Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Har nichts anders, oder solte vonRechtswegen nichts anders seyn, als eine Zusammenfügung vieler Melodien. Um deswillen nen- neten die Griechen ihre gantze Composition nur die Melopöie, das ist eine Wissenschafft eine Me- lodie zu machen, und darinne be- stand bey ihnen die gantze Music; damit thaten sie grosse Wunder, ob sie gleich keine Vielstimmigkeit hatten, so wie sie itzo bey uns üb- lich ist. Die Harmonie bringet Gott das klügste Lob, und der Seelen die angenehmste Erqvi- ckung. Harmonica, Harmonice, Jm eigentlichen Verstande ist Harmonici, Heissen diejenigen, welche in Har monici, haben, wie Herr Mat-theson in seinem Orchester an- mercket, die Ration und numeros nicht schlechterdings verworfen, sondern nur das Gehöre zum Richter der mannigfaltigen Stuf- fen des Wohlklanges und Mis- lauts gesetzt. Harmonieux, Harmonieusement, Wohlklingend, wohlzusammen Harnois garni de sonnettes, Heißt Geläute an einem Schlit- Harn-Mängel der Pferde, Sind vornemlich dreyerley: durch
[Spaltenumbruch] Har nichts anders, oder ſolte vonRechtswegen nichts anders ſeyn, als eine Zuſammenfuͤgung vieler Melodien. Um deswillen nen- neten die Griechen ihre gantze Compoſition nur die Melopoͤie, das iſt eine Wiſſenſchafft eine Me- lodie zu machen, und darinne be- ſtand bey ihnen die gantze Muſic; damit thaten ſie groſſe Wunder, ob ſie gleich keine Vielſtimmigkeit hatten, ſo wie ſie itzo bey uns uͤb- lich iſt. Die Harmonie bringet Gott das kluͤgſte Lob, und der Seelen die angenehmſte Erqvi- ckung. Harmonica, Harmonice, Jm eigentlichen Verſtande iſt Harmonici, Heiſſen diejenigen, welche in Har monici, haben, wie Herr Mat-theſon in ſeinem Orcheſter an- mercket, die Ration und numeros nicht ſchlechterdings verworfen, ſondern nur das Gehoͤre zum Richter der mannigfaltigen Stuf- fen des Wohlklanges und Mis- lauts geſetzt. Harmonieux, Harmonieuſement, Wohlklingend, wohlzuſammen Harnois garni de ſonnettes, Heißt Gelaͤute an einem Schlit- Harn-Maͤngel der Pferde, Sind vornemlich dreyerley: durch
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Har
Har
nichts anders, oder ſolte von
Rechtswegen nichts anders ſeyn,
als eine Zuſammenfuͤgung vieler
Melodien. Um deswillen nen-
neten die Griechen ihre gantze
Compoſition nur die Melopoͤie,
das iſt eine Wiſſenſchafft eine Me-
lodie zu machen, und darinne be-
ſtand bey ihnen die gantze Muſic;
damit thaten ſie groſſe Wunder,
ob ſie gleich keine Vielſtimmigkeit
hatten, ſo wie ſie itzo bey uns uͤb-
lich iſt. Die Harmonie bringet
Gott das kluͤgſte Lob, und der
Seelen die angenehmſte Erqvi-
ckung.
Harmonica, Harmonice,
Jm eigentlichen Verſtande iſt
eine Wiſſenſchafft, wie die Tone
ſich gegen einander in ihrer Ord-
nung und Groͤſſe verhalten; denn
ſie erweget, als der edelſte Theil
der canonicaliſchen Wiſſenſchafft,
nebſt den Klaͤngen und Jnterval-
len auch die Klang-Geſchlechter
und Ton-Arten, nebſt andern da-
hin gehoͤrigen Dingen. Jm ge-
meinen Verſtande iſt ſie nichts an-
ders als die Symphoniurgie, oder
die vollſtimmige Art zu ſetzen.
Eigentlich aber gehoͤret die Sym-
phoniurgie nicht zur Harmonie.
Dieſe begreifft nach einigen unter
ſich: Sonos, Intervalla, Syſlemata,
Genera, Tonos und Tonorum
commutationes; worzu andere
noch die Melopœiam oder die Mo-
dulation ſelbſt rechnen wollen.
Harmonici,
Heiſſen diejenigen, welche in
Beurtheilung muſicaliſcher Dinge
dem Gehoͤre mehr Anſehen, als
der Ration und Proportion beyle-
gen. Ariſtoxenus, und die ihm
folgende und alſo genannte Har-
monici, haben, wie Herr Mat-
theſon in ſeinem Orcheſter an-
mercket, die Ration und numeros
nicht ſchlechterdings verworfen,
ſondern nur das Gehoͤre zum
Richter der mannigfaltigen Stuf-
fen des Wohlklanges und Mis-
lauts geſetzt.
Harmonieux, Harmonieuſement,
Wohlklingend, wohlzuſammen
lautend.
Harnois garni de ſonnettes,
Heißt Gelaͤute an einem Schlit-
ten-Pferd, ſo Winters-Zeit in
Augen und Ohren den Liebhabern
beyderley Geſchlechts ein Ver-
gnuͤgen giebt.
Harn-Maͤngel der Pferde,
Sind vornemlich dreyerley:
Die Harn-Winde, der lautere
Stall, und das Blut-Stallen.
Bey der Harn-Winde werden
wieder dreyerley Unterſchiede ge-
funden, als nemlich die Strangu-
rie, Dyſurie und Iſchurie. Die
Strangurie oder die kalte Seiche
iſt, wenn ein Pferd den Harn
Tropffenweiſe, mit einer Noͤthi-
gung von ſich laͤſſet, welches man
denn auch inſonderheit die Harn-
Winde nennet. Welche vors er-
ſte meiſtentheils von ſcharffen Fluͤſ-
ſen, oder von Gebrechen der Nie-
ren und Leber herkommt. Zum
andern, wenn ein Pferd ſehr er-
hitzt, und man es jaͤhling aus kal-
tem Brunnen-Waſſer trincken laͤſ-
ſet, als davon ſie nicht alleine die
Harn-Winde bekommen, ſondern
ſich auch offtmahls gar raͤhe ſauf-
fen. Die dritte Urſach iſt, wenn
die Kraͤffte der Blaſen, durch die
Verhaltung des Harns dermaſſen
geſchwaͤcht, daß ſie nicht vermoͤ-
gen, den Harn fortzutreiben, da-
durch
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