Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

irren, wenn ich in diesen, schon von A. Mon-
ro
l) bemerkten und mit den Mandeln der
Säugthiere verglichenen Organen den Sitz des
Geschmackssinns vermuthe.

Kein Theil, der der Sitz eines Sinns ist,
hat eine so weite Verbreitung im Thierreiche
als die Zunge. Sie findet sich nicht nur bey
den meisten Mollusken, Insekten und Würmern,
die Kauwerkzeuge haben, sondern auch bey
manchen Wesen der untersten Stufen dieses
Reichs, deren Mund keine hornartige Theile
enthält, z. B. beym Regenwurm. Bey dem
letztern entdeckte ich eine weiche, cylindrische
Zunge in einer Vertiefung der innern Wand
des Schlundes, die von einer wulstförmigen
Hervorragung umgeben und auf ihrer inwendi-
gen Fläche mit der Substanz des Schlundes
verwachsen, also unbeweglich ist. Der letztere
Umstand beweist. dass sie keine Verrichtung
bey der Ingestion der Nahrungsmittel, sondern
nur die eines Sinneswerkzeugs haben kann.
Bey manchen Mollusken und Insekten hat die
Zunge vielleicht blos mechanische Funktionen.
Aber sie ist gewiss auch bey vielen Werkzeug
des Geschmacks. Nur darf man bey den In-

sekten
l) Vergleichung des Baues und der Physiologie der
Fische u. s. w. Uebers. von Schneider. Tab. XVII.
f. 1. 2. J. S. 126.

irren, wenn ich in diesen, schon von A. Mon-
ro
l) bemerkten und mit den Mandeln der
Säugthiere verglichenen Organen den Sitz des
Geschmackssinns vermuthe.

Kein Theil, der der Sitz eines Sinns ist,
hat eine so weite Verbreitung im Thierreiche
als die Zunge. Sie findet sich nicht nur bey
den meisten Mollusken, Insekten und Würmern,
die Kauwerkzeuge haben, sondern auch bey
manchen Wesen der untersten Stufen dieses
Reichs, deren Mund keine hornartige Theile
enthält, z. B. beym Regenwurm. Bey dem
letztern entdeckte ich eine weiche, cylindrische
Zunge in einer Vertiefung der innern Wand
des Schlundes, die von einer wulstförmigen
Hervorragung umgeben und auf ihrer inwendi-
gen Fläche mit der Substanz des Schlundes
verwachsen, also unbeweglich ist. Der letztere
Umstand beweist. daſs sie keine Verrichtung
bey der Ingestion der Nahrungsmittel, sondern
nur die eines Sinneswerkzeugs haben kann.
Bey manchen Mollusken und Insekten hat die
Zunge vielleicht blos mechanische Funktionen.
Aber sie ist gewiſs auch bey vielen Werkzeug
des Geschmacks. Nur darf man bey den In-

sekten
l) Vergleichung des Baues und der Physiologie der
Fische u. s. w. Uebers. von Schneider. Tab. XVII.
f. 1. 2. J. S. 126.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0264" n="246"/>
irren, wenn ich in diesen, schon von A. <hi rendition="#k">Mon-<lb/>
ro</hi> <note place="foot" n="l)">Vergleichung des Baues und der Physiologie der<lb/>
Fische u. s. w. Uebers. von <hi rendition="#k">Schneider</hi>. Tab. XVII.<lb/>
f. 1. 2. J. S. 126.</note> bemerkten und mit den Mandeln der<lb/>
Säugthiere verglichenen Organen den Sitz des<lb/>
Geschmackssinns vermuthe.</p><lb/>
            <p>Kein Theil, der der Sitz eines Sinns ist,<lb/>
hat eine so weite Verbreitung im Thierreiche<lb/>
als die Zunge. Sie findet sich nicht nur bey<lb/>
den meisten Mollusken, Insekten und Würmern,<lb/>
die Kauwerkzeuge haben, sondern auch bey<lb/>
manchen Wesen der untersten Stufen dieses<lb/>
Reichs, deren Mund keine hornartige Theile<lb/>
enthält, z. B. beym Regenwurm. Bey dem<lb/>
letztern entdeckte ich eine weiche, cylindrische<lb/>
Zunge in einer Vertiefung der innern Wand<lb/>
des Schlundes, die von einer wulstförmigen<lb/>
Hervorragung umgeben und auf ihrer inwendi-<lb/>
gen Fläche mit der Substanz des Schlundes<lb/>
verwachsen, also unbeweglich ist. Der letztere<lb/>
Umstand beweist. da&#x017F;s sie keine Verrichtung<lb/>
bey der Ingestion der Nahrungsmittel, sondern<lb/>
nur die eines Sinneswerkzeugs haben kann.<lb/>
Bey manchen Mollusken und Insekten hat die<lb/>
Zunge vielleicht blos mechanische Funktionen.<lb/>
Aber sie ist gewi&#x017F;s auch bey vielen Werkzeug<lb/>
des Geschmacks. Nur darf man bey den In-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">sekten</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0264] irren, wenn ich in diesen, schon von A. Mon- ro l) bemerkten und mit den Mandeln der Säugthiere verglichenen Organen den Sitz des Geschmackssinns vermuthe. Kein Theil, der der Sitz eines Sinns ist, hat eine so weite Verbreitung im Thierreiche als die Zunge. Sie findet sich nicht nur bey den meisten Mollusken, Insekten und Würmern, die Kauwerkzeuge haben, sondern auch bey manchen Wesen der untersten Stufen dieses Reichs, deren Mund keine hornartige Theile enthält, z. B. beym Regenwurm. Bey dem letztern entdeckte ich eine weiche, cylindrische Zunge in einer Vertiefung der innern Wand des Schlundes, die von einer wulstförmigen Hervorragung umgeben und auf ihrer inwendi- gen Fläche mit der Substanz des Schlundes verwachsen, also unbeweglich ist. Der letztere Umstand beweist. daſs sie keine Verrichtung bey der Ingestion der Nahrungsmittel, sondern nur die eines Sinneswerkzeugs haben kann. Bey manchen Mollusken und Insekten hat die Zunge vielleicht blos mechanische Funktionen. Aber sie ist gewiſs auch bey vielen Werkzeug des Geschmacks. Nur darf man bey den In- sekten l) Vergleichung des Baues und der Physiologie der Fische u. s. w. Uebers. von Schneider. Tab. XVII. f. 1. 2. J. S. 126.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/264
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/264>, abgerufen am 22.11.2024.