bey den Thieren die innere Erscheinung, die den Antrieb zu instinktartiger Thätigkeit aus- macht, zuerst im schlafenden, oder in einem schlafähnlichen Zustande vor den innern Sinn tritt.
Im Schlafwandel findet eine gänzliche Ab- weichung des Lebensverhältnisses der Organe ge- gen einander und gegen die Sinnenwelt von dem gewöhnlichen Zustande statt. Diese ist bey dem Menschen krankhaft, weil grössere Kraft und Selbstständigkeit des geistigen Princips das Entstehen derselben im gesunden Zustande ver- hindert. Bey dem Thiere ist ein periodisches Eintreten einer solchen Abweichung dem gesun- den Zustande gemäss, weil ein weniger mächti- ges und selbstständiges geistiges Princip ihr ent- gegenwirkt. Die Abweichung selber tritt vor- züglich zwischen der Lebensthätigkeit des Sen- soriums und der Zeugungsorgane ein. Ein Vo- gel, der sein Nest gebauet und eine gewisse Zahl Eyer gelegt hat, beschäftigt sich fortan nur mit dem Ausbrüten und Aufziehen seiner Jun- gen, ohne in dieser Zeit weiter zu legen. Wird sein Nest nebst seinen Eyern zerstört, so bauet er jenes von neuem und fängt wieder an zu legen, und wiederholt dieses selbst zum dritten mal, wenn auch die zum zweyten mal gelegten
Eyer
C 3
bey den Thieren die innere Erscheinung, die den Antrieb zu instinktartiger Thätigkeit aus- macht, zuerst im schlafenden, oder in einem schlafähnlichen Zustande vor den innern Sinn tritt.
Im Schlafwandel findet eine gänzliche Ab- weichung des Lebensverhältnisses der Organe ge- gen einander und gegen die Sinnenwelt von dem gewöhnlichen Zustande statt. Diese ist bey dem Menschen krankhaft, weil gröſsere Kraft und Selbstständigkeit des geistigen Princips das Entstehen derselben im gesunden Zustande ver- hindert. Bey dem Thiere ist ein periodisches Eintreten einer solchen Abweichung dem gesun- den Zustande gemäſs, weil ein weniger mächti- ges und selbstständiges geistiges Princip ihr ent- gegenwirkt. Die Abweichung selber tritt vor- züglich zwischen der Lebensthätigkeit des Sen- soriums und der Zeugungsorgane ein. Ein Vo- gel, der sein Nest gebauet und eine gewisse Zahl Eyer gelegt hat, beschäftigt sich fortan nur mit dem Ausbrüten und Aufziehen seiner Jun- gen, ohne in dieser Zeit weiter zu legen. Wird sein Nest nebst seinen Eyern zerstört, so bauet er jenes von neuem und fängt wieder an zu legen, und wiederholt dieses selbst zum dritten mal, wenn auch die zum zweyten mal gelegten
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bey den Thieren die innere Erscheinung, die
den Antrieb zu instinktartiger Thätigkeit aus-
macht, zuerst im schlafenden, oder in einem
schlafähnlichen Zustande vor den innern Sinn
tritt.
Im Schlafwandel findet eine gänzliche Ab-
weichung des Lebensverhältnisses der Organe ge-
gen einander und gegen die Sinnenwelt von
dem gewöhnlichen Zustande statt. Diese ist bey
dem Menschen krankhaft, weil gröſsere Kraft
und Selbstständigkeit des geistigen Princips das
Entstehen derselben im gesunden Zustande ver-
hindert. Bey dem Thiere ist ein periodisches
Eintreten einer solchen Abweichung dem gesun-
den Zustande gemäſs, weil ein weniger mächti-
ges und selbstständiges geistiges Princip ihr ent-
gegenwirkt. Die Abweichung selber tritt vor-
züglich zwischen der Lebensthätigkeit des Sen-
soriums und der Zeugungsorgane ein. Ein Vo-
gel, der sein Nest gebauet und eine gewisse
Zahl Eyer gelegt hat, beschäftigt sich fortan nur
mit dem Ausbrüten und Aufziehen seiner Jun-
gen, ohne in dieser Zeit weiter zu legen. Wird
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legen, und wiederholt dieses selbst zum dritten
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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