Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

auf der Zunge der Schlangen angetroffen, wel-
che doch bey diesen Thieren ein Tastwerkzeug
zu seyn scheint r). Bey der Amphisbaena
scutigera Hempr., wovon ich oben bemerkt
habe, dass ihren, unter der undurchbohrten
Oberhaut liegenden Augen der Sehenerve fehlt,
entdeckte ich auf der Zunge ähnliche häutige
Säume, wie an den Cirrhen des Stöhrs. Sie
waren von halbmondförmiger Gestalt und lagen
dachziegelförmig über einander. Etwas Aehn-
liches, kleine gelbliche, gefranzte und nach
hinten gebogene häutige Anhänge, bemerkte
Hellmann s) an beyden Seiten der Zunge einer
Boa Constrictor. Diesen Schlangen scheint also
die Zunge, so wie dem Stöhr die Cirrhen, zur
Empfindung der Erschütterung des Wassers
organisirt zu seyn. Vorzüglich in diesem Ele-
ment ist es auch, wo mehrere Schlangen sich
der Zunge als Tastorgan bedienen t). Ausser-
halb dem Wasser kann sie ihnen nur Empfin-
dungen von der Gegenwart eines Körpers ver-
schaffen, ohne die Beschaffenheit der Oberfläche
desselben anzugeben. Unter den Fischen besitzt
die Meerlamprete (Petromyzon marinus) faden-
förmige Tastorgane auf ihrer ringförmigen Lippe
und auf der ganzen Fläche ihres Vorderkopfs.

Die
r) Hellmann ebendas. S. 42.
s) Ebendas. S. 15.
t) Ebendas. S. 45.

auf der Zunge der Schlangen angetroffen, wel-
che doch bey diesen Thieren ein Tastwerkzeug
zu seyn scheint r). Bey der Amphisbaena
scutigera Hempr., wovon ich oben bemerkt
habe, daſs ihren, unter der undurchbohrten
Oberhaut liegenden Augen der Sehenerve fehlt,
entdeckte ich auf der Zunge ähnliche häutige
Säume, wie an den Cirrhen des Stöhrs. Sie
waren von halbmondförmiger Gestalt und lagen
dachziegelförmig über einander. Etwas Aehn-
liches, kleine gelbliche, gefranzte und nach
hinten gebogene häutige Anhänge, bemerkte
Hellmann s) an beyden Seiten der Zunge einer
Boa Constrictor. Diesen Schlangen scheint also
die Zunge, so wie dem Stöhr die Cirrhen, zur
Empfindung der Erschütterung des Wassers
organisirt zu seyn. Vorzüglich in diesem Ele-
ment ist es auch, wo mehrere Schlangen sich
der Zunge als Tastorgan bedienen t). Auſser-
halb dem Wasser kann sie ihnen nur Empfin-
dungen von der Gegenwart eines Körpers ver-
schaffen, ohne die Beschaffenheit der Oberfläche
desselben anzugeben. Unter den Fischen besitzt
die Meerlamprete (Petromyzon marinus) faden-
förmige Tastorgane auf ihrer ringförmigen Lippe
und auf der ganzen Fläche ihres Vorderkopfs.

Die
r) Hellmann ebendas. S. 42.
s) Ebendas. S. 15.
t) Ebendas. S. 45.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0232" n="214"/>
auf der Zunge der Schlangen angetroffen, wel-<lb/>
che doch bey diesen Thieren ein Tastwerkzeug<lb/>
zu seyn scheint <note place="foot" n="r)"><hi rendition="#k">Hellmann</hi> ebendas. S. 42.</note>. Bey der Amphisbaena<lb/>
scutigera <hi rendition="#k">Hempr</hi>., wovon ich oben bemerkt<lb/>
habe, da&#x017F;s ihren, unter der undurchbohrten<lb/>
Oberhaut liegenden Augen der Sehenerve fehlt,<lb/>
entdeckte ich auf der Zunge ähnliche häutige<lb/>
Säume, wie an den Cirrhen des Stöhrs. Sie<lb/>
waren von halbmondförmiger Gestalt und lagen<lb/>
dachziegelförmig über einander. Etwas Aehn-<lb/>
liches, kleine gelbliche, gefranzte und nach<lb/>
hinten gebogene häutige Anhänge, bemerkte<lb/><hi rendition="#k">Hellmann</hi> <note place="foot" n="s)">Ebendas. S. 15.</note> an beyden Seiten der Zunge einer<lb/>
Boa Constrictor. Diesen Schlangen scheint also<lb/>
die Zunge, so wie dem Stöhr die Cirrhen, zur<lb/>
Empfindung der Erschütterung des Wassers<lb/>
organisirt zu seyn. Vorzüglich in diesem Ele-<lb/>
ment ist es auch, wo mehrere Schlangen sich<lb/>
der Zunge als Tastorgan bedienen <note place="foot" n="t)">Ebendas. S. 45.</note>. Au&#x017F;ser-<lb/>
halb dem Wasser kann sie ihnen nur Empfin-<lb/>
dungen von der Gegenwart eines Körpers ver-<lb/>
schaffen, ohne die Beschaffenheit der Oberfläche<lb/>
desselben anzugeben. Unter den Fischen besitzt<lb/>
die Meerlamprete (Petromyzon marinus) faden-<lb/>
förmige Tastorgane auf ihrer ringförmigen Lippe<lb/>
und auf der ganzen Fläche ihres Vorderkopfs.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0232] auf der Zunge der Schlangen angetroffen, wel- che doch bey diesen Thieren ein Tastwerkzeug zu seyn scheint r). Bey der Amphisbaena scutigera Hempr., wovon ich oben bemerkt habe, daſs ihren, unter der undurchbohrten Oberhaut liegenden Augen der Sehenerve fehlt, entdeckte ich auf der Zunge ähnliche häutige Säume, wie an den Cirrhen des Stöhrs. Sie waren von halbmondförmiger Gestalt und lagen dachziegelförmig über einander. Etwas Aehn- liches, kleine gelbliche, gefranzte und nach hinten gebogene häutige Anhänge, bemerkte Hellmann s) an beyden Seiten der Zunge einer Boa Constrictor. Diesen Schlangen scheint also die Zunge, so wie dem Stöhr die Cirrhen, zur Empfindung der Erschütterung des Wassers organisirt zu seyn. Vorzüglich in diesem Ele- ment ist es auch, wo mehrere Schlangen sich der Zunge als Tastorgan bedienen t). Auſser- halb dem Wasser kann sie ihnen nur Empfin- dungen von der Gegenwart eines Körpers ver- schaffen, ohne die Beschaffenheit der Oberfläche desselben anzugeben. Unter den Fischen besitzt die Meerlamprete (Petromyzon marinus) faden- förmige Tastorgane auf ihrer ringförmigen Lippe und auf der ganzen Fläche ihres Vorderkopfs. Die r) Hellmann ebendas. S. 42. s) Ebendas. S. 15. t) Ebendas. S. 45.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/232
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/232>, abgerufen am 24.11.2024.