Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

scharfen Geruch für nahe Gegenstände verrathen:
denn was kann es seyn, als der Geruchssinn,
wodurch sie veranlasst werden, sich aus ent-
fernten Gegenden da schaarenweise zu versam-
meln, wo sie ihre Lieblingsspeise finden, z. B.
die Sperlinge Kirschen, die Kernbeisser Nüsse
u. s. w.? Dass die meisten dieser Früchte für
uns wenig oder gar keinen Geruch haben, er-
laubt nicht zu schliessen, dass sie auch für die
Vögel geruchlos sind. Selbst die für uns ge-
ruchlosen Ausdünstungen des Wassers müssen
auf die Riechnerven der Wasservögel sehr stark
wirken, da sie diesem ihrem Element aus so
weiter Ferne zueilen.

Jener Modifikation des Geruchssinns gemäss
sind die Riechwerkzeuge der Vögel organisirt.
Die den Muschelbeinen des Menschen ver-
gleichbaren Riechknorpel derselben sind bey
allen, in Betreff der Nase bisjetzt untersuchten
Vogelarten gewunden. Die Vertheilung der
Nerven des ersten und fünften Paars ist im
Wesentlichen die nehmliche bey den Vögeln,
wie bey den Säugthieren. Die Hauptnerven der
innern Nase sind hier immer die Nerven des
ersten Paars, die sich, ohne durch eine Sieb-
platte zu dringen, in die Nase begeben. Die
Nerven der innern Nase vom fünften Paar sind
bey keinem Vogel verhältnissmässig so gross,

wie

scharfen Geruch für nahe Gegenstände verrathen:
denn was kann es seyn, als der Geruchssinn,
wodurch sie veranlaſst werden, sich aus ent-
fernten Gegenden da schaarenweise zu versam-
meln, wo sie ihre Lieblingsspeise finden, z. B.
die Sperlinge Kirschen, die Kernbeisser Nüsse
u. s. w.? Daſs die meisten dieser Früchte für
uns wenig oder gar keinen Geruch haben, er-
laubt nicht zu schlieſsen, daſs sie auch für die
Vögel geruchlos sind. Selbst die für uns ge-
ruchlosen Ausdünstungen des Wassers müssen
auf die Riechnerven der Wasservögel sehr stark
wirken, da sie diesem ihrem Element aus so
weiter Ferne zueilen.

Jener Modifikation des Geruchssinns gemäſs
sind die Riechwerkzeuge der Vögel organisirt.
Die den Muschelbeinen des Menschen ver-
gleichbaren Riechknorpel derselben sind bey
allen, in Betreff der Nase bisjetzt untersuchten
Vogelarten gewunden. Die Vertheilung der
Nerven des ersten und fünften Paars ist im
Wesentlichen die nehmliche bey den Vögeln,
wie bey den Säugthieren. Die Hauptnerven der
innern Nase sind hier immer die Nerven des
ersten Paars, die sich, ohne durch eine Sieb-
platte zu dringen, in die Nase begeben. Die
Nerven der innern Nase vom fünften Paar sind
bey keinem Vogel verhältniſsmäſsig so groſs,

wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0306" n="288"/>
scharfen Geruch für nahe Gegenstände verrathen:<lb/>
denn was kann es seyn, als der Geruchssinn,<lb/>
wodurch sie veranla&#x017F;st werden, sich aus ent-<lb/>
fernten Gegenden da schaarenweise zu versam-<lb/>
meln, wo sie ihre Lieblingsspeise finden, z. B.<lb/>
die Sperlinge Kirschen, die Kernbeisser Nüsse<lb/>
u. s. w.? Da&#x017F;s die meisten dieser Früchte für<lb/>
uns wenig oder gar keinen Geruch haben, er-<lb/>
laubt nicht zu schlie&#x017F;sen, da&#x017F;s sie auch für die<lb/>
Vögel geruchlos sind. Selbst die für uns ge-<lb/>
ruchlosen Ausdünstungen des Wassers müssen<lb/>
auf die Riechnerven der Wasservögel sehr stark<lb/>
wirken, da sie diesem ihrem Element aus so<lb/>
weiter Ferne zueilen.</p><lb/>
                <p>Jener Modifikation des Geruchssinns gemä&#x017F;s<lb/>
sind die Riechwerkzeuge der Vögel organisirt.<lb/>
Die den Muschelbeinen des Menschen ver-<lb/>
gleichbaren Riechknorpel derselben sind bey<lb/>
allen, in Betreff der Nase bisjetzt untersuchten<lb/>
Vogelarten gewunden. Die Vertheilung der<lb/>
Nerven des ersten und fünften Paars ist im<lb/>
Wesentlichen die nehmliche bey den Vögeln,<lb/>
wie bey den Säugthieren. Die Hauptnerven der<lb/>
innern Nase sind hier immer die Nerven des<lb/>
ersten Paars, die sich, ohne durch eine Sieb-<lb/>
platte zu dringen, in die Nase begeben. Die<lb/>
Nerven der innern Nase vom fünften Paar sind<lb/>
bey keinem Vogel verhältni&#x017F;smä&#x017F;sig so gro&#x017F;s,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wie</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[288/0306] scharfen Geruch für nahe Gegenstände verrathen: denn was kann es seyn, als der Geruchssinn, wodurch sie veranlaſst werden, sich aus ent- fernten Gegenden da schaarenweise zu versam- meln, wo sie ihre Lieblingsspeise finden, z. B. die Sperlinge Kirschen, die Kernbeisser Nüsse u. s. w.? Daſs die meisten dieser Früchte für uns wenig oder gar keinen Geruch haben, er- laubt nicht zu schlieſsen, daſs sie auch für die Vögel geruchlos sind. Selbst die für uns ge- ruchlosen Ausdünstungen des Wassers müssen auf die Riechnerven der Wasservögel sehr stark wirken, da sie diesem ihrem Element aus so weiter Ferne zueilen. Jener Modifikation des Geruchssinns gemäſs sind die Riechwerkzeuge der Vögel organisirt. Die den Muschelbeinen des Menschen ver- gleichbaren Riechknorpel derselben sind bey allen, in Betreff der Nase bisjetzt untersuchten Vogelarten gewunden. Die Vertheilung der Nerven des ersten und fünften Paars ist im Wesentlichen die nehmliche bey den Vögeln, wie bey den Säugthieren. Die Hauptnerven der innern Nase sind hier immer die Nerven des ersten Paars, die sich, ohne durch eine Sieb- platte zu dringen, in die Nase begeben. Die Nerven der innern Nase vom fünften Paar sind bey keinem Vogel verhältniſsmäſsig so groſs, wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/306
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/306>, abgerufen am 22.11.2024.