fiel, nahm an, dass der Armpolyp jenen Einfluss durch ein Gift äussere, welches auf ähnliche Art wie das Viperngift wirke. Aber es giebt unter den Zoophyten nur Beyspiele von scharfen Giften bey den Seeblasen (Physalis), die allenthalben, wo man mit ihnen in Berührung kömmt, einen brennenden Schmerz und Bläschen auf der Haut wie von Brennessein erregen b), keines aber von Absonderung einer narkotischen Substanz, wie man hier doch voraussetzen müsste.
Einen Hauptbeweis für ein dynamisches Wir- ken der lebenden Körper liefert noch die Entste- hung der Muttermäler, Abweichungen des Embryo von der regelmässigen Gestalt, die nach der ersten Bildung desselben als Folgen gewisser Empfindungen oder Vorstellungen der Mutter ent- standen sind und mit diesen in einer unverkenn- baren Beziehung stehen. Es lässt sich nicht läug- nen, viele Fälle von solchen Mälern, die man in ältern Schriften, besonders in den Abhandlun- gen der Kaiserlichen Akademie der Naturforscher, findet, ertragen keine genaue Prüfung. Seitdem Hallerc) sie einer Critik unterwarf, sind ähn- liche Beobachtungen auch in den Werken der Aerzte und Naturforscher immer seltener gewor- den. Aber nach der strengsten Sichtung bleiben doch noch eine Menge Fälle übrig, die man für Beweise einer Einwirkung von Empfindungen oder Vorstellungen auf die Gestalt der Frucht gelten
lassen
b)Tilesius in Krusenstern's Reise um die Welt. Th. 3. S. 1 fg.
c) Elem. Physiol. T. VIII. L. XXIX. S. 2. §. 21 sq. p. 135 sq.
V. Bd. G g
fiel, nahm an, daſs der Armpolyp jenen Einfluſs durch ein Gift äuſsere, welches auf ähnliche Art wie das Viperngift wirke. Aber es giebt unter den Zoophyten nur Beyspiele von scharfen Giften bey den Seeblasen (Physalis), die allenthalben, wo man mit ihnen in Berührung kömmt, einen brennenden Schmerz und Bläschen auf der Haut wie von Brennessein erregen b), keines aber von Absonderung einer narkotischen Substanz, wie man hier doch voraussetzen müſste.
Einen Hauptbeweis für ein dynamisches Wir- ken der lebenden Körper liefert noch die Entste- hung der Muttermäler, Abweichungen des Embryo von der regelmäſsigen Gestalt, die nach der ersten Bildung desselben als Folgen gewisser Empfindungen oder Vorstellungen der Mutter ent- standen sind und mit diesen in einer unverkenn- baren Beziehung stehen. Es läſst sich nicht läug- nen, viele Fälle von solchen Mälern, die man in ältern Schriften, besonders in den Abhandlun- gen der Kaiserlichen Akademie der Naturforscher, findet, ertragen keine genaue Prüfung. Seitdem Hallerc) sie einer Critik unterwarf, sind ähn- liche Beobachtungen auch in den Werken der Aerzte und Naturforscher immer seltener gewor- den. Aber nach der strengsten Sichtung bleiben doch noch eine Menge Fälle übrig, die man für Beweise einer Einwirkung von Empfindungen oder Vorstellungen auf die Gestalt der Frucht gelten
lassen
b)Tilesius in Krusenstern’s Reise um die Welt. Th. 3. S. 1 fg.
c) Elem. Physiol. T. VIII. L. XXIX. S. 2. §. 21 sq. p. 135 sq.
V. Bd. G g
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0477"n="465"/>
fiel, nahm an, daſs der Armpolyp jenen Einfluſs<lb/>
durch ein Gift äuſsere, welches auf ähnliche Art<lb/>
wie das Viperngift wirke. Aber es giebt unter<lb/>
den Zoophyten nur Beyspiele von scharfen Giften<lb/>
bey den Seeblasen (Physalis), die allenthalben,<lb/>
wo man mit ihnen in Berührung kömmt, einen<lb/>
brennenden Schmerz und Bläschen auf der Haut<lb/>
wie von Brennessein erregen <noteplace="foot"n="b)"><hirendition="#k">Tilesius</hi> in <hirendition="#k">Krusenstern</hi>’s Reise um die Welt.<lb/>
Th. 3. S. 1 fg.</note>, keines aber von<lb/>
Absonderung einer narkotischen Substanz, wie<lb/>
man hier doch voraussetzen müſste.</p><lb/><p>Einen Hauptbeweis für ein dynamisches Wir-<lb/>
ken der lebenden Körper liefert noch die Entste-<lb/>
hung der <hirendition="#g">Muttermäler</hi>, Abweichungen des<lb/>
Embryo von der regelmäſsigen Gestalt, die nach<lb/>
der ersten Bildung desselben als Folgen gewisser<lb/>
Empfindungen oder Vorstellungen der Mutter ent-<lb/>
standen sind und mit diesen in einer unverkenn-<lb/>
baren Beziehung stehen. Es läſst sich nicht läug-<lb/>
nen, viele Fälle von solchen Mälern, die man<lb/>
in ältern Schriften, besonders in den Abhandlun-<lb/>
gen der Kaiserlichen Akademie der Naturforscher,<lb/>
findet, ertragen keine genaue Prüfung. Seitdem<lb/><hirendition="#k">Haller</hi><noteplace="foot"n="c)">Elem. Physiol. T. VIII. L. XXIX. S. 2. §. 21 sq. p. 135 sq.</note> sie einer Critik unterwarf, sind ähn-<lb/>
liche Beobachtungen auch in den Werken der<lb/>
Aerzte und Naturforscher immer seltener gewor-<lb/>
den. Aber nach der strengsten Sichtung bleiben<lb/>
doch noch eine Menge Fälle übrig, die man für<lb/>
Beweise einer Einwirkung von Empfindungen oder<lb/>
Vorstellungen auf die Gestalt der Frucht gelten<lb/><fwplace="bottom"type="catch">lassen</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#i">V. Bd.</hi> G g</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[465/0477]
fiel, nahm an, daſs der Armpolyp jenen Einfluſs
durch ein Gift äuſsere, welches auf ähnliche Art
wie das Viperngift wirke. Aber es giebt unter
den Zoophyten nur Beyspiele von scharfen Giften
bey den Seeblasen (Physalis), die allenthalben,
wo man mit ihnen in Berührung kömmt, einen
brennenden Schmerz und Bläschen auf der Haut
wie von Brennessein erregen b), keines aber von
Absonderung einer narkotischen Substanz, wie
man hier doch voraussetzen müſste.
Einen Hauptbeweis für ein dynamisches Wir-
ken der lebenden Körper liefert noch die Entste-
hung der Muttermäler, Abweichungen des
Embryo von der regelmäſsigen Gestalt, die nach
der ersten Bildung desselben als Folgen gewisser
Empfindungen oder Vorstellungen der Mutter ent-
standen sind und mit diesen in einer unverkenn-
baren Beziehung stehen. Es läſst sich nicht läug-
nen, viele Fälle von solchen Mälern, die man
in ältern Schriften, besonders in den Abhandlun-
gen der Kaiserlichen Akademie der Naturforscher,
findet, ertragen keine genaue Prüfung. Seitdem
Haller c) sie einer Critik unterwarf, sind ähn-
liche Beobachtungen auch in den Werken der
Aerzte und Naturforscher immer seltener gewor-
den. Aber nach der strengsten Sichtung bleiben
doch noch eine Menge Fälle übrig, die man für
Beweise einer Einwirkung von Empfindungen oder
Vorstellungen auf die Gestalt der Frucht gelten
lassen
b) Tilesius in Krusenstern’s Reise um die Welt.
Th. 3. S. 1 fg.
c) Elem. Physiol. T. VIII. L. XXIX. S. 2. §. 21 sq. p. 135 sq.
V. Bd. G g
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 5. Göttingen, 1818, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie05_1818/477>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.