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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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ter Umständen, wo eine Disharmonie in der
Thätigkeit beyder Augen statt findet, ist über-
haupt eine der räthselhaftesten Erscheinungen
beym Sehen.

Briggs o) glaubte eine Erklärung des Ein-
fachsehens in der Annahme gefunden zu haben,
dass die linke Hälfte des einen Auges der rech-
ten Hälfte des andern und umgekehrt gleich-
artig sey, und dass die Rührung gleichartiger
Stellen beyder Netzhäute durch ähnliche Ein-
drücke Einfachheit der Empfindung zur Folge
habe. Bey dieser Hypothese lässt sich zwar von
der Verdoppelung des Bildes beym disharmoni-
schen Wirken beyder Augen ein Grund ange-
ben; hingegen lässt sich aus ihr nicht die Frage
beantworten: Warum Doppeltsehen auch beym
Schwindel, in der Trunkenheit und in Krank-
heiten statt findet, wo doch die harmonische
Bewegung beyder Augen nicht aufgehoben
ist? p).

Der wahre Grund des einfachen Wirkens
beyder Augen ist in der Selbstthätigkeit des

Sen-
o) Nova visionis theoria in Ophthalmogr. p. 179.
p) Ein Beyspiel von krankhaftem Doppeltsehen, wo-
bey nur zuweilen und blos als Folge dieses Zustan-
des, Schielen eintrat, hat Buffon a. a. O. p. 245.

ter Umständen, wo eine Disharmonie in der
Thätigkeit beyder Augen statt findet, ist über-
haupt eine der räthselhaftesten Erscheinungen
beym Sehen.

Briggs o) glaubte eine Erklärung des Ein-
fachsehens in der Annahme gefunden zu haben,
daſs die linke Hälfte des einen Auges der rech-
ten Hälfte des andern und umgekehrt gleich-
artig sey, und daſs die Rührung gleichartiger
Stellen beyder Netzhäute durch ähnliche Ein-
drücke Einfachheit der Empfindung zur Folge
habe. Bey dieser Hypothese läſst sich zwar von
der Verdoppelung des Bildes beym disharmoni-
schen Wirken beyder Augen ein Grund ange-
ben; hingegen läſst sich aus ihr nicht die Frage
beantworten: Warum Doppeltsehen auch beym
Schwindel, in der Trunkenheit und in Krank-
heiten statt findet, wo doch die harmonische
Bewegung beyder Augen nicht aufgehoben
ist? p).

Der wahre Grund des einfachen Wirkens
beyder Augen ist in der Selbstthätigkeit des

Sen-
o) Nova visionis theoria in Ophthalmogr. p. 179.
p) Ein Beyspiel von krankhaftem Doppeltsehen, wo-
bey nur zuweilen und blos als Folge dieses Zustan-
des, Schielen eintrat, hat Buffon a. a. O. p. 245.
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[572/0594] ter Umständen, wo eine Disharmonie in der Thätigkeit beyder Augen statt findet, ist über- haupt eine der räthselhaftesten Erscheinungen beym Sehen. Briggs o) glaubte eine Erklärung des Ein- fachsehens in der Annahme gefunden zu haben, daſs die linke Hälfte des einen Auges der rech- ten Hälfte des andern und umgekehrt gleich- artig sey, und daſs die Rührung gleichartiger Stellen beyder Netzhäute durch ähnliche Ein- drücke Einfachheit der Empfindung zur Folge habe. Bey dieser Hypothese läſst sich zwar von der Verdoppelung des Bildes beym disharmoni- schen Wirken beyder Augen ein Grund ange- ben; hingegen läſst sich aus ihr nicht die Frage beantworten: Warum Doppeltsehen auch beym Schwindel, in der Trunkenheit und in Krank- heiten statt findet, wo doch die harmonische Bewegung beyder Augen nicht aufgehoben ist? p). Der wahre Grund des einfachen Wirkens beyder Augen ist in der Selbstthätigkeit des Sen- o) Nova visionis theoria in Ophthalmogr. p. 179. p) Ein Beyspiel von krankhaftem Doppeltsehen, wo- bey nur zuweilen und blos als Folge dieses Zustan- des, Schielen eintrat, hat Buffon a. a. O. p. 245.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/594>, abgerufen am 24.11.2024.