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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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allwo es deren so viel, als ande-
rer Orten der gemeinen Nachti-
gallen oder Roth-Vögel giebet.
Es ist dieser so genannte Sprosser
oder Sproß-Vogel der äusserli-
chen Gestalt nach von den andern
Nachtigallen in nichts unterschie-
den, als daß er ein klein wenig
grösser, und am Schwantz nicht
so roth ist; hingegen ist der Un-
terscheid am Gesang desto grösser:
Denn ob er wol gleich einer an-
dern Nachtigal die gantze Nacht,
ja noch viel fleißiger singet, so ist
sein Gesang doch bey weitem nicht
so lieblich, als eines Roth-Vo-
gels oder gemeinen Nachtigal,
sondern lautet fast wie der Ge-
sang einer Zippe oder Weiß-Dros-
sel. Beyde halten sich gerne in
kühlen und schattichten Oertern,
Dorn-Hecken und laubigten
Sträuchern auf, allwo sie sich
mehrentheils mit Würmern näh-
ren, welche sie erstlich tödten, und
hernach verschlucken. Jhr Ge-
sang fänget sich im Früh-Jahr
gar zeitig an, so bald nur der
Schwartz-Dorn-Strauch aus-
schläget, und währet bis um Jo-
hannis, um welche Zeit sie ihren
Ort verlassen, und nach und nach
einzeln davon streichen, wiewol
offt nach Bartholomäi noch eini-
ge gesehen werden. Jhre Brut-
Zeit gehet bisweilen schon im May,
gemeiniglich aber im Junio an,
da sie eine lange Reihe von hohem
Gebüsche suchen, und darinne ih-
re Nester auf keine Stauden, son-
dern auf die Erde zwischen kleine
Stöcklein, meistens mit Eichen-
Laub bauen, weiche sie so artlich
zusammen zu schieben wissen, daß
sie länglicht werden, wie Beutel,
und mehrentheils auswendig und
inwendig einerley Farbe haben, in-
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dem sie, erst bemeldter massen, von
aussen wie von innen nichts als
Laub brauchen; iedoch nehmen sie
auch, wo kein Eichen-Laub zu ha-
ben, anderes Laub, und wenn sie
in einem Garten nahe an einem
Dorffe oder gar darinne brüten,
pflegen sie auswendig dann und
wann Stroh mit unterzumengen.
Sie bringen mehrentheils vier
Junge aus, welche Brut dahero
leicht zu finden, weil sie dieselbe,
(unweit davon sitzend) mit ihrem
Gesange bald verrathen. Ob die
Nachtigalen zwo Bruten verrich-
ten, wird gezweiffelt: Glaubli-
cher ist es, daß sie nur eine thun,
und selbige mit dem Monat Ju-
nio völlig beschliessen, ohngeacht
in dem Julio noch Junge in dem
Nest gefunden werden, welche
vielleicht von solchen Nachtigal-
len ausgebrütet sind, denen die
Nester ein- oder zweymal verstö-
ret worden, und die nicht so spat
gebrütet hätten, wenn die erste
Brut glücklich von statten gegan-
gen wäre. Sie locken nicht nur
einander nicht, sondern verfolgen
gar einander, und lassen sich in
keiner andern Meinung hören,
als andere zu vertreiben, weil sie
einander in der Nähe nicht lei-
den können, all ein die Frühlings-
Zeit ausgenommen, zu welcher sie
mit Singen und Pfeiffen ihre
Weiblein zu sich ruffen, auch mit
Pfeiffen von den Weiblein geruf-
fen werden. Man pfleget sie ent-
weder jung aus den Nestern zu
nehmen, oder mit einem Meisen-
schlag, oder aber mit einem Garn
zu fangen. Wer Junge haben will,
muß den fünfften oder sechsten
Junii, wenn es aber gar lang kalt
geblieben, erst den sechzehenden
bis zwanzigsten Junii hin an den

Ort

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Nac
allwo es deren ſo viel, als ande-
rer Orten der gemeinen Nachti-
gallen oder Roth-Voͤgel giebet.
Es iſt dieſer ſo genannte Sproſſer
oder Sproß-Vogel der aͤuſſerli-
chen Geſtalt nach von den andern
Nachtigallen in nichts unterſchie-
den, als daß er ein klein wenig
groͤſſer, und am Schwantz nicht
ſo roth iſt; hingegen iſt der Un-
terſcheid am Geſang deſto groͤſſer:
Denn ob er wol gleich einer an-
dern Nachtigal die gantze Nacht,
ja noch viel fleißiger ſinget, ſo iſt
ſein Geſang doch bey weitem nicht
ſo lieblich, als eines Roth-Vo-
gels oder gemeinen Nachtigal,
ſondern lautet faſt wie der Ge-
ſang einer Zippe oder Weiß-Droſ-
ſel. Beyde halten ſich gerne in
kuͤhlen und ſchattichten Oertern,
Dorn-Hecken und laubigten
Straͤuchern auf, allwo ſie ſich
mehrentheils mit Wuͤrmern naͤh-
ren, welche ſie erſtlich toͤdten, und
hernach verſchlucken. Jhr Ge-
ſang faͤnget ſich im Fruͤh-Jahr
gar zeitig an, ſo bald nur der
Schwartz-Dorn-Strauch aus-
ſchlaͤget, und waͤhret bis um Jo-
hannis, um welche Zeit ſie ihren
Ort verlaſſen, und nach und nach
einzeln davon ſtreichen, wiewol
offt nach Bartholomaͤi noch eini-
ge geſehen werden. Jhre Brut-
Zeit gehet bisweilen ſchon im May,
gemeiniglich aber im Junio an,
da ſie eine lange Reihe von hohem
Gebuͤſche ſuchen, und darinne ih-
re Neſter auf keine Stauden, ſon-
dern auf die Erde zwiſchen kleine
Stoͤcklein, meiſtens mit Eichen-
Laub bauen, weiche ſie ſo artlich
zuſammen zu ſchieben wiſſen, daß
ſie laͤnglicht werden, wie Beutel,
und mehrentheils auswendig und
inwendig einerley Farbe haben, in-
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Nac
dem ſie, erſt bemeldter maſſen, von
auſſen wie von innen nichts als
Laub brauchen; iedoch nehmen ſie
auch, wo kein Eichen-Laub zu ha-
ben, anderes Laub, und wenn ſie
in einem Garten nahe an einem
Dorffe oder gar darinne bruͤten,
pflegen ſie auswendig dann und
wann Stroh mit unterzumengen.
Sie bringen mehrentheils vier
Junge aus, welche Brut dahero
leicht zu finden, weil ſie dieſelbe,
(unweit davon ſitzend) mit ihrem
Geſange bald verrathen. Ob die
Nachtigalen zwo Bruten verrich-
ten, wird gezweiffelt: Glaubli-
cher iſt es, daß ſie nur eine thun,
und ſelbige mit dem Monat Ju-
nio voͤllig beſchlieſſen, ohngeacht
in dem Julio noch Junge in dem
Neſt gefunden werden, welche
vielleicht von ſolchen Nachtigal-
len ausgebruͤtet ſind, denen die
Neſter ein- oder zweymal verſtoͤ-
ret worden, und die nicht ſo ſpat
gebruͤtet haͤtten, wenn die erſte
Brut gluͤcklich von ſtatten gegan-
gen waͤre. Sie locken nicht nur
einander nicht, ſondern verfolgen
gar einander, und laſſen ſich in
keiner andern Meinung hoͤren,
als andere zu vertreiben, weil ſie
einander in der Naͤhe nicht lei-
den koͤnnen, all ein die Fruͤhlings-
Zeit ausgenommen, zu welcher ſie
mit Singen und Pfeiffen ihre
Weiblein zu ſich ruffen, auch mit
Pfeiffen von den Weiblein geruf-
fen werden. Man pfleget ſie ent-
weder jung aus den Neſtern zu
nehmen, oder mit einem Meiſen-
ſchlag, oder aber mit einem Garn
zu fangen. Wer Junge haben will,
muß den fuͤnfften oder ſechſten
Junii, wenn es aber gar lang kalt
geblieben, erſt den ſechzehenden
bis zwanzigſten Junii hin an den

Ort
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[0801] Nac Nac allwo es deren ſo viel, als ande- rer Orten der gemeinen Nachti- gallen oder Roth-Voͤgel giebet. Es iſt dieſer ſo genannte Sproſſer oder Sproß-Vogel der aͤuſſerli- chen Geſtalt nach von den andern Nachtigallen in nichts unterſchie- den, als daß er ein klein wenig groͤſſer, und am Schwantz nicht ſo roth iſt; hingegen iſt der Un- terſcheid am Geſang deſto groͤſſer: Denn ob er wol gleich einer an- dern Nachtigal die gantze Nacht, ja noch viel fleißiger ſinget, ſo iſt ſein Geſang doch bey weitem nicht ſo lieblich, als eines Roth-Vo- gels oder gemeinen Nachtigal, ſondern lautet faſt wie der Ge- ſang einer Zippe oder Weiß-Droſ- ſel. Beyde halten ſich gerne in kuͤhlen und ſchattichten Oertern, Dorn-Hecken und laubigten Straͤuchern auf, allwo ſie ſich mehrentheils mit Wuͤrmern naͤh- ren, welche ſie erſtlich toͤdten, und hernach verſchlucken. Jhr Ge- ſang faͤnget ſich im Fruͤh-Jahr gar zeitig an, ſo bald nur der Schwartz-Dorn-Strauch aus- ſchlaͤget, und waͤhret bis um Jo- hannis, um welche Zeit ſie ihren Ort verlaſſen, und nach und nach einzeln davon ſtreichen, wiewol offt nach Bartholomaͤi noch eini- ge geſehen werden. Jhre Brut- Zeit gehet bisweilen ſchon im May, gemeiniglich aber im Junio an, da ſie eine lange Reihe von hohem Gebuͤſche ſuchen, und darinne ih- re Neſter auf keine Stauden, ſon- dern auf die Erde zwiſchen kleine Stoͤcklein, meiſtens mit Eichen- Laub bauen, weiche ſie ſo artlich zuſammen zu ſchieben wiſſen, daß ſie laͤnglicht werden, wie Beutel, und mehrentheils auswendig und inwendig einerley Farbe haben, in- dem ſie, erſt bemeldter maſſen, von auſſen wie von innen nichts als Laub brauchen; iedoch nehmen ſie auch, wo kein Eichen-Laub zu ha- ben, anderes Laub, und wenn ſie in einem Garten nahe an einem Dorffe oder gar darinne bruͤten, pflegen ſie auswendig dann und wann Stroh mit unterzumengen. Sie bringen mehrentheils vier Junge aus, welche Brut dahero leicht zu finden, weil ſie dieſelbe, (unweit davon ſitzend) mit ihrem Geſange bald verrathen. Ob die Nachtigalen zwo Bruten verrich- ten, wird gezweiffelt: Glaubli- cher iſt es, daß ſie nur eine thun, und ſelbige mit dem Monat Ju- nio voͤllig beſchlieſſen, ohngeacht in dem Julio noch Junge in dem Neſt gefunden werden, welche vielleicht von ſolchen Nachtigal- len ausgebruͤtet ſind, denen die Neſter ein- oder zweymal verſtoͤ- ret worden, und die nicht ſo ſpat gebruͤtet haͤtten, wenn die erſte Brut gluͤcklich von ſtatten gegan- gen waͤre. Sie locken nicht nur einander nicht, ſondern verfolgen gar einander, und laſſen ſich in keiner andern Meinung hoͤren, als andere zu vertreiben, weil ſie einander in der Naͤhe nicht lei- den koͤnnen, all ein die Fruͤhlings- Zeit ausgenommen, zu welcher ſie mit Singen und Pfeiffen ihre Weiblein zu ſich ruffen, auch mit Pfeiffen von den Weiblein geruf- fen werden. Man pfleget ſie ent- weder jung aus den Neſtern zu nehmen, oder mit einem Meiſen- ſchlag, oder aber mit einem Garn zu fangen. Wer Junge haben will, muß den fuͤnfften oder ſechſten Junii, wenn es aber gar lang kalt geblieben, erſt den ſechzehenden bis zwanzigſten Junii hin an den Ort

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/801>, abgerufen am 21.11.2024.