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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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dem Dachs und dem Waschbär geht sie durch
die letztere. Diese Thiere sind also in der
Augenaxe stumpfsichtig. Der Theil eines Ge-
genstandes, worauf dieselbe gerichtet ist, wird
von ihnen gar nicht wahrgenommen.

Die Ursache des deutlichern Sehens in der
Augenaxe beym Menschen kann von doppelter
Art seyn: entweder die Retina ist in der Au-
genaxe am empfindlichsten; oder sie reagirt in
dieser stärker, weil sie in derselben von weni-
ger schiefen Strahlen getroffen wird. Der letz-
tere Grund ist vielleicht nicht der einzige, doch
der vorzüglichste: denn dass auch jede andere,
nicht in der Augenaxe liegende Stelle der Netz-
haut die Gegenstände deutlich vorstellen kann,
erhellet aus der Fortdauer des deutlichen Sehens
bey einer solchen Verschiebung des Augapfels
durch einen äussern Druck, dass ein Objekt,
welches sich vorher in der Augenaxe befand,
aus dieser weggerückt wird. Welche jener Ur-
sachen aber auch statt finden mag, sie hat auf
das Sehen des Menschen einen sehr grossen
Einfluss. Sein Auge ist in immerwährender
Bewegung, um jede Sache, die seine Aufmerk-
samkeit erregt, in die Augenaxe zu bringen.
Diese folgt derselben, wie die Magnetnadel dem
Eisen, und die Thätigkeit der ganzen Netzhaut
concentrirt sich bey steigender Aufmerksamkeit

immer
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dem Dachs und dem Waschbär geht sie durch
die letztere. Diese Thiere sind also in der
Augenaxe stumpfsichtig. Der Theil eines Ge-
genstandes, worauf dieselbe gerichtet ist, wird
von ihnen gar nicht wahrgenommen.

Die Ursache des deutlichern Sehens in der
Augenaxe beym Menschen kann von doppelter
Art seyn: entweder die Retina ist in der Au-
genaxe am empfindlichsten; oder sie reagirt in
dieser stärker, weil sie in derselben von weni-
ger schiefen Strahlen getroffen wird. Der letz-
tere Grund ist vielleicht nicht der einzige, doch
der vorzüglichste: denn daſs auch jede andere,
nicht in der Augenaxe liegende Stelle der Netz-
haut die Gegenstände deutlich vorstellen kann,
erhellet aus der Fortdauer des deutlichen Sehens
bey einer solchen Verschiebung des Augapfels
durch einen äuſsern Druck, daſs ein Objekt,
welches sich vorher in der Augenaxe befand,
aus dieser weggerückt wird. Welche jener Ur-
sachen aber auch statt finden mag, sie hat auf
das Sehen des Menschen einen sehr groſsen
Einfluſs. Sein Auge ist in immerwährender
Bewegung, um jede Sache, die seine Aufmerk-
samkeit erregt, in die Augenaxe zu bringen.
Diese folgt derselben, wie die Magnetnadel dem
Eisen, und die Thätigkeit der ganzen Netzhaut
concentrirt sich bey steigender Aufmerksamkeit

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[563/0585] dem Dachs und dem Waschbär geht sie durch die letztere. Diese Thiere sind also in der Augenaxe stumpfsichtig. Der Theil eines Ge- genstandes, worauf dieselbe gerichtet ist, wird von ihnen gar nicht wahrgenommen. Die Ursache des deutlichern Sehens in der Augenaxe beym Menschen kann von doppelter Art seyn: entweder die Retina ist in der Au- genaxe am empfindlichsten; oder sie reagirt in dieser stärker, weil sie in derselben von weni- ger schiefen Strahlen getroffen wird. Der letz- tere Grund ist vielleicht nicht der einzige, doch der vorzüglichste: denn daſs auch jede andere, nicht in der Augenaxe liegende Stelle der Netz- haut die Gegenstände deutlich vorstellen kann, erhellet aus der Fortdauer des deutlichen Sehens bey einer solchen Verschiebung des Augapfels durch einen äuſsern Druck, daſs ein Objekt, welches sich vorher in der Augenaxe befand, aus dieser weggerückt wird. Welche jener Ur- sachen aber auch statt finden mag, sie hat auf das Sehen des Menschen einen sehr groſsen Einfluſs. Sein Auge ist in immerwährender Bewegung, um jede Sache, die seine Aufmerk- samkeit erregt, in die Augenaxe zu bringen. Diese folgt derselben, wie die Magnetnadel dem Eisen, und die Thätigkeit der ganzen Netzhaut concentrirt sich bey steigender Aufmerksamkeit immer N n 5

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/585>, abgerufen am 17.05.2024.