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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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Gesichts und Gehörs an, deren Entstehungsort
das Gehirn selber ist.

Bey den wirbellosen Thieren entspringen
diese höhern Sinnesnerven mit den übrigen des
Kopfs aus einem Fortsatz des verlängerten Marks,
welcher, als Hirnring, den Schlund umfasst.
Bey den Würmern und den niedrigern Familien
der Mollusken ist dieses Gehirn eine noch we-
nig ausgebildete und von den Spinalganglien
nur wenig an Grösse verschiedene Masse. Mehr
ausgebildet zeigt sich dasselbe in der Familie
der Sepien und bey den Insekten. Bey denen
Arten der letztern, die Kunsttriebe besitzen, be-
sonders den Hymenopteren, besteht dasselbe
aus mehrern Anschwellungen von verschiedener
Grösse und Gestalt, deren jede einem Sinnes-
nerven zum Ursprunge dient, und die sich in
zwey grössern Hemisphären vereinigen x). Diese
Halbkugeln fliessen unmittelbar mit einander zu-
sammen, ohne durch ähnliche Commissuren, wie
die Hemisphären des Gehirns der Wirbelthiere
enthalten, unter sich verbunden zu seyn. Sie
haben keine Ventrikel wie die letztern, und je-
der sinnesnerve empfängt nur einen einzigen
Nerven, der bey einigen Insektenlarven ein
blosser Zweig eines andern Stamms ist. Es ist
hiernach zu vermuthen, dass die sämmtlichen

Hirn-
x) M. vergl. Biolog. Bd. 5. S. 336.

Gesichts und Gehörs an, deren Entstehungsort
das Gehirn selber ist.

Bey den wirbellosen Thieren entspringen
diese höhern Sinnesnerven mit den übrigen des
Kopfs aus einem Fortsatz des verlängerten Marks,
welcher, als Hirnring, den Schlund umfaſst.
Bey den Würmern und den niedrigern Familien
der Mollusken ist dieses Gehirn eine noch we-
nig ausgebildete und von den Spinalganglien
nur wenig an Gröſse verschiedene Masse. Mehr
ausgebildet zeigt sich dasselbe in der Familie
der Sepien und bey den Insekten. Bey denen
Arten der letztern, die Kunsttriebe besitzen, be-
sonders den Hymenopteren, besteht dasselbe
aus mehrern Anschwellungen von verschiedener
Gröſse und Gestalt, deren jede einem Sinnes-
nerven zum Ursprunge dient, und die sich in
zwey gröſsern Hemisphären vereinigen x). Diese
Halbkugeln flieſsen unmittelbar mit einander zu-
sammen, ohne durch ähnliche Commissuren, wie
die Hemisphären des Gehirns der Wirbelthiere
enthalten, unter sich verbunden zu seyn. Sie
haben keine Ventrikel wie die letztern, und je-
der sinnesnerve empfängt nur einen einzigen
Nerven, der bey einigen Insektenlarven ein
bloſser Zweig eines andern Stamms ist. Es ist
hiernach zu vermuthen, daſs die sämmtlichen

Hirn-
x) M. vergl. Biolog. Bd. 5. S. 336.
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[78/0090] Gesichts und Gehörs an, deren Entstehungsort das Gehirn selber ist. Bey den wirbellosen Thieren entspringen diese höhern Sinnesnerven mit den übrigen des Kopfs aus einem Fortsatz des verlängerten Marks, welcher, als Hirnring, den Schlund umfaſst. Bey den Würmern und den niedrigern Familien der Mollusken ist dieses Gehirn eine noch we- nig ausgebildete und von den Spinalganglien nur wenig an Gröſse verschiedene Masse. Mehr ausgebildet zeigt sich dasselbe in der Familie der Sepien und bey den Insekten. Bey denen Arten der letztern, die Kunsttriebe besitzen, be- sonders den Hymenopteren, besteht dasselbe aus mehrern Anschwellungen von verschiedener Gröſse und Gestalt, deren jede einem Sinnes- nerven zum Ursprunge dient, und die sich in zwey gröſsern Hemisphären vereinigen x). Diese Halbkugeln flieſsen unmittelbar mit einander zu- sammen, ohne durch ähnliche Commissuren, wie die Hemisphären des Gehirns der Wirbelthiere enthalten, unter sich verbunden zu seyn. Sie haben keine Ventrikel wie die letztern, und je- der sinnesnerve empfängt nur einen einzigen Nerven, der bey einigen Insektenlarven ein bloſser Zweig eines andern Stamms ist. Es ist hiernach zu vermuthen, daſs die sämmtlichen Hirn- x) M. vergl. Biolog. Bd. 5. S. 336.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/90>, abgerufen am 02.05.2024.