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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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sem Grunde nicht wahrscheinlich, dass ihre Ein-
wirkung von reitzender Art ist. Die Umwand-
lungen, die sie in der Stimmung der Empfin-
dungsorgane hervorbringen, beweisen aber auch
deutlich, dass die Reitzbarkeit selber von ihnen
verändert wird. Von dem Geschlechtstriebe wird
die Reitzbarkeit der Zeugungsorgane, von der
Esslust die der Zungenwärzchen erhöht. Man
spricht von getrübten Sinnen, und es giebt in
der That eine, zuweilen von körperlichen, öfte-
rer aber von Affekten und Leidenschaften ver-
ursachte Stimmung der Sinneswerkzeuge, worin
kein Schall in seiner Reinheit gehört, kein Ge-
genstand in seiner wahren Gestalt erblickt, kurz
jeder Reitz anders als im gesunden Zustande
empfunden wird.

Jede Gemüthsbewegung wirkt auf den Blut-
umlauf und das Athemholen, und zwar entwe-
der excitirend oder deprimirend. Beyde Wirkun-
gen erstrecken sich entweder auf die Empfäng-
lichkeit für Reitze, oder auf das Reaktionsver-
mögen, und die Depression tritt entweder un-
mittelbar nach dem Affekt, oder als Folge der
vorhergegangenen Excitation ein. Eine dauernde
Excitation beyder Faktoren der Reitzbarkeit wird
von Frohsinn und Hoffnung, eine vorübergehende,
welche Depression nach sich zieht, von über-
mässiger Freude und Zorn hervorgebracht.

Schrecken

sem Grunde nicht wahrscheinlich, daſs ihre Ein-
wirkung von reitzender Art ist. Die Umwand-
lungen, die sie in der Stimmung der Empfin-
dungsorgane hervorbringen, beweisen aber auch
deutlich, daſs die Reitzbarkeit selber von ihnen
verändert wird. Von dem Geschlechtstriebe wird
die Reitzbarkeit der Zeugungsorgane, von der
Eſslust die der Zungenwärzchen erhöht. Man
spricht von getrübten Sinnen, und es giebt in
der That eine, zuweilen von körperlichen, öfte-
rer aber von Affekten und Leidenschaften ver-
ursachte Stimmung der Sinneswerkzeuge, worin
kein Schall in seiner Reinheit gehört, kein Ge-
genstand in seiner wahren Gestalt erblickt, kurz
jeder Reitz anders als im gesunden Zustande
empfunden wird.

Jede Gemüthsbewegung wirkt auf den Blut-
umlauf und das Athemholen, und zwar entwe-
der excitirend oder deprimirend. Beyde Wirkun-
gen erstrecken sich entweder auf die Empfäng-
lichkeit für Reitze, oder auf das Reaktionsver-
mögen, und die Depression tritt entweder un-
mittelbar nach dem Affekt, oder als Folge der
vorhergegangenen Excitation ein. Eine dauernde
Excitation beyder Faktoren der Reitzbarkeit wird
von Frohsinn und Hoffnung, eine vorübergehende,
welche Depression nach sich zieht, von über-
mäſsiger Freude und Zorn hervorgebracht.

Schrecken
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[59/0071] sem Grunde nicht wahrscheinlich, daſs ihre Ein- wirkung von reitzender Art ist. Die Umwand- lungen, die sie in der Stimmung der Empfin- dungsorgane hervorbringen, beweisen aber auch deutlich, daſs die Reitzbarkeit selber von ihnen verändert wird. Von dem Geschlechtstriebe wird die Reitzbarkeit der Zeugungsorgane, von der Eſslust die der Zungenwärzchen erhöht. Man spricht von getrübten Sinnen, und es giebt in der That eine, zuweilen von körperlichen, öfte- rer aber von Affekten und Leidenschaften ver- ursachte Stimmung der Sinneswerkzeuge, worin kein Schall in seiner Reinheit gehört, kein Ge- genstand in seiner wahren Gestalt erblickt, kurz jeder Reitz anders als im gesunden Zustande empfunden wird. Jede Gemüthsbewegung wirkt auf den Blut- umlauf und das Athemholen, und zwar entwe- der excitirend oder deprimirend. Beyde Wirkun- gen erstrecken sich entweder auf die Empfäng- lichkeit für Reitze, oder auf das Reaktionsver- mögen, und die Depression tritt entweder un- mittelbar nach dem Affekt, oder als Folge der vorhergegangenen Excitation ein. Eine dauernde Excitation beyder Faktoren der Reitzbarkeit wird von Frohsinn und Hoffnung, eine vorübergehende, welche Depression nach sich zieht, von über- mäſsiger Freude und Zorn hervorgebracht. Schrecken

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/71>, abgerufen am 02.05.2024.