
auch aufs Blat, aber nicht ehe,
als wenn ſie ihre Jungen hat,
und dieſelben von ihr abgegangen
ſind. Jm Nov. und Dec. laͤufft
der Bock aufs Blat, als in ſeiner
wahren Brunſt-Zeit. Die Rehe
werden an vielen Orten zur nie-
dern Jagd, in Sachſen aber zur
mitlern Jagd gerechnet. Das
Reh-Wildpret iſt zart, vor an-
derm Wildpret wohlſchmeckend,
und ſehr geſund. Die gemeinſten
Weidemaͤnniſchen Redens-Arten
vom Rehe ſind folgende: Das
Maͤnnlein nennet man einen Re-
he-Bock, und das Weiblein eine
Geis oder Ricke. Die Jungen
heißt man Rehe-Kaͤtzlein oder
Rehe-Kaͤlber; Die Rehe ſetzen,
ſie gehen aufs Gras, das iſt, Weide,
das Rehe ſchreyet, ſpringet, wird
gehetzt, faͤllt ins Garn, wird gefan-
gen, genickt, oder man giebt ihm ein
Genick-Fang mit dem Fang-Meſ-
ſer (nicht geſtochen); hat ein Fell
(keine Haut); wird zerwircket;
des Rehes Schweiß dienet gut zu
einem Pfeffer; ein Schlaͤgel von
einem Rehe iſt der Hinterlauff,
ein Bug iſt der Vordertheil, ein
Ende wird die Spitze von einem
Rehbocks Gehoͤrn genennet:
Schlagen, ſagt man, wenn ein
Rehebock das rauhe Haͤutgen von
dem Gehoͤrne abſchlaͤget; Zerwir-
cken, heiſt das Fell abziehen.

Reh-Kaſten,

Jſt ein hoͤltzerner Kaſten, dar-
inne ein in Netzen gefangener Re-
he-Bock oder Rehe lebendig von
einem Ort zum andern geſchaffet
werden kan. Er wird nach der
Groͤſſe eines Rehes von leichten
und duͤnnen Bretern zuſammen
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Baͤndern, Lufft-Loͤchern und

Schub-
O o o 5
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[0973] Reh Reh freſſen koͤnnen, alsdenn kommt ſie wieder zu dem Rehebock. Jm May bringet ſie gemeiniglich 2 Junge, ein Boͤcklein und ein Geis- lein, dieſe bleiben hernach meiſtens beyſammen. Das Maͤnnlein hat einen ſtaͤrckern Fuß, und rundere Ballen, als das Weiblein, wel- ches eine hohle und auswerts ge- wendete Spur hat, daraus die Jaͤger ſolche unterſcheiden. Sie werden ſowol mit Windſpielen gehetzt, als auch im Herbſt mit Netzen gefangen, die um etliche Spiegel hoͤher ſeyn muͤſſen, als die Haſen-Garne, damit ſie nicht uͤber dieſelbe ſpringen, weil ſie ein leichtes und hurtiges Thier iſt. Wenn der Rehbock ein Jahr alt iſt, ſetzet er ſein Gehoͤrne mit 2 Spitzen, wie die Hirſche; im zweyten und dritten Jahre aber 4 Enden, bey welcher Zahl es ver- bleibet; wiewol man Rehbocks- Gehoͤrne von 8 und mehr Enden angetroffen hat. Er wirfft daſ- ſelbe im November ab, im Ja- nuario oder Hornung iſt es vere- cket, und faͤngt er im Mertz an zu ſchlagen. Der Rehbock laͤufft zwar im Auguſt aufs Blat, als zu welcher Zeit er nach der Stim- me des Rehes gehet, welcher Ruf dergeſtalt lautet, als ob man auf einem Blat einen gleichſtimmigen Pfiff thaͤte; daher auch die alten Jaͤger gemeinet, als ob er zu ſol- cher Zeit brunffte, wie dann auch das vielfaͤltige Jagen es einen faſt ſolte glauben machen: Allein es iſt dieſes Jagen vielmehr eine wil- de Geilheit, welche der Bock mit den ſchmalen Rehen beginnet, nicht aber mit den alten Rehen, maſſen dieſelben zu ſolcher Zeit noch die Jungen bey ſich fuͤhren und ſie ſaugen. Die Ricke laͤufft auch aufs Blat, aber nicht ehe, als wenn ſie ihre Jungen hat, und dieſelben von ihr abgegangen ſind. Jm Nov. und Dec. laͤufft der Bock aufs Blat, als in ſeiner wahren Brunſt-Zeit. Die Rehe werden an vielen Orten zur nie- dern Jagd, in Sachſen aber zur mitlern Jagd gerechnet. Das Reh-Wildpret iſt zart, vor an- derm Wildpret wohlſchmeckend, und ſehr geſund. Die gemeinſten Weidemaͤnniſchen Redens-Arten vom Rehe ſind folgende: Das Maͤnnlein nennet man einen Re- he-Bock, und das Weiblein eine Geis oder Ricke. Die Jungen heißt man Rehe-Kaͤtzlein oder Rehe-Kaͤlber; Die Rehe ſetzen, ſie gehen aufs Gras, das iſt, Weide, das Rehe ſchreyet, ſpringet, wird gehetzt, faͤllt ins Garn, wird gefan- gen, genickt, oder man giebt ihm ein Genick-Fang mit dem Fang-Meſ- ſer (nicht geſtochen); hat ein Fell (keine Haut); wird zerwircket; des Rehes Schweiß dienet gut zu einem Pfeffer; ein Schlaͤgel von einem Rehe iſt der Hinterlauff, ein Bug iſt der Vordertheil, ein Ende wird die Spitze von einem Rehbocks Gehoͤrn genennet: Schlagen, ſagt man, wenn ein Rehebock das rauhe Haͤutgen von dem Gehoͤrne abſchlaͤget; Zerwir- cken, heiſt das Fell abziehen. Reh-Kaſten, Jſt ein hoͤltzerner Kaſten, dar- inne ein in Netzen gefangener Re- he-Bock oder Rehe lebendig von einem Ort zum andern geſchaffet werden kan. Er wird nach der Groͤſſe eines Rehes von leichten und duͤnnen Bretern zuſammen geſchlagen, und mit behoͤrigen Baͤndern, Lufft-Loͤchern und Schub- O o o 5

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/973>, abgerufen am 22.11.2024.