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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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Thieren urtheilen. Gerade dieses aber würde,
wenn es erkennbar wäre, ein wichtiges Kenn-
zeichen der Gegenwart und Beschaffenheit des
Sinns für schmeckbare Substanzen abgeben.
Der menschliche Speichel reagirt oft alkalisch g),
und dieser alkalischen Beschaffenheit desselben
ist es vielleicht zuzuschreiben, dass Laugensalze
nicht so heftig als Säuren auf die Zunge der
meisten Menschen wirken. Jene Reaktion ist
aber immer nur schwach und oft fehlt sie ganz.
In dieser Indifferenz der Mischung des mensch-
lichen Speichels liegt wahrscheinlich mit ein
Grund der Zartheit des Geschmacks beym Men-
schen.

Ein gewisser Grad des subjektiven Ge-
schmacks lässt sich keinem Thier, von dem
Menschen an bis zu dem untersten der Wür-
mer, ganz absprechen. Wie weit sich der
objektive Geschmack vom Menschen abwärts im
Thierreiche erstreckt, ist auf keine Weise zu
bestimmen. Dass aber überhaupt der Geschmack
in der Zunge bey allen Säugthieren weit stum-
pfer als beym Menschen seyn muss, erhellet
daraus, weil auf ihr unter der Oberhaut in den
Zwischenräumen der Wärzchen ein fibröses
Gewebe liegt, das von den letztern durchbohrt
wird, abgelöst von der Zunge die Gestalt eines

Netzes
g) Biologie. Bd. 4. S. 329.

Thieren urtheilen. Gerade dieses aber würde,
wenn es erkennbar wäre, ein wichtiges Kenn-
zeichen der Gegenwart und Beschaffenheit des
Sinns für schmeckbare Substanzen abgeben.
Der menschliche Speichel reagirt oft alkalisch g),
und dieser alkalischen Beschaffenheit desselben
ist es vielleicht zuzuschreiben, daſs Laugensalze
nicht so heftig als Säuren auf die Zunge der
meisten Menschen wirken. Jene Reaktion ist
aber immer nur schwach und oft fehlt sie ganz.
In dieser Indifferenz der Mischung des mensch-
lichen Speichels liegt wahrscheinlich mit ein
Grund der Zartheit des Geschmacks beym Men-
schen.

Ein gewisser Grad des subjektiven Ge-
schmacks läſst sich keinem Thier, von dem
Menschen an bis zu dem untersten der Wür-
mer, ganz absprechen. Wie weit sich der
objektive Geschmack vom Menschen abwärts im
Thierreiche erstreckt, ist auf keine Weise zu
bestimmen. Daſs aber überhaupt der Geschmack
in der Zunge bey allen Säugthieren weit stum-
pfer als beym Menschen seyn muſs, erhellet
daraus, weil auf ihr unter der Oberhaut in den
Zwischenräumen der Wärzchen ein fibröses
Gewebe liegt, das von den letztern durchbohrt
wird, abgelöst von der Zunge die Gestalt eines

Netzes
g) Biologie. Bd. 4. S. 329.
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[242/0260] Thieren urtheilen. Gerade dieses aber würde, wenn es erkennbar wäre, ein wichtiges Kenn- zeichen der Gegenwart und Beschaffenheit des Sinns für schmeckbare Substanzen abgeben. Der menschliche Speichel reagirt oft alkalisch g), und dieser alkalischen Beschaffenheit desselben ist es vielleicht zuzuschreiben, daſs Laugensalze nicht so heftig als Säuren auf die Zunge der meisten Menschen wirken. Jene Reaktion ist aber immer nur schwach und oft fehlt sie ganz. In dieser Indifferenz der Mischung des mensch- lichen Speichels liegt wahrscheinlich mit ein Grund der Zartheit des Geschmacks beym Men- schen. Ein gewisser Grad des subjektiven Ge- schmacks läſst sich keinem Thier, von dem Menschen an bis zu dem untersten der Wür- mer, ganz absprechen. Wie weit sich der objektive Geschmack vom Menschen abwärts im Thierreiche erstreckt, ist auf keine Weise zu bestimmen. Daſs aber überhaupt der Geschmack in der Zunge bey allen Säugthieren weit stum- pfer als beym Menschen seyn muſs, erhellet daraus, weil auf ihr unter der Oberhaut in den Zwischenräumen der Wärzchen ein fibröses Gewebe liegt, das von den letztern durchbohrt wird, abgelöst von der Zunge die Gestalt eines Netzes g) Biologie. Bd. 4. S. 329.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/260>, abgerufen am 22.11.2024.