Sinnes- und Bewegungsorgane bestimmt. Durch jene wirkt die äussere Natur auf das Thier, und durch die letztere das Thier auf die Aussenwelt zurück. Die Funktionen des vegetativen Lebens erhalten die Mittel zu ihrer Fortdauer bey je- nen Thieren vermittelst derer des sensitiven Le- bens, und das Hauptorgan des letztern ist das Gehirn. In diesem also müssen die Sinnes- und Bewegungsnerven ihren gemeinschaftlichen Mit- telpunkt haben, und in diesen muss die Form und Wirkungsart derselben ausgedrückt seyn. So verhält es sich auch. Die Nerven des Ge- sichts, Geruchs, Gehöre und Geschmacks sind unmittelbare Sprossen des Gehirns; die des Ge- tastes und der Bewegungsorgane gehen unmit- telbar oder vermittelst des Rückenmarks in das verlängerte Mark über. Je mehr Ausbildung des Muskelsystems und körperliche Stärke, desto grösser ist das letztere in Verhältniss zum übri- gen Gehirn; je mehr Mannichfaltigkeit der höhern Sinnesvorstellungen, desto grösser ist umgekehrt das übrige Gehirn zum verlängerten Mark. Zu den Bewegungsorganen gehören aber in diesem Sinne nicht nur die äussern Gliedmassen, son- dern überhaupt alle Theile, worauf der Wille einen Einfluss hat, also auch die Werkzeuge, wodurch die Speisen aufgenommen, zermalmt und verschluckt werden, und die Respirations- organe, insoweit dieselben der Willkühr unter-
worfen
Sinnes- und Bewegungsorgane bestimmt. Durch jene wirkt die äuſsere Natur auf das Thier, und durch die letztere das Thier auf die Auſsenwelt zurück. Die Funktionen des vegetativen Lebens erhalten die Mittel zu ihrer Fortdauer bey je- nen Thieren vermittelst derer des sensitiven Le- bens, und das Hauptorgan des letztern ist das Gehirn. In diesem also müssen die Sinnes- und Bewegungsnerven ihren gemeinschaftlichen Mit- telpunkt haben, und in diesen muſs die Form und Wirkungsart derselben ausgedrückt seyn. So verhält es sich auch. Die Nerven des Ge- sichts, Geruchs, Gehöre und Geschmacks sind unmittelbare Sprossen des Gehirns; die des Ge- tastes und der Bewegungsorgane gehen unmit- telbar oder vermittelst des Rückenmarks in das verlängerte Mark über. Je mehr Ausbildung des Muskelsystems und körperliche Stärke, desto gröſser ist das letztere in Verhältniſs zum übri- gen Gehirn; je mehr Mannichfaltigkeit der höhern Sinnesvorstellungen, desto gröſser ist umgekehrt das übrige Gehirn zum verlängerten Mark. Zu den Bewegungsorganen gehören aber in diesem Sinne nicht nur die äuſsern Gliedmaſsen, son- dern überhaupt alle Theile, worauf der Wille einen Einfluſs hat, also auch die Werkzeuge, wodurch die Speisen aufgenommen, zermalmt und verschluckt werden, und die Respirations- organe, insoweit dieselben der Willkühr unter-
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Sinnes- und Bewegungsorgane bestimmt. Durch
jene wirkt die äuſsere Natur auf das Thier, und
durch die letztere das Thier auf die Auſsenwelt
zurück. Die Funktionen des vegetativen Lebens
erhalten die Mittel zu ihrer Fortdauer bey je-
nen Thieren vermittelst derer des sensitiven Le-
bens, und das Hauptorgan des letztern ist das
Gehirn. In diesem also müssen die Sinnes- und
Bewegungsnerven ihren gemeinschaftlichen Mit-
telpunkt haben, und in diesen muſs die Form
und Wirkungsart derselben ausgedrückt seyn.
So verhält es sich auch. Die Nerven des Ge-
sichts, Geruchs, Gehöre und Geschmacks sind
unmittelbare Sprossen des Gehirns; die des Ge-
tastes und der Bewegungsorgane gehen unmit-
telbar oder vermittelst des Rückenmarks in das
verlängerte Mark über. Je mehr Ausbildung des
Muskelsystems und körperliche Stärke, desto
gröſser ist das letztere in Verhältniſs zum übri-
gen Gehirn; je mehr Mannichfaltigkeit der höhern
Sinnesvorstellungen, desto gröſser ist umgekehrt
das übrige Gehirn zum verlängerten Mark. Zu
den Bewegungsorganen gehören aber in diesem
Sinne nicht nur die äuſsern Gliedmaſsen, son-
dern überhaupt alle Theile, worauf der Wille
einen Einfluſs hat, also auch die Werkzeuge,
wodurch die Speisen aufgenommen, zermalmt
und verschluckt werden, und die Respirations-
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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/148>, abgerufen am 22.11.2024.
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