sowohl einer und derselben Art, als verschie- dener Gattungen, hängt wohl nicht in allen Fällen, doch wahrscheinlich in manchen, von dem wechselseitigen Einfluss der Individuen auf ihren Geruchssinn, so wie das Verhalten eini- ger Arten in Hinsicht auf ihre Verbreitung von der Einwirkung riechbarer Ausflüsse des Bodens ab.
Der Mensch besitzt mehr Empfänglichkeit für mannichfaltige, das Thier mehr für einzelne Gerüche. Man hat zwar behauptet, der Mensch stehe den Thieren an Schärfe des Geruchs überhaupt nur darum nach, weil der Geruchs- sinn von ihm nicht geübt werde, und zur Unterstützung dieser Meinung Sagen von einzel- nen Menschen und selbst von ganzen Nationen angeführt, die das Spürvermögen der Hunde sollen besessen haben. Allein die Gewährs- männer für diese Erzählungen verdienen wenig Zutrauen. Neuere, zuverlässige Reisende er- wähnen nur eines scharfen Gesichts und Ge- hörs, nicht aber einer besondern Feinheit des Geruchs mancher Völker *). Gewisser ist es,
dass
*) Beyspiele von grosser Schärfe des Geruchs bey Menschen haben Haller (Elem. Physiol. T. V. L. XIV. S. 3. §.4. p. 179.) und Wiedemann (in seinen Zusätzen zu Harwood's System der vergl. Anat.
S. 94.)
sowohl einer und derselben Art, als verschie- dener Gattungen, hängt wohl nicht in allen Fällen, doch wahrscheinlich in manchen, von dem wechselseitigen Einfluſs der Individuen auf ihren Geruchssinn, so wie das Verhalten eini- ger Arten in Hinsicht auf ihre Verbreitung von der Einwirkung riechbarer Ausflüsse des Bodens ab.
Der Mensch besitzt mehr Empfänglichkeit für mannichfaltige, das Thier mehr für einzelne Gerüche. Man hat zwar behauptet, der Mensch stehe den Thieren an Schärfe des Geruchs überhaupt nur darum nach, weil der Geruchs- sinn von ihm nicht geübt werde, und zur Unterstützung dieser Meinung Sagen von einzel- nen Menschen und selbst von ganzen Nationen angeführt, die das Spürvermögen der Hunde sollen besessen haben. Allein die Gewährs- männer für diese Erzählungen verdienen wenig Zutrauen. Neuere, zuverlässige Reisende er- wähnen nur eines scharfen Gesichts und Ge- hörs, nicht aber einer besondern Feinheit des Geruchs mancher Völker *). Gewisser ist es,
daſs
*) Beyspiele von groſser Schärfe des Geruchs bey Menschen haben Haller (Elem. Physiol. T. V. L. XIV. S. 3. §.4. p. 179.) und Wiedemann (in seinen Zusätzen zu Harwood’s System der vergl. Anat.
S. 94.)
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[254/0272]
sowohl einer und derselben Art, als verschie-
dener Gattungen, hängt wohl nicht in allen
Fällen, doch wahrscheinlich in manchen, von
dem wechselseitigen Einfluſs der Individuen auf
ihren Geruchssinn, so wie das Verhalten eini-
ger Arten in Hinsicht auf ihre Verbreitung
von der Einwirkung riechbarer Ausflüsse des
Bodens ab.
Der Mensch besitzt mehr Empfänglichkeit
für mannichfaltige, das Thier mehr für einzelne
Gerüche. Man hat zwar behauptet, der Mensch
stehe den Thieren an Schärfe des Geruchs
überhaupt nur darum nach, weil der Geruchs-
sinn von ihm nicht geübt werde, und zur
Unterstützung dieser Meinung Sagen von einzel-
nen Menschen und selbst von ganzen Nationen
angeführt, die das Spürvermögen der Hunde
sollen besessen haben. Allein die Gewährs-
männer für diese Erzählungen verdienen wenig
Zutrauen. Neuere, zuverlässige Reisende er-
wähnen nur eines scharfen Gesichts und Ge-
hörs, nicht aber einer besondern Feinheit des
Geruchs mancher Völker *). Gewisser ist es,
daſs
*) Beyspiele von groſser Schärfe des Geruchs bey
Menschen haben Haller (Elem. Physiol. T. V. L.
XIV. S. 3. §.4. p. 179.) und Wiedemann (in seinen
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/272>, abgerufen am 22.11.2024.
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